Misslungener Auftritt bei den Rathausspielen

Erstveröffentlicht: 
06.09.2011

Skurriler Streit hinter den Kulissen: Ein Sicherheitsmann ruft die Polizei, weil Frau und Kinder eines Schauspielers aus dem Gebäude heraus zuschauten.

 

Polizeiwache statt "Kleiner Horrorladen": Mit Ärger, verunsicherten Kindern und einer drohenden Anzeige endete für Anja Steyer der vergangenen Freitag – dabei wollte sie eigentlich nur mit Sohn und Tochter das Musical des Wallgrabentheaters im Freiburger Rathausinnenhof anschauen. Doch im Wortsinn hinter den Kulissen entwickelte sich eine skurrile Auseinandersetzung. Weitere Mitspieler: ein Sicherheitsmann und zwei Polizisten.

Anja Steyers Mann Burkhard Wein spielt den Blumenhändler im "Kleinen Horrorladen", eine der Hauptrollen. Mit ihren vier und sechs Jahre alten Kindern sei sie wie gewohnt in das Rathausgebäude hinter der Bühne gegangen, sagt Steyer. Dort arbeiten Licht- und Tontechniker, und von dort schauen gelegentlich Mitarbeiter und Angehörige den Stücken zu.

Doch am Freitagabend war alles anders: Laut Gedächtnisprotokoll, das Anja Steyer nach dem Abend aufgeschrieben hat, kam 45 Minuten nach Beginn der Vorstellung der Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes auf sie zu, den das Theater für die Vorstellungen engagiert hatte. Er forderte sie auf, die Plätze sofort zu verlassen, da dort keine Zuschauer sitzen dürften. Nachdem mehrere Theaterleute dem Sicherheitsmann versichert hätten, das alles seine Ordnung habe, sei sie mit den Kindern auf den Plätzen sitzen geblieben und auch nach der Pause dorthin zurückgekehrt. Darauf habe der Sicherheitsmitarbeiter angekündigt, wegen Hausfriedensbrauchs die Polizei zu rufen.

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Nach weiteren zehn Minuten erschienen tatsächlich zwei Beamte. "Die Polizisten kamen von Anfang an laut auf uns zu", sagt Anja Steyer, "und ich wurde sehr schnell beschimpft." Als die Polizisten ihre Personalien feststellen wollten, habe sie gesagt, dass sie ihren Ausweis erst zeige, wenn sie erfahre, was ihr vorgeworfen wird. Ein Beamter habe vor ihren inzwischen weinenden Kindern gerufen, es sei eine Schande, welches Bild sie als betrunkene Mutter abgebe, sie bekomme eine Strafanzeige und das Jugendamt werde eingeschaltet. Dabei habe sie lediglich um 18 Uhr ein kleines Bier und in der Pause einen Sekt getrunken, betont Steyer. Anschließend nahmen die Beamten sie mit zur Wache Nord, dort wurden die Personalien festgestellt und ein Alkoholtest vorgenommen. Sohn und Tochter habe sie im Rathaushof gerade noch einer Theater-Mitarbeiterin übergeben können, sagt Steyer: "Die Polizisten haben die Kinder überhaupt nicht beachtet."

Die Schilderung der Polizei deckt sich in etwa mit den Beschreibungen Anja Steyers – nur ist die Bewertung eine andere. Die Polizei sei wegen des Verdachts auf Hausfriedensbruch gerufen worden, sagt Polizeisprecher Ulrich Brecht. Die Frau habe von Beginn an unwirsch reagiert und sich geweigert, ihre Personalien anzugeben. Die Beamten hätten zudem Alkoholgeruch wahrgenommen, das Ergebnis des Test liege aber noch nicht vor. "Die Situation wäre mit Sicherheit anders verlaufen, wenn die Frau sich ruhig verhalten und ihre Personalien angegeben hätte", sagt Ulrich Brecht. Nun müsse sie mit einer Anzeige wegen Widerstands gegen Polizeivollzugsbeamte rechnen.

Die Sicherheitsfirma will sich zu dem Vorfall nicht äußern. "Kurios" sei der Vorwurf des Hausfriedensbruchs, sagt Daniel Winter, Kaufmännischer Leiter des Wallgraben-Theaters. Seit 36 Jahren gebe es die Rathausspiele, und immer schon hätten Angehörige aus dem Gebäude heraus zugeschaut. "Wir sind eigentlich der Auffassung, dass wir gar keinen Sicherheitsdienst brauchen", sagt er, das sei eine Auflage der Stadt. "Das Groteske ist: Anscheinend haben diejenigen, die eigentlich für einen störungsfreien Abend sorgen sollen, die Störung selbst verursacht."