BGH billigt RAF-Omertà

Erstveröffentlicht: 
10.07.2011

Der Bundesgerichtshof hat die Anordnung von Beugehaft gegen Siegfried Haag und Roland Mayer im “Buback-Prozess” gegen Verena Becker verworfen . Zwar ist die entsprechende BGH-Entscheidung noch nicht veröffentlicht, aber mehrere Beteiligte berichten gegenüber meinem Kollegen Jochen Neumeyer (dpa) und mir übereinstimmend, dass die Beschwerde von Haag und Mayer gegen die Beugehaftanordnung des OLG Stuttgart erfolgreich war.

 

 Der Bundesgerichtshof argumentiert demnach wieder mit seiner schon früher entwickelten „Mosaik-Theorie“: Es bestehe die Möglichkeit, dass sich die beiden Ex-Terroristen auch heute noch selbst belasten könnten, wenn sie über die Jahre 1976 / 1977 in der RAF aussagen. Zwar hatte das OLG Stuttgart angenommen, dass Haag und Mayer durch den relativ frühen Zeitpunkt ihrer Verhaftung im November 1976 (also Monate vor Beginn der „Offensive 1977“) und ihre jeweils sehr umfänglichen, vollständig verbüßten Urteile nicht mehr belangt werden könnten.

 

Doch der BGH sieht insbesondere für die Planung des Überfalls auf den Frankfurter Waffenhändler „Fischlein“ 1977 ein Risiko für Haag und Mayer und akzeptierte deshalb deren Aussageverweigerungsrecht.

 

Das mag man finden wie man will – es ist somit höchstrichterlich entschieden. Nicht wenige Juristen sehen in dieser ausgesprochen großzügigen Auslegung zugunsten der RAF-Terroristen übrigens eine korrigierende Reaktion der Bundesrichter auf die Einführung des Terrorismusparagraphen 129a Strafgesetzbuch. Nach dem Motto: Wenn der Gesetzgeber für Terroristische Vereinigungen besondere strenge Maßstäbe anlegt, stärken wir entsprechend auch die Rechte der Betroffenen.


So es so wäre: Ein nobles Motiv. Das aber offenkundig keinen Dank bei den Begünstigten auslöst. Aber wie es der Vorsitzende Richter Hermann Wieland schon jedem einzelnen der Betroffenen ins Gesicht sagte: „Sie müssen mit ihrem Bild in der Geschichte leben.“