Die zweite Verhandlung im Prozess zum Gefängnismassaker in Bayrampasa von 19.-22. Dezember 2000 fand am 6. April im Gericht von Bakirköy statt. Auch die Mitglieder der Volksfront, die seit dem Massaker die Bestrafung der Mörder fordern, waren am 6. April beim Gericht von Bakirköy anwesend. Die Volksfront hielt vor Beginn des Prozesses, bei dem nicht die wahren Verantwortlichen angeklagt werden und bei dem es sich um einen Schauprozess handelt, eine Aktion ab.
Es wurde ein Transparent mit der Aufschrift "Es sind 10 Jahre her. Jene, die am 19. Dezember 2000 in Bayrampasa Menschen lebendig verbrannten, sollen bestraft werden" geöffnet. Nachdem die Parolen "Jene, die Menschen bei lebendigem Leib verbrannten sollen bestraft werden", "W'ir fordern Gerechtigkeit", "Die Mörder vom 19.-22. Dezember müssen bestraft werden", "Wir sind das Volk, wir sind im Recht, wir werden siegen", "Der Mörder-Staat wird Rechenschaft ablegen", "Wir haben Opfer gebracht, wir werden Opfer fordern" gerufen wurden, hielt Mehmet Güvel eine Rede im Namen des TAYAD. Darin sagte er, dass er diese Tage des Massakers selbst erlebt hatte und er Nilüfer, Seyhan und die anderen nicht vergessen wird, die in Bayrampasa unter Gelächter verbrannt und erschossen wurden. Er sagte auch, dass weiterhin Gerechtigkeit gefordert werde.
Anschließend verlas Tülay Ezgi eine Erklärung im Namen der Volksfront: "Ihr könnt das Massaker 'Rückkehr zum Leben' nicht mit 39 Soldaten erklären. Es müssen die politischen Verantwortlichen für dieses Massaker bestraft werden... Wir haben das Massaker 'Rückkehr zum Leben' nicht vergessen. Wir haben die Soldaten in Bayrampasa nicht vergessen, die auf dem Dach in Gelächter ausbrachen, während 6 Frauen lebendig verbrannten. ... Ihr könnt niemanden mit Scheinanklagen täuschen. Wir fordern Gerechtigkeit. Wir fordern die Verantwortlichen des Verbrechens, das bekannt ist. Wir wollen die Höchststrafe sehen, die für dieses Verbrechen vorgesehen ist. Unser Kampf für Gerechtigkeit wird solange andauern, bis die Mörder ihre gerechte Strafe bekommen haben" hieß es darin.
Um 13:30 Uhr wurde eine Gerichtspause eingelegt. Die RechtsanwältInnen nutzten die Pause, um hinauszugehen und eine schriftliche Erklärung zu verfassen. Oya Aslan verlas im Namen der Istanbuler Abteilung des Progressiven Juristennenverbandes (CHD) einen Pressetext. In der Erklärung hieß es kurz gefasst:
“Sie haben das Gefängnismassaker, das am 19. Dezember 2000 stattfand, als 'Operation Rückkehr zum Leben' bezeichnet... Tatsächlich musste es für eine solche Operation, bei der 12 Menschen ermordet und Dutzende verletzt wurden und in deren Zusammenhang es aus höchsten Stellen hieß, dass die Vorbereitungen bereits ein Jahr zuvor begonnen haben, einen Interventionsplan geben. ... Es hieß aber, 'Es gibt keinen solchen Plan', 'Es wurde keiner in unserem Archiv gefunden' und mit ähnlichen Lügen wurde einer der wichtigsten Beweise im Zusammenhang mit dem Massaker vor dem Gericht vertuscht. Endlich, genau 10 Jahre nach dem Massaker, wurde der Plan an die richtige Stelle, an das Gericht geschickt. ... Mit diesem Plan hat sich eröffnet, dass die wahren Verantwortlichen der Operation bestraft werden müssen. Wir fragen erneut, wie lange wollt ihr sie noch schützen? Es ist ungewiss, welcher Richter der Wahrheit treu bleibend, seine Berufsehre und -würde schützend und an die Bevölkerung und die Zukunft gebunden dieses Urteil vollstrecken wird. Aber eines Tages wird es ganz sicher ein Urteil geben. Daran haben wir keinen Zweifel und solltet ihr keinen Zweifel haben..."
Die Verhandlung wurde auf 27. Juli vertagt.