Ist es nicht vermessen, im Moment der Schwäche, die eigene Erweiterung zu behaupten? Vor mehr als zwei Wochen ist unser Räumungsbescheid eingegangen und will unser definitives Ende ankündigen.
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Wir sind hier und wo anders
gleichzeitig
Eine Räumung verstehen wir als eine territoriale Angelegenheit.
Es geht um Repression und Verdrängung. Es geht um ein Vorhaben,
Bevölkerung zu verschieben bzw. zu tilgen. Diesen Kampf nehmen wir auf,
operieren aber mit einer anderen Logik: Statt dem Minus setzen wir auf
das Multiplikationszeichen. Wir nehmen die Rolle von Akteuren in der
Stadtplanung an und expandieren. Das heißt, wir nehmen und definieren
Raum. Und dabei sind wir nicht bescheiden: 10 neue Hausprojekte sollen
an der Stelle der Liebig 14 stehen. Hausprojekte, die sich nicht nach
ein paar Jahren wieder in einer bedrohten Situation befinden, sondern
sich mit Sicherheit und Anerkennung entfalten können.
Damit haben wir Teil an einer Pluralität von Visionen für eine direkte, selbstorganisierte Stadtlandschaft.
Die erste Expansion hat am 27.01.2011 mit der Besetzung einer leerstehenden Schule in der Adalbertstraße 53 stattgefunden. Die zweite tags darauf in einem leerstehenden Spital in Neukölln, Mariendorfer Weg 26. Weitere Aktionen sind schon geplant.
Wir werden mehr – weit mehr als wir dachten
Die Räumung der Liebig 14 steht nicht isoliert als Schicksal
einzelner Menschen, sondern dient als Vorlage für eine gesellschaftliche
Auseinandersetzung.
„Wir“ sind deshalb nicht nur die derzeitigen Bewohner_innen der Liebig
14, sondern auch andere Bewohner_innen anderer Häuser, die ihre
Situation plötzlich als eine politische begreifen. „Wir“ sind auch die
vielen lieben Unterstützer_innen, die seit Jahren ausgezeichnete Arbeit
leisten, um die Gewalt von Gentrifizierungsprozessen sichtbar zu machen.
„Wir“ sind weit mehr, als wir dachten, weil es überwältigend ist,
wieviel Solidarität in den letzten Wochen spürbar geworden ist. Danke! (http://l14soli.blogsport.de/)
Wir wachsen nach außen und nach innen
Angesichts dieser Tatsache ändert sich auch der Blick nach
innen, das eigene Selbstverständnis. Die Sachen, von denen wir träumten
sind erfahrbar geworden. Mit Eifer fassen wir nach neuen Visionen und
sehen unsere Utopien beflügelt.
Wir haben eine Vergangenheit und: wir werden die Zukunft
bevölkern
Eine weitere starke Erfahrung der letzten Wochen war das
Gefühl, an einem historischen Punkt zu stehen. Wir blicken auf unsere
Vergangenheit und unsere Zukunft. Auch Leute, in deren Leben die Liebig
14 eine Rolle spielt, treten plötzlich in unser Bewusstsein. Oft wussten
wir gar nichts davon, wie bei etwa bei jenem älteren Nachbarn, der uns
neulich vor der Haustür 10 Euro in die Hand gedrückt hat. Es sei zwar
nicht links, doch fände er es schade, wenn wir gehen. Nein, wir gehen
nicht. Es wird uns weiterhin geben. Hier und da und dort …