Das Jahr 2011 konnte inzwischen nicht besser für die Antifa Gruppe Oranienburg starten. Uns wurde berichtet, dass die „Wikingerkneipe - Der Hammer“ in Hohen Neuendorf geschlossen wurde. An der Tür fand sich ein Zettel: „geschlossen da Chaoten unser Gebäude beschmiert haben“ . Hintergrund war ein Farbbeutelangriff in der Nacht zum 21.07.2010, bei dem es ein Bekennerschreiben aus Berlin gab.
Der Grund für den Farbangriff lag in einer Veröffentlichung unsererseits, da im und um dem Hammer herum neonazistische Aktivitäten dokumentiert werden konnten. Neben T-Shirt von extrem rechten Versänden und Bands, waren auch Shirts mit der Aufschrift „Arbeit macht frei“[1] oder „too white for you“[2] (zu weiß für dich) zu sehen. An den Wänden hingen „Schwarze Sonnen“[3], hinter der Theke stand ein sich bekennender Neonazi und Anwohner_innen beschwerten sich über NPD-Aufkleber welche zwischen Bahnhof und Kneipe geklebt wurden. Interessant war natürlich auch, dass die ersten Merchendisingklamotten des Hammers beim Neonaziladen „On The Streets“ in Hennigsdorf gedruckt wurden und auf den Klamotten auch noch Werbung für die Webseite des „OTS“ zu finden war[4]. Das und viele kleinere Hinweise brachten uns auf den Trichter hier näher zu forschen.
Die Reaktionen auf den von uns veröffentlichten Text waren z.T. zu erwarten, aber es gab auch positives. Ein Berliner Veranstalter gab dann öffentlich an, "den Kontakt total ab[zu]brechen und auch keine Werbung mehr vom Hammer auf [seinen] Plakaten oder sonstiges [zu]machen“ (was wir Befürworten und auch gern unterstützen). Der örtliche Rugbyverein prüfte bestimmte Mitglieder auf ihre Gesinnung und kommentierte dies mit den Worten, wir „distanzieren uns […]von jedem der nazistisches Gedankengut verbreitet oder Auslebt – erst recht […] in unserem Verein“. Auch die Gerüchteküche brodelte stark. So wurde uns mitgeteilt, dass die JN ihren Abend im Hammer aus „Angst vor Angriffen durch die Antifa“ nun woanders veranstalten würden und der Wirt, Rene Werner, immer mehr in finanzielle Probleme käme. Er ließ allerdings nichts unversucht um sein Geschäft zu retten. Mehrfach log er dabei auf Mittelaltermärkten, wenn es zu Diskussionen kam. So behauptete er, es gäbe aktuell keine Neonazis in seiner Kneipe und er hätte Christian Heidinger[5] vor mehr als drei Jahren aus der Naziszene geholt, was durch ein Foto von einem Naziaufmarsch im Herbst 2009 in Berlin wiederlegt werden konnte. Gleichzeitig versuchten Neonazikräfte aus dem Umfeld der HDJ/JN Informationen über die Antifa Oranienburg zu sammeln, was daran scheiterte, dass sie weder in Hennigsdorf, noch in Birkenwerder und auch nicht in Oranienburg auf Jugendliche trafen, die brauchbare Antworten gaben.
Neben diesen, eher Hintergrund, versuchte Rene Werner den Laden durch „unpolitische“ Konzerte am Leben zu erhalten. Aber auch hier wurde es wieder einmal krude. Unter den Bands waren auch die „Spielleute Daemonicus“ mit dem Trommler Thomas „Eddi“ Lafrenz. Er äußerte sich uns gegenüber mit diesen netten Formulierungen: „und ihr Futzis von der Antifa seid ebenfalls eingeladen […] Solange ihr euch aufregt werde ich […] Thor Steinar tragen“. Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wussten ist, wer Thomas Lafrenz ist.
Thomas Lafrenz ist im privaten Leben also ein Trommler in einer gewöhnlichen Mittelalterband und tritt anscheinend gelegentlich in rechten Läden auf, dies schon im vornherein verteidigt und scheinbar auch Thor Steinar mag. Interessant wird aber wo und für wen er arbeitet. Er ist der Jugendkoordinator des DRK Gransee und betreut im Auftrag der Stadt und des Amtes Gransee fünf Freizeiteinrichtungen für Jugendliche. Thomas Lafrenz ist die Spitze eines Eisberges was Jugendsozialarbeit in Oberhavel und den billigenden – gar unterstützenden - Umgang mit neonazistischen Jugendlichen angeht.
Nach unserer Veröffentlichung über den Hammer und den Verein „Mjölnir e.V.“ konnten diese immer noch einen Stand auf einem Mittelaltermarkt im Birkenwerder Jugendklub „C.O.R.N.“ veranstalten. Zwar distanzieren sich die Verantwortlichen in Einzelgesprächen, doch zu einer Stellungnahme, beim Umgang mit Neonazis wie den inzwischen verurteilten Andreas Rokohl[7]oder dem Rokohl-Anhängsel Alex Hoffmann[6] (der eine half beim Wiederaufbau des C.O.R.N. als Azubi, der andere konnte seinen Zivildienst im Klub ableisten), konnte man sich bisher nicht durchringen. Im Hennigsdorfer Jugendklub Konradsberg spielte am 12.September 1992 die Band Landser ihr erstes Konzert Wir wollen aber nicht mit alten Kamellen umherwerfen, doch auch die Hennigsdorfer Antifaschistische Initiative hatte viele Jahre nach diesen Konzert immer noch massive Probleme mit der oft kritisierten „akzeptierenden Jugendarbeit“ die hier an den Tag gelegt wurde und Neonazis samt ihren Klamotten Raum bot, indem diese unter anderem bei einem „Rock gegen Rechts“ den Einlass übernahmen.
Ein positives Beispiel dabei ist das Projekt- und Eventmanagement für Jugendliche in Oranienburg (ProJu), welches im letzten Jahr viele Seminare und Veranstaltungen zu den Themen Neonazismus und Demokratiebildung organisiert hat. Gerade weil die Veranstaltungen, mit z.T. Bundesprominenz, in einem Jugendklub stattfanden, zeigt sich hier ein positiver Weg.
Es gibt dennoch kaum Jugendfreizeiteinrichtungen in Oberhavel, welche sensibel mit dem Thema Neonazis umgehen, wenn sie diese überhaupt über Lippenbekenntnisse hinausgehend thematisieren. Wenn das Problem Neonazis in Jugendklubs nicht endlich mal angegangen wird, kann Oberhavel im Jahr 2015 das 30-jährige Jubiläum feiern, als Landkreis mit der längsten durchgehend aktiven neonazistischen Jugendszene den ehemaligen DDR-Länder.