Wie in Leipzig über den Tod eines Menschen einfach hinweg gegangen wird und der Versuch, dies zu verhindern.
Was bisher geschah: Mit einem Messer haben zwei deutsche Rassisten in der Nacht zum 24. Oktober vor dem Leipziger Hauptbahnhof auf Kamal K. eingestochen. Der 19-Jährige starb kurze Zeit später. Seit 1990 ist er das sechste Opfer rassistischer und nazistischer Gewalt in Leipzig. Allein seit 2008 sind in Sachsen drei Menschen aus solchen Motiven ermordet worden: Am 23. August 2008 wurde der Obdachlose Karl-Heinz Teichmann in der Leipziger Innenstadt von einem Neonazi zu Tode geprügelt. Im Jahr darauf, am 1. Juli 2009, wurde Marwa El-Sherbini in Dresden getötet.
Kamals Mörder werden sich vor Gericht verantworten – und das Thema ist damit für die Öffentlichkeit abgehakt.
Wie
schon bei den vorigen Fällen in der Messestadt beharrt die Leipziger
Staatsanwaltschaft auch diesmal darauf, dass für einen rassistischen
oder nazistischen Tathintergrund keine Hinweise vorlägen. Das stimmt
offenkundig nicht, beide Mörder Kamals haben einen rechten Hintergrund.
Einer – der Leipziger Daniel K. – war über Jahre hinweg in einer
Neonazi-Kameradschaft aktiv. Berichtet wurde hier bei Indymedia darüber
mehrfach.
Keine Reaktionen seitens der Stadt Leipzig
RepräsentantInnen der Stadt und der Stadtrat haben sich zum Fall überhaupt nicht geäußert und die Familie des Opfers nicht unterstützt. Ebenso wie die Ermordung Kamals spricht auch das Schweigen der Politik gegen das Image Leipzigs als „weltoffene“ und „tolerante“ Stadt.
Statt Solidarität erfahren Angehörige und FreundInnen des Ermordeten weitere Anfeindungen: Beim Trauermarsch zu Kamals Beerdigung kam es zu wiederholten rassistischen Pöbeleien durch Außenstehende. Die zahlreich anwesende Polizei ist – man kann es sich schon denken – nicht eingeschritten, sondern hat eine Drohkulisse gegen die Trauernden aufgebaut
.
Die Medien
Eine verantwortungsvolle Berichterstattung durch die Medien findet kaum statt. Leipziger Volkszeitung (LVZ) und Mitteldeutscher Rundfunk (MDR) haben lediglich „recherchiert“ – also die Mitteilung der Polizei wiedergegeben – und wiederholt betont, dass auch Kamal kein „unbeschriebenes Blatt“ gewesen sei. Was das mit dem Mord zu tun haben soll, wird entwürdigenden Spekulationen überlassen. Wegen der Vielzahl menschenverachtender Kommentare musste schließlich die Kommentar-Funktion die LVZ-Online-Ausgabe gesperrt werden – die rassistischen „Meinungen“ der LeserInnen ließen sich nicht mehr „moderieren“.
Diese Reaktionen müssen nicht verwundern. In der Öffentlichkeit werden nicht der verbreitete Rassismus in Alltag und Amtsstuben, Schweinereien wie Abschiebungen oder Zumutungen wie Residenz- und Meldepflicht diskutiert – sondern MigrantInnen selbst als „Problem“ dargestellt und damit zur Diskriminierung freigegeben. Im Zuge der laufenden Migrations-„Debatte“ ist diese Denkweise weiter befestigt worden.
So ist es kein Wunder, dass ein rassistischer Mord einfach „untergeht“ und dem Vergessen preisgegeben wird. Die Rückkehr zur „Normalität“ ist nichts als ein Festhalten am rassistischen Alltag.
Gegenöffentlichkeit schaffen
Einer vom Initiativkreis veranstalteten Antirassismus-Demonstration am 4. November in Leipzig unter dem Titel "Angst und Trauer überwinden – Zusammen gegen Rassismus kämpfen!"(1|2), an der sich bis zu 1200 Menschen beteiligt hatten, war der 1. Versuch, Rassismus und die Umstände des Mordes zu thematisieren, fern von den rassistischen und verharmlosenden Äußerungen von Medien und Staatsanwaltschaft. Versuche mit eigener Pressearbeit den Mord nicht vergessen zu lassen, waren leider wenig erfolgreich.
Dies ist wohl der Grund, weshalb der Initiativkreis für den 29.12.2010 erneut zu einer Demonstration unter dem Titel "Das Schweigen brechen, Rassismus bekämpfen!" aufruft.
Die Initiative hofft dabei auf Solidarität von außerhalb, so heißt es im Aufruf:
"Wir wollen dazu beitragen, das Schweigen, Wegschauen, Leugnen und Verharmlosen des Rassismus in diesem zu Land beenden. Opfer wie Kamal dürfen nicht vergessen werden, damit sich Täter und Sympathisanten nicht länger hinter der Justiz verschanzen können.
Deswegen laden wir euch ein, mit uns am 29. Dezember wieder auf die Straße zu gehen – nicht nur in Leipzig. Wenn ihr nicht zur Demonstration kommen könnt, bitten wir euch um Solidaritäts-Aktionen in anderen Orten: Mit Kundgebungen, Demonstrationen oder Streetart und vielem mehr können Alltagsrassismus und rechte Strukturen kritisiert und ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt werden. Wir zählen auf euch!"
Erhofft wird sich damit das Schweigen zu brechen und den Fall nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Wie weit das gelingt wird wohl von Engagement der Szene abhängen. Hoffen wir für die Familie von Kamal und allen anderen Opfern von rassistischer und nazistischer Gewalt, das es gelingt.
Aufruf zur Demonstration: Hier klicken
Keine Reaktionen seitens der Stadt Leipzig
RepräsentantInnen der Stadt und der Stadtrat haben sich zum Fall überhaupt nicht geäußert und die Familie des Opfers nicht unterstützt. Ebenso wie die Ermordung Kamals spricht auch das Schweigen der Politik gegen das Image Leipzigs als „weltoffene“ und „tolerante“ Stadt.
Statt Solidarität erfahren Angehörige und FreundInnen des Ermordeten weitere Anfeindungen: Beim Trauermarsch zu Kamals Beerdigung kam es zu wiederholten rassistischen Pöbeleien durch Außenstehende. Die zahlreich anwesende Polizei ist – man kann es sich schon denken – nicht eingeschritten, sondern hat eine Drohkulisse gegen die Trauernden aufgebaut
.
Die Medien
Eine verantwortungsvolle Berichterstattung durch die Medien findet kaum statt. Leipziger Volkszeitung (LVZ) und Mitteldeutscher Rundfunk (MDR) haben lediglich „recherchiert“ – also die Mitteilung der Polizei wiedergegeben – und wiederholt betont, dass auch Kamal kein „unbeschriebenes Blatt“ gewesen sei. Was das mit dem Mord zu tun haben soll, wird entwürdigenden Spekulationen überlassen. Wegen der Vielzahl menschenverachtender Kommentare musste schließlich die Kommentar-Funktion die LVZ-Online-Ausgabe gesperrt werden – die rassistischen „Meinungen“ der LeserInnen ließen sich nicht mehr „moderieren“.
Diese Reaktionen müssen nicht verwundern. In der Öffentlichkeit werden nicht der verbreitete Rassismus in Alltag und Amtsstuben, Schweinereien wie Abschiebungen oder Zumutungen wie Residenz- und Meldepflicht diskutiert – sondern MigrantInnen selbst als „Problem“ dargestellt und damit zur Diskriminierung freigegeben. Im Zuge der laufenden Migrations-„Debatte“ ist diese Denkweise weiter befestigt worden.
So ist es kein Wunder, dass ein rassistischer Mord einfach „untergeht“ und dem Vergessen preisgegeben wird. Die Rückkehr zur „Normalität“ ist nichts als ein Festhalten am rassistischen Alltag.
Gegenöffentlichkeit schaffen
Einer vom Initiativkreis veranstalteten Antirassismus-Demonstration am 4. November in Leipzig unter dem Titel "Angst und Trauer überwinden – Zusammen gegen Rassismus kämpfen!"(1|2), an der sich bis zu 1200 Menschen beteiligt hatten, war der 1. Versuch, Rassismus und die Umstände des Mordes zu thematisieren, fern von den rassistischen und verharmlosenden Äußerungen von Medien und Staatsanwaltschaft. Versuche mit eigener Pressearbeit den Mord nicht vergessen zu lassen, waren leider wenig erfolgreich.
Dies ist wohl der Grund, weshalb der Initiativkreis für den 29.12.2010 erneut zu einer Demonstration unter dem Titel "Das Schweigen brechen, Rassismus bekämpfen!" aufruft.
Die Initiative hofft dabei auf Solidarität von außerhalb, so heißt es im Aufruf:
"Wir wollen dazu beitragen, das Schweigen, Wegschauen, Leugnen und Verharmlosen des Rassismus in diesem zu Land beenden. Opfer wie Kamal dürfen nicht vergessen werden, damit sich Täter und Sympathisanten nicht länger hinter der Justiz verschanzen können.
Deswegen laden wir euch ein, mit uns am 29. Dezember wieder auf die Straße zu gehen – nicht nur in Leipzig. Wenn ihr nicht zur Demonstration kommen könnt, bitten wir euch um Solidaritäts-Aktionen in anderen Orten: Mit Kundgebungen, Demonstrationen oder Streetart und vielem mehr können Alltagsrassismus und rechte Strukturen kritisiert und ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt werden. Wir zählen auf euch!"
Erhofft wird sich damit das Schweigen zu brechen und den Fall nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Wie weit das gelingt wird wohl von Engagement der Szene abhängen. Hoffen wir für die Familie von Kamal und allen anderen Opfern von rassistischer und nazistischer Gewalt, das es gelingt.
Aufruf zur Demonstration: Hier klicken