Polizei sperrt Atomanlagen mit S-Draht und Hamburger Reitern ab - Protest gegen Ermittlungsverfahren
rg Breese/M. Am Castor-Verladebahnhof in Breese in der Marsch hat die Polizei damit begonnen, die Anlage mit sogenanntem S-Draht abzusperren. Einheiten der Bundespolizei stellten gestern Vormittag zunächst Absperrgitter direkt am und um den Verladekran auf und brachten später drei Lagen des gerollten, scharfkantigen Drahtes an.
Die Absperrung ist brusthoch, rot-weißes Trassierband soll verhindern, dass Personen dem Draht zu nahe kommen. Auch rund um das Bahngelände zwischen dem Autohof und der Biogasanlage wurde bereits gestern mit den Absperr- arbeiten begonnen. Fertig sein sollen sie nach Auskunft der dort arbeitenden Polizeieinheiten in wenigen Tagen.
Weitere Absperrungen werden in den kommenden Tagen entlang der Bahnstrecke auf Dannenberger Stadtgebiet aufgestellt, zudem werden auch die Atomanlagen in Gorleben zusätzlich gesichert. Atomkraftgegner hatten in den vergangenen Jahren immer wieder moniert, dass das Aufstellen solcher S-Draht bewehrten Absperrungen eine ungerechtfertigte Gefährdung nicht nur von Demonstranten darstelle. Denn der Draht ist mit äußerst scharfen und spitzen Klingen besetzt, die bei Kontakt zu schweren Verletzungen führen können.
Unterdessen gehen an verschiedenen Orten in Lüchow-Dannenberg die Vorbereitun-gen für die Ankunft der mehreren tausend Polizisten weiter, die vor und während des Cas- tor-Transportes an den Stre-cken und an den Atomanlagen eingesetzt werden sollen. In Dannenberg wird das Contai-nerdorf im Gewerbegebiet Breeser Weg derzeit hergerichtet, außerdem hat die Polizei dort bereits ein umzäuntes Grundstück so vorbereitet, dass dort eventuell sichergestellte Traktoren abgestellt werden können. Rund um das Gelände im Breeser Weg sind schon vor geraumer Zeit Lichtmasten aufgestellt worden. Als weiteren Ort zum Parken von Traktoren hat die Polizei von der Stadt den Schützenplatz zugewiesen bekommen.
Im Wald bei Woltersdorf, auf dem ehemaligen ÜFEst-Glände, laufen ebenfalls bereits seit einigen Tagen die Vorbereitungen zur Aufnahme von mehreren Polizei-Hundertschaften. Dort steht bereits ein großer Teil der benötigten Logistik und das Gelände wird rund um die Uhr streng bewacht. Gleiches gilt für die ehemalige Kaserne in Neu Tramm und das Gelände des Erkundungsbergwerkes in Gorleben, wo Wohncontainer für Polizisten aufgestellt wurden. In Lüchow auf dem Gelände der Polizeiunterkunft werden ebenfalls starke Polizeikontingente untergebracht, ein weitere Teil der in Lüchow-Dannenberg eingesetzten Kräfte reist zum Einsatz aus Nachbarlandkreisen an und begleitet den Castor-Schienentransport in angekoppelten Personenwagen.
Unterdessen haben die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) und das globalisierungskritische Aktionsbündnis attac eine sofortige Einstellung der Ermittlungsverfahren gegen die Unterzeichner der Kampagne »Castor? Schottern!» gefordert. Es sei »immer die gleiche Leier», urteilte DKP-Sprecher Cornelius Kaal aus Lüneburg. »Immer, wenn sich Widerstand gegen die Politik der Herrschenden organisiert, wird dieser von der Koalition von Kapital und Kabinett kriminalisiert», so Kaal, der selbst zu den Unterzeichnern der Absichtserklärung gehört, die die Staatsanwaltschaft Lüneburg als Aufruf zu einer Straftat wertet (EJZ berichtete). Man werde sich jedoch nicht einschüchtern lassen, betonte Kaal. Attac, aus dessen Reihen ebenfalls zahlreiche Unterzeichner der Kampagne kommen, stellte heraus, dass es sich bei der geplanten Aktion um eine legitime Art des zivilen Ungehorsams handele. Eine Solidaritätsadresse für die Kampagne unterzeichneten mittlerweile unter anderem auch die Jugendorganisation der SPD (Jusos), die Grüne Jugend, Robin Wood sowie die Linke und die Linksjugend »Solid».
Die erste Aktion von »Castor? Schottern!» soll offenbar am Sonntag, dem 7. November, stattfinden. An dem Tag, an dem der Castor-Transport in Dannenberg erwartet wird, soll die Bahnstrecke unbefahrbar gemacht werden, teilten die Organisatoren der Kampagne mit. In Lüchow-Dannenberg sollen zwei Camps als Sammelstellen eingerichtet werden: in Metzingen und Hitzacker.
Nach den verschiedenen Umweltschutz- und Anti-Atom-Gruppen haben jetzt auch die Organisatoren der »Kulturellen Landpartie» die Besucher und Freunde ihrer Veranstaltung dazu aufgerufen, Anfang November gegen den Atom- müll-Transport nach Gorleben zu demonstrieren. Die »Kreativen der Kulturellen Landpartie» wollen sich »aktiv gegen die Atompolitik» stellen» heißt es in einer Mitteilung. »Wir verstehen uns als Teil des Widerstandes gegen die Nutzung der Kernenergie.»
Bild: Metallgitter, S-Draht, Trassierband: Die Atomanlagen in Lüchow-Dannenberg werden wieder eingezäunt. Die Arbeiten dazu haben gestern begonnen. Aufn.: R. Groß