Mit kreativen Aktionen wollen Kriegsgegner den heute beginnenden
NATO-Gipfel behindern. In Baden-Baden, wo sich die 28 Staats- und
Regierungschefs am Abend zum Galadiner einfinden, sind zahlreiche
Blockadeaktionen geplant. Eine erste Protestkundgebung gegen den
Militärpakt war bereits für Donnerstag abend (nach
jW-Redaktionsschluß) vor dem Festspielhaus des
Kurstädtchens angekündigt. Die Polizei sorgte mit einem
Großaufgebot von mehreren Tausend Mann und umfassenden
Abriegelungen für Verkehrschaos in der Region. Ab dem Abend
sollte der öffentliche Nahverkehr in den sogenannten
Sicherheitszonen um die Veranstaltungsorte in Baden-Baden, Kehl und
Strasbourg eingestellt werden. Mehreren Dutzend Aktivisten wurde
die Ausreise nach Frankreich ins internationale No-NATO-Camp
untersagt. Die Behörden kündigten eine Verschärfung
des Grenzregimes während der Gipfeltage an. In Strasbourg
protestierten mehrere tausend Linke gegen die
Repressionsmaßnahmen kurz vor Redaktionsschluß kam es
zu ersten Auseinandersetzungen mit der Polizei.
Nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Karlsruhe
bleiben die Auflagen für die heute geplante Demonstrationen
von NATO-Gegnern bestehen. Das Regierungspräsidium Karlsruhe
hatte eine Reihe von Auflagen für den Protestzug und eine
Kundgebung gemacht, um diese vom Tagungsort möglichst weit
fernzuhalten. Ohne die beanstandeten Auflagen wären
»Leib und Leben insbesondere der Gipfelteilnehmer sowie die
Durchführung des Gipfels unmittelbar gefährdet«,
argumentierte das Gericht. Die Strecken im Zentrum
müßten für die Gipfeldelegationen freigehalten
werden. Demonstrationen seien dort daher nicht zulässig, zumal
»absichtliche« Blockaden angekündigt seien.
In London protestierten am Donnerstag derweil
Globalisierungskritiker den zweiten Tag in Folge gegen den
G-20-Gipfel. Rund 200 Demonstranten versammelten sich nach Angaben
des Senders BBC vor dem Tagungszentrum im Osten der britischen
Hauptstadt, vor der Börse inszenierten andere ein großes
Monopoly-Spiel. Überschattet wurden die Proteste gegen den
Weltfinanzgipfel vom Tod eines Demonstranten. Der Mann war am
Mittwoch abend am Rand eines Polizeikessels zusammengebrochen. Zwei
Beamte hätten ihn versorgt und einen Rettungswagen
angefordert, so die Polizei. Im Krankenhaus sei der 30jährige
dann offiziell für tot erklärt worden. Die Polizei war in
der Finanzmetropole mit einem Großaufgebot vertreten. Bis
jW-Redaktionsschluß wurden nach Behördenangaben rund 100
Aktivisten verhaftet.
Von Rüdiger Göbel