Leipzig: 16.10. Naziaufmärsche verhindern

Plakat: 16 Oktober 2010 in Leipzig

Mit mehreren Aufmärschen (4 sind momentan angemeldet) wollen Neonazis am 16. Oktober 2010 durch Leipzig ziehen. Das braune Spektakel steht unter dem Motto „Recht auf Zukunft“ und soll nachholen, was vor fast genau einem Jahr gescheitert ist: Am 17. Oktober 2009 steckten mehr als 1300 Neonazis für viele Stunden im Leipziger Osten fest, abgeschirmt durch die Polizei und eingekeilt von Protestblockaden. Diese sind dank 3000 Gegendemonstrant_innen erfolgreich gewesen. Nun steht derselbe Spuk wieder an – und das antifaschistische Bündnis "Roter Oktober" und das Aktionsnetzwerk "Leipzig nimmt Platz" arbeiten darauf hin, um auch diese Aufmärsche zu verhindern.

 

Mobilisierung: www.1610.blogsport.de (Bündnis "Roter Oktober") | www.leipzignimmtplatz.blogsport.de (Aktionsnetzwerk "Leipzig nimmt Platz") | www.ag1610.wordpress.com | www.left-action.de/antifa/

Aufrufe: Roter Oktober / Kurzversion in Englisch | Leipziger Erklärung 2010 (in Arabisch,Englisch,Französisch, Kurdisch, Russisch, Türkisch, Vietnamesisch wird noch aktualisiert für 2010) | Neonaziterror stoppen

Weitere Informationen: Erste Lageeinschätzung | Mobi-Jingle | Stadtplan | Ticker usw. (Antifa) | Ticker usw. (Zivilgesellschaft) | Kameras in Leipzig (nicht mehr ganz aktuell) / Leipziger Kamera - Initiative gegen Überwachung

Videodokumentation zum Naziaufmarsch 2009: Teil 1 | Teil 2

Situation in Sachsen: Alltäglichkeit rechter Gewalt in Sachsen | „Es ist immer ein Angriff auf uns alle!“

Berichte auf Indymedia zum 16.10.2010: Leipzig: Nazis wollen nochmal scheitern | Leipzig: 3. Naziaufmarsch angemeldet. | Leipzig: Nazidemo am 16.10. duch Connewitz

Pressespiegel: Vierte Demonstration für 16. Oktober angemeldet - Route führt durch Connewitz (LVZ), Eine geht noch: NS-Anmeldung Nr. 4 eingegangen, Route durch den alternativen Stadtteil Connewitz (LnP), PM 21.9.2010 (LnP), Gegen Naziaufmärsche in Leipzig wird nun bundesweit mobilisiert (RO), Hintergrund: Entwicklung der nationalsozialistischen Szene in Leipzig (LnP), Neonazi-Demos am 16. Oktober: Dritter Aufzug soll im Leipziger Norden stattfinden (LIZ), Neonazi-Demos am 16. Oktober: Erstes Treffen von "Leipzig nimmt Platz", Neonazis melden einen dritten Aufzug an (LIZ), Neonazi-Demo am 16. Oktober: Anmelder bekannt, die Planungen der Gegenproteste haben begonnen (LIZ), Angekündigte Neonazi-Aufmärsche stoßen auf Widerstand (LF), „Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz" plant Widerstand gegen Neonazi-Aufmärsche (LVZ), Nachtrag zu "Neonaziaufmarsch am 16. Oktober in Leipzig": Routen und Treffpunkt der Demonstranten (LIZ), Die neuen Strategien der Neonazis (NEWS), Neonazis planen am 16. Oktober zwei Demonstrationen durch Leipzig (LVZ), Neonazi-Aufmarsch am 16. Oktober 2010: Zwei Routen - Eine auf dem Ring, eine durch den Westen Leipzigs (LIZ), Doppelter Nazi-Aufmarsch am 16.10. in Leipzig geplant (ER), Leipziger Neonazis kündigen Doppel-Aufmarsch am 16. Oktober 2010 in der Messestadt an (LIZ)

Nazisituation in Leipzig und Umgebung: chronikle | Gamma

Rückblicke Naziaufmärsche in Leipzig:

2009: Tumulte und „Subkulturelle Erscheinungsformen“ in Leipzig, „Ich lass mich hier doch nicht verarschen“, Leipzig: Heißer Herbst?, Leipzig: NS mit Volldampf in die Zukunft, Leipzig: Update zum Naziaufmarsch am 17.10., 17.10 Eine Erinnerung in Einzeltexten.

2008: Nazi-Aufmarsch in LE - erste Einschätzung, Nazidemo am 25.10 in Leipzig

2007: Erklaerungen zur Worch Demo, 21.07.2007 | Leipzig | Bilder und Infos ..., Worch ruft:"SKANDAL", Worch kommt nach Leipzig, 21.7. Naziaufmarsch in Leipzig

2006: Nachbereitung zum 3.10. in Leipzig, 3. Oktober in Leipzig, Vorbericht zum Naziaufmarsch am 3.10. in LE, Nazis marschieren am 3. Oktober in Leipzig, 1. Mai Leipzig Bilder, [Leipzig] Bericht + Pics 1/2, 1. Mai in Leipzig, 1. Mai 06 in Leipzig - Same procedure..., 1. Mai 2006 in Leipzig - Facts & Infos, Antifa-Action am 1. Mai 06 in Leipzig

2005: 1. 10. 05 Leipzig Photos/Bericht, Leipzig, 01.10.: Naziaufmarsch verhindert, Erneutes Desaster für Worchs Wanderzirkus, Bericht zum Naziaufmarsch in Leipzig am 1.Mai, 1.Mai in Leipzig -Naziaufmarsch verhindert, Weiterführende Infos zum 1. Mai in Leipzig, Leipzig: First of May - Judgement Day,

2004: Leipzig, 3. Oktober: Desaster für die Nazis, Karte und Infos Leipzig 3.10.04, 3.Oktober in Leipzig, der Tag bevor, LEIPZIG am 1. Mai: Nazidemo und Gegenaktionen

2003: Wiedereinmal Worch in Leipzig, bericht von worchs demo in leipzig am 19.7.

2002: Es hat sich ausgeworcht! Demobericht Leipzig, 3. Oktober., Leipzig: der morgige Tag, Neonazi-Aufmarsch am ''Tag der deutschen Einheit'' in Leipzig, Es gibt nichts zu feiern - Naziaufmarsch in Leipzig verhindern!, Nazi-Aufmarsch zum Fiasko werden lassen! 1 Jahr später, 3. August: Neonaziaufmarsch in Leipzig verhindern!, Bericht und Bilder aus Leipzig zum Naziaufmarsch, Demo-Bericht Leipzig - Nazis kamen keinen Schritt..., Naziaufmarsch in Leipzig, Leipzig 06/04/02, UPDATE 22.März 2002, 6.4.Leipzig: Homos gegen Naziaufmarsch

2001: aufstand der anständigen - worch kommt wieder, Brutale Polizeigewalt in Leipzig, 3.11. Leipzig Naziaufmarsch II: gescheitert, Augenzeugenbericht zum 3.11. Leipzig, Nur noch 300 Meter bis zum nächsten Desaster, Bericht der Redworld zum 1. September in Leipzig, Ein erster Mai im September?, Action speaks louder than words


Die Nazirouten und ihre Anmelder

 


Naziroute 1: „Gegen Polizeiwillkür und staatliche Gewalt“

Start: Engertstraße / Karl-Heine-Straße

Route: Karl-Heine-Straße – Käthe-Kollwitz-Straße – Friedrich-Ebert-Straße – Jahnallee – Ranstädter Steinweg – Tröndlinring

Ende: Hauptbahnhof

Anreise der Nazis vermutlich z.T. über S-Bhf. Plagwitz

Anmelder: Istvan Repaczki.

Der Aufmarsch ist von 12:00 bis 24:00 Uhr für 300 Personen angemeldet.

Istvan Repaczki ist Mitglied der JN Leipzig und gehört zum "Freies Netz Leipzig". Früher gehörte er zum "Jugendsturm Leipzig", danach zum "NW Leipzig". Seit 04.01.2010 ist er Grafiker/Designer bei der sächsischen NPD Landtagsfraktion. Istvan war 2009/2010 jeden Monat auf einer Demo (entweder als Ordner, Fahnenträger oder Fotograf). 2009 kandidierte er erfolglos für den Leipziger Stadtrat. Durch eine Vielzahl von Anmeldungen kleiner bis mittelgroßer Veranstaltungen im Jahr 2008 avancierte der 22-Jährige, der beruflich bei der NPD-Landtagsfraktion in Dresden für die Öffentlichkeitsarbeit mitverantwortlich zeichnet, zu einer der bekanntesten Leipziger Führungspersonen. Besonders in Erinnerung ist er geblieben durch seinen Versuch den Tod seiner Nichte Michelle, für Naziaufmärsche in Leipzig-Reudnitz zu nutzten.

Naziroute 2: „Kapitalismus abschalten – Zinsherrschaft brechen“
Start: Hauptbahnhof
Route: Tröndlinring – Goerdelerring – Dittrichring – Martin-Luther-Ring – Roßplatz – Augustusplatz – Georgiring
Ende: Hauptbahnhof

Anmelder: Tommy Naumann.
Der Aufmarsch ist von 12:00 bis 24:00 Uhr für 300 Personen angemeldet.


Anmelder ist Tommy Naumann. Er ist Mitglied der sogenannten "Freien Kräfte Leipzig", JN-Stützpunktleiter in Leipzig und JN-Vorsitzender Sachsens. Zudem trat er bei den Stadtratswahlen 2009 für die NPD an, scheiterte jedoch. Im Herbst 2008 organisierte er zusammen mit dem "FKL"-Kader Istvan Repaczki lokale Demonstrationen im Zusammenhang mit der Tötung eines 8jährigen Mädchens in Leipzig. Jedoch scheiterten sie mit dem Versuch der Vereinnahmung, auch bürgerliche Gruppen und Einzelpersonen in die Rechte Szene zu ködern. Als Redner trat er auch auf einer Demonstration in Luckenwalde Mai diesen Jahres in Erscheinung und kopierte massiv Absätze aus einer Rede Adolf Hitlers vom 1. Februar 1933. (Beitrag bei npd-blog.info). Er betreut auch eine Demonstration am 19.2.2011 in Dresden.

"Tommy mach uns den Christian" Teil 2

Bis vor wenigen Jahren wurde versucht, noch unter Federführung Christian Worch`s, die "rote Hochburg" in Sachsen zu nehmen. Gar als Frontstadt deklariert wurde zweimal im Jahr in Leipzig aufmarschiert. Entweder stand der Christian jedoch im Regen und kam gar nicht los, oder er wurde im Stechschritt von Prügel-Einheiten durch Seitenstraßen geleitet. Sein Ziel hat er jedoch nie erreicht! Schließlich standen ihm und seinen Pappkameraden teils über 10.000 Menschen im Weg, wenn er versuchte, in Richtung des Szene-Stadtteils Connewitz zu laufen. Worch sagte alle seine Demonstrationen bis 2014 ab, nachdem er in Leipzig einen Misserfolg nachdem anderen hatte und die regionale Szene ihn boykottierte. An die Stelle der Worch-Aufmärsche traten die Freien Kräfte um Tommy Naumann. Die lokale Szene versuchte nun, im Leipziger Osten zu marschieren. Aber auch dort werden sie sich erinnern an das stundenlange Warten und die frisch geputzten Scheiben ihrer Autos, wenn sie unverrichteter Dinge wieder nach Hause fuhren.

Auf einem weiteren Mobilisierungsplakat 2009 spotteten Antifaschist_Innen "Tommy mach uns den Christian - Nazidemo in Klein Paris" auf diesem Plakat im Comicstyle wurde dargestellt, wie es Tommy Naumann am 17. 10. 2009 in Leipzig ergehen würde, nämlich genauso wie Christian Worch. Sie wollten es besser machen und scheiterten letztendlich genauso wie Worch. An dieser Stelle war das Motto: "Tommy mach uns den Christian", mehr als vorrausschauend gewählt. Ziel der Antifaschist_Innen wird es sein, an diesen Erfolgen anzuknüpfen und auch Tommy klar zu machen, dass er wie Worch, aus Leipzig abtreten kann.

Naziroute 3: „Zukunft statt Krisenzeiten“
Start: Rathaus Wahren
Route: Georg-Schumann-Str. – Zwischenkundgebung Arbeitsamt (Georg-Schumann-Str. Ecke Seelenbinder Str.) – Eutritzscher Str. – Gerberstraße
Endpunkt: Willy-Brandt-Platz

Anmelder ist Maik Scheffler (Delitzsch) für die Jungen Nationaldemokraten (JN). Der Aufmarsch ist von 12:00 bis 20:00 Uhr für 600 Personen angemeldet.

Maik Scheffler ist mitglied der NPD und des "Aktionsbüro Nordsachsen". Er gründete mit Thomas Gerlach das "Freie Netz". Seine politischer Werdegang liest sich wie folgt: Mitgliedschaft in der NPD von 1997-1999. Seit dem Jahr 2000 ist er Führungsfigur der Delitzscher Naziszene. Er war federführend für das Internetprojekt "Nationaler Beobachter Delitzsch" aktiv. Scheffler betrieb kurzzeitig eine Szenekneipe in Bad Düben. War im inzwischen aufgelösten "Kampfbund Deutscher Sozialisten" (KDS) um Thomas Gerlach aus Altenburg aktiv. Ist seit dem Jahr 2008 wieder in der NPD (Kreisverband Nordsachsen). War 2008/09 angestellt beim Landesverband Sachsen als Wahlkampf Orgaleiter für Nordsachen. Seit Oktober 2009 Beisitzer im Landesverband der NPD Sachsen. Scheffler ist regelmäßig Ordner und/oder Koordinator bei Aufmärschen (z.b. 13.2.2009 in Dresden).

Naziroute 4: „Laber nicht – Erkämpf dir deine Zukunft!“ offiziell angemeldet unter dem Titel: „Gegen linksradikale Hetze durch Roter Stern Leipzig"
Start: Connewitzer Str. Höhe Bruno-Plache-Stadion
Route: Connewitzer Straße – Probstheidaer Straße – Zwickauer Straße – Dankwartstraße – Liechtensteinstraße – Bornaische Straße – Karl-Liebknecht-Straße – Peterssteinweg
Endpunkt: Martin-Luther-Ring

Anmelder ist Enrico Böhm, Hooligan aus dem Umfeld der Blue Caps LE.

Enrico Böhm ist Gründer der "Blue Caps Le" (wie er sich dort betätigt und was er so macht, kann mensch auch sehr schön in diesem Video sehen, bei dem er ab 3:25 Rede und Antwort steht) und Mitglied der Leipziger NPD. Er war Technischer Mitarbeiter der LAndtagsfraktion der sächsichen NPD. Er kandidierte ebenfalls erfolglos auf der NPD-Liste für den Leipziger Stadtrat.

Was Enrico Böhm anscheinend noch so macht, kann in dieser Pressemitteilung gelesen werden:

"Brutaler Neonazi-Überfall nach Fußballspiel der BSG Chemie Leipzig fordert Schwerverletzten

Militante Neonazis haben am Sonntag Fußball-Fans der BSG Chemie Leipzig überfallen. Die Angreifer um NPD-Stadtratskandidat Enrico Böhm waren bewaffnet und gingen äußerst brutal vor. Ein Anhänger der BSG Chemie musste schwerverletzt ins Krankenhaus eingeliefert und notoperiert werden.

Im Anschluss an das Kreisklassespiel zwischen der BSG Chemie und dem SSV Kulkwitz hatte sich eine Gruppe von 15 bis 20 Neonazis an einer Tankstelle gegenüber dem Stadion formiert. Die aus dem Umfeld von NPD und „Freien Kräften“ stammenden Täter griffen die Chemie-Fans mit Pfefferspray, Holzknüppeln, abgebrochenen Glasflaschen und Eisenstangen an. Bereits zuvor war ein Chemie-Fan an einer Bushaltestelle in der Merseburger Straße von fünf der späteren Angreifer angepöbelt und gejagt worden.

Im Zuge des Angriffs wurde ein Chemie-Fan gezielt von einem Pkw der Täter mit einer Geschwindigkeit von etwa 40 km/h angefahren. Das Opfer, das zunächst in die Luft geschleudert und zu Boden gestürzt war, konnte anschließend seine rechte Körperseite und seinen Rücken nicht mehr spüren. Im Krankenhaus musste sich der Angefahrene einer Notoperation unterziehen. Er trug schwere Knieverletzungen davon und kugelte sich eine Schulter aus.

Zur Tatzeit gegen 17:10 Uhr waren keine Polizeikräfte mehr vor Ort. Die Angreifer flüchteten unmittelbar nach dem Vorfall in mehreren Pkw. Wenig später wurden zwei der Fahrzeuge vor dem NPD-Zentrum in der Odermannstraße gesichtet. Als Täter konnten neben NPD-Kandidat Enrico Böhm die „Autonomen Nationalisten“ Florian Junge und Marcus Weidhase identifiziert werden. Beide werben in dem offiziellen Mobilisierungsvideo für die bundesweite Neonazi-Demonstration „Recht auf Zukunft“ am 17. Oktober in Leipzig. Erkannt wurden außerdem der zu den „Autonomen Nationalisten“ und zum „Freien Netz“ zu zählende Patrick Fischer sowie Andreas und Dittmar Schumer, beide Aktivisten beim „Nationalen Widerstand“ und Hooligans des 1. FC Lokomotive Leipzig.

Die Leipziger Neonaziszene instrumentalisiert den lokalen Fußball gezielt, um die eigene Ideologie zu verbreiten und Anhänger zu rekrutieren. In einem Dossier der Wochenzeitung DIE ZEIT wurde unlängst die rechtsextreme Unterwanderung der Fanszene des 1. FC Lokomotive Leipzig und dabei die maßgebliche Rolle Enrico Böhms aufgezeigt. Fans der BSG Chemie Leipzig dienen den Neonazis als Feindbild, da sie sich aktiv gegen Rassismus und Diskriminierung einsetzen. Sie waren zuletzt wiederholt Opfer rechtsextremer Gewalt geworden. So musste am 3. Januar dieses Jahres ein Fan der BSG Chemie nach einem Neonazi-Überfall mit Verdacht auf Schädelbasisbruch ins Krankenhaus eingeliefert werden."


Vorbereitungen für Dresden

 

Es ist mittlerweile bekannt, dass das Konzept mehrere Demonstrationen anzumelden nicht nur in Leipzig praktiziert werden soll, sondern auch nächstes Jahr in Dresden. So hieß es in der Presse:

"Rechtsextreme haben Dresden nicht mehr nur am 13. Februar im Visier. Zwar machen sie für den Jahrestag der Bombardierung Dresdens 1945 mobil – doch nicht nur. In einer Mitteilung, die unter anderem auf der Internetseite der sächsischen NPD abrufbar ist, kündigen sie auch Aktionen eine Woche später an. Der „Vorbereitungskreis Dresden 2011“ habe beschlossen, heißt es da, zusätzlich zum 13. Februar auch am Sonnabend danach „mehrere unabhängig voneinander stattfindene Veranstaltungen durchzuführen." Dieses Konzept konkretisieren die Nazis in Leipzig, wenn es auf ihrer Seite für die Aufmärsche am 16.10.2010 in Leipzig heißt:

"Drei Demonstrationen ermöglichen uns eine neue Flexibilität, wir sind nicht an Zeit und Ort gebunden. Wir können uns am Tag der Demonstrationen selbst neu koordinieren, die eine ist blockiert, dann laufen auf den anderen beiden umso mehr ungehindert durch die Stadt. Während die Polizei auf die einen einschlägt, rücken wir anderswo unbeirrt weiter nach vorn, und wenn sie erneut drei Kessel errichten, dann bleiben sie dieses mal mit Sicherheit leer, die Antwort darauf kennen sie bereits und sie haben Angst vor ihr. Lassen wir also die demokratische Zivilgesellschaft ihre Feste feiern, die Kommunisten ihr wirkungsloses Ritual durchführen und den Staatsapparat planen, an diesem Tag wird alles seine Wirkung verfehlen, wenn jeder von uns die Konsequenz aus ihrer Tyrannei richtig gezogen hat. Seid flexibel, fahrt die Demonstrationstreffpunkte nicht direkt, sondern nur über Vorabtreffpunkte mit anderen gemeinsam und nach Absprache an. Wartet auf Anweisungen und seid bereit selbstständig zu reagieren und zu agieren. Bereitet euch lediglich auf zwei Sachen vor, die Repression wird kommen und wir werden laufen!"

Für Beobachter_Innen der Naziszene wird immer mehr ersichtlich, dass Leipzig auch das Testfeld für die neue Strategie der Nazis ist, mit den Blockaden ihrer Großevents umzugehen. Sie erhoffen sich mit dieser Strategie, ihre Veranstaltungen durchsetzen zu können. Umso wichtiger wird es sein, die Naziaufmärsche in Leipzig zu verhindern, damit die Naziszene sich keine Hoffnungen für Dresden 2011 machen kann. Nach ihren Misserfolgen am 13. Februar in Dresden, am 1. Mai in Berlin und dem 4. September in Dortmund suchen Neonazis nun wieder nach einem funktionierenden „Großaufmarsch“ – und Leipzig ist eine Option.

Neonazi-Aufmärsche haben in Leipzig Tradition. Seit 2001 ist der Hamburger Christian Worch siebzehn Mal durch die Stadt marschiert, wegen des hohen Migrant_innenanteils oft durch Stadtteile im Leipziger Osten. Weitere Ziele waren das symbolträchtige Völkerschlachtdenkmal oder der als alternativ geltende Stadtteil Connewitz sein. Diese Aufmärsche wurden von umfangreichen Gegenprotesten und meist erfolgreichen Blockadeaktionen begleitet. So auch am 1. Mai 2006: Damals wollten Neonazis schon einmal zwei Demonstrationen zeitgleich durchführen. Angesichts der 5000 Gegendemonstrant_innen konnten sie dies jedoch nicht durchsetzen. Ein Jahr darauf war dann sogar der „harte Kern“ erschöpft: Worchs letzten Leipzig-Aufmarsch im Juni 2007 besuchten gerade einmal noch 37 Personen.

Nach wie vor ist Leipzig auch für die NPD ein heißes Eisen, seitdem sie am 1. Mai 1998 zum Völkerschlachtdenkmal mobilisiert hatte und es dort zu Straßenschlachten gekommen war. Zuletzt wollte die NPD am 15. März 2008 gemeinsam mit „Freien Kräften“ durch die Leipziger City ziehen, meldete ihren Aufmarsch aber einen Tag zuvor wieder ab. Der 17. Oktober 2009 war insofern ein Versuch der organisierten Neonazi-Szene, in Leipzig wieder die Öffentlichkeit zu suchen. Nach dem verpatzten Aufmarsch trafen sich die „Freien Kräfte“ im Laufe des Jahres zu Spontandemonstrationen, um den „staatlichen Repressionsapparat“ zu umgehen.

Die lokale Presse sieht hingegen Leipzig am 16.10. im Chaos versinken, dass übliche gegenüber stehen der "Extremisten" und deren gewalttätigen Auseinandersetzungen wird herbei geredet. Inhaltliche Beiträge, findet mensch bei der LVZ wie immer nicht. Dies ist in Leipzig und Sachsen auch nicht anders zu erwarten, führt es doch aber leider dazu, dass Menschen verängstigt werden und zu Hause bleiben. Nicht ohne Grund war eine massive Intervention und vor allem viele Menschen aus allen Teilen Deutschlands nötig, damit der Naziaufmarsch dieses Jahr in Dresden gestoppt werden konnte.

Historische Informationen zur Route im Leipziger Westen

 

Bei dem Naziaufmarsch durch die Karl-Heine-Straße kämen die Nazis neben vielen Plagwitzer Kultureinrichtungen, wie der Schaubühne Lindenfels unter anderem an folgenden Punkten vorbei. Guts-Muths-Straße, in der 2006 Anwohner gegen eine Wohnung voller Jungnazis aufbegehrten, weiterhin an der Josephstraße, in der jungen Menschen eine Erinnerungsstätte für ehemalige jüdische Mitbürger etablieren wollen. In der Josephstraße 7 lebten und arbeiteten die Familien Reiter und Lotrowsky. Isidor Reiter betrieb eine Rosshaarsortieranstalt. Am 28. Oktober 1938 wurden er und seine Familie zusammen mit mehreren Tausend anderen Leipziger Juden und Jüdinnen nach Polen deportiert. Isidor Reiter wurde dort später von Nazis umgebracht. Ida Jetty Lotrowsky wurde am 21. Januar 1942 nach Riga deportiert und ist dort verschollen. Die Tochter von Isidor Reiter – Amalia Schinagel – konnte nach New York emigrieren, wo sie bis Ende der 1990er Jahre lebte. Als rechtmäßige Erbin hat sie das Grundstück Josephstraße 7 mit dem mittlerweile unbewohnbaren Haus 1991 zurück erhalten. Sie selbst hatte kein Interesse nach Deutschland zurück zu kehren. Niemand wollte das Haus in der Josephstraße 7 kaufen, das daraufhin nach und nach verfallen ist. 1998 verlangte die Stadt Leipzig Steuern von ihr. Amalia Schinagel antwortete wütend und traurig darauf, dass sie nicht einsehe, warum sie Geld für ein Haus bezahlen solle, das ihr erst gestohlen und dann in einem unbrauchbarem Zustand zurück gegeben wurde. Mittlerweile gibt es eine Initiative die sich dafür einsetzt, dass die Josephstraße 7 ein Gedenkort wird.

Später dann würden die Nazis an der Ecke Walter-Heinze-Straße vorbeilaufen, die nach Leipzigs erstem Nazi-Opfer nach dem Beginn der braunen Diktatur benannt ist, um am Felsenkeller (Ecke Zschochersche) den Ort zu kreuzen, welcher sich neben seiner Nutzung ab 1890 als Konzert-, Ballsaal und Felsenkellerlichtkino, auch als Treffpunkt der Leipziger Arbeiterbewegung in die Geschichtsbücher eingetragen hat. Hier sprachen vor 1933 unter anderem Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg und Clara Zetkin.

Mit dieser Route würden sie auch die Straße kreuzen, in welcher sich das Erich-Zeigner-Haus befindet. Erich Zeigner war der 1.Oberbürgermeister der Stadt Leipzig nach dem 2. Weltkrieg und auch Häftling im KZ Buchenwald unter den Nazis. Auf ihrem Weg kämen sie auch am heutigen Gerichtsgebäude Karl-Heine-Straße 12 vorüber, in der sich einst die Leipziger Gestapozentrale befand.

120 rechtsmotivierte Angriffe im 1. Halbjahr 2010 in Sachsen

 

Opferberatungsstellen für Betroffene rechtsmotivierter und rassistischer Gewalt legen Halbjahresstatistik vor.

Die Opferberatung für Betroffene rechtsmotivierter Gewalt des RAA Sachsen e.V. erhielt von Januar bis Juni 2010 Kenntnis von 120 Angriffen, von denen 191 Personen direkt betroffen waren. Die Beratungsstellen zählen ausschließlich Gewaltdelikte, keine Propaganda- oder Beleidigungsdelikte.

Im Vergleich zum Vorjahr ist ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen. In der ersten Jahreshälfte 2009 wurden 84 Angriffe registriert.

Schwerpunktregionen (Anzahl der Angriffe im Verhältnis zur Einwohner_innenzahl) bilden in den ersten sechs Monaten der Landkreis Leipzig (21 Angriffe), der Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge (13 Angriffe) sowie die Stadt Dresden (21 Angriffe).

„In der Landeshauptstadt und im benachbarten Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge verübten Neonazis rund um den 13. Februar zahlreiche, zum Teil gezielte, Angriffe. So wurde das Auto des Kreisgeschäftsführers der Linken in Brand gesteckt. Des weiteren wurde im Verlauf einer rechten Spontandemonstration in Pirna Büros und Passanten attackiert sowie Protestierende gegen den Naziaufmarsch in Dresden angegriffen und teilweise schwer verletzt. Im Landkreis Leipzig sind es vor allem Angriffe von Neonazis gegen nicht rechte, alternative Jugendliche oder politisch Aktive um mittels ihrer gewaltsamen und bedrohenden Präsenz ein Klima der Angst und der eigenen Dominanz zu etablieren“, so Grit Armonies, Projektkoordinatorin der Opferberatungsstellen des RAA Sachsen e.V.

Körperverletzungsdelikte (61) sind die am häufigsten vorkommenden Straftaten. Häufig werden die Angriffe gemeinschaftlich oder mittels gefährlicher Gegenstände verübt. Gerade von organisierten Neonazis begangene Angriffe erfolgen in großen Gruppen und weisen eine hohe Gewaltorientierung auf, die schwere Verletzungen in Kauf nimmt. Brandstiftungen haben in der ersten Jahreshälfte 2010 mit vier Fällen wieder zugenommen.

Sachsenweit sind nicht rechte und alternative Jugendliche am häufigsten von rechtsmotivierten Angriffen betroffen (49). Rassismus ist in knapp 25% der Fälle als Tatmotiv anzusehen (29). In 28 Fällen richteten sich die Angriffe gezielt gegen politisch Aktive, die sich beispielsweise gegen Neonazis engagieren. „Die Statistik zeigt die Kontinuität rechter Angriffe in Sachsen. Allen, die das Problem rechter Gewalt im Freistaat ernst nehmen, muss klar sein, dass es ein Dauerproblem ist“, so Grit Armonies abschließend.

Die detaillierte Halbjahresstatistik finden sie zum download unter http://raa-sachsen.de/images/Statistiken/statistik_hj_2010.pdf

Das juristische Nachspiel von 2009

 

"Allein die Umstände, dass an Organisation und Durchführung der Versammlung Vertreter aller sächsischen JN-Stützpunkte sowie einflussreiche Vertreter der freien Kameradschaftsszene beteiligt gewesen waren und sich die Verantwortung für das Scheitern auf das Verhalten der Behörden abschieben ließ, retteten Naumann trotz massiver Kritik aus den eigenen Reihen sein Amt.

Da Neonazis sich nur ungern als Verlierer gerieren, reichte der Leipziger nur gut einen Monat später eine negative Fortsetzungsfeststellungsklage gegen die Stadt Leipzig und den Freistaat Sachsen beim Verwaltungsgericht Leipzig ein. Das Gericht möge nach dem Willen Naumanns feststellen, dass die Stadt Leipzig "es rechtswidrig unterließ, die nicht angemeldete, der Stadt spätestens seit 12.10.2009 bekannte Versammlung des "Bündnis 17.10.2009" rechtzeitig vor dem 17.10.2009 zu verbieten, hilfsweise mit Auflagen zu versehen, die sicherstellen, dass die beabsichtigte Verhinderung oder auch nur eine grobe Störung der Demonstration des Klägers vermieden würden wäre."

Moniert wird weiterhin, dass Stadt und Freistaat die Gegenblockaden nicht auflösten. Weiterhin sei nach seiner Rechtsauffassung die Einkesselung seiner Versammlungsteilnehmer durch Absperrgitter ebenso rechtswidrig gewesen wie der Einsatz unmittelbaren Zwangs durch die Einsatzkräfte um 15.45 Uhr. Die Einkesselung aller Teilnehmer auf einer Fläche von etwa 50 x 50 Meter soll das Gericht nach dem Willen des Veranstalters ebenfalls für rechtswidrig erklären.

Zugegeben, Tommy Naumann dürfte sich angesichts des deeskalativen Auftretens der Polizei, das sich aus Perspektive der Neonazis als Hinhaltetaktik gestaltete, verschaukelt gefühlt haben. Allerdings hatte er seine Teilnehmer auch zu keinem Zeitpunkt unter Kontrolle. Kaum waren die ersten von ihnen am Auftaktkundgebungsort eingetroffen, bedrängte einer von ihnen vor seinen Augen einen Journalisten. Nachdem die ersten Gegenstände in Richtung Polizei geflogen waren, löste er die Veranstaltung auf, um seine Hände nach dem Exzess seiner Kameraden in vorderster Reihe rein juristisch betrachtet in Unschuld waschen zu können.
Dass seine Klage erfolgversprechend sein wird, darf angesichts der Ausschreitungen mit Recht bezweifelt werden. Fraglich ist auch, wie die Stadt Leipzig eine Versammlung verbieten soll, die weder bei ihr angemeldet noch genehmigt wurde."

Hools und Nazis beim 1. FC Lokomotive Leipzig

 

Ein Bericht zum Rechten Rand bei Lokomotive von Gamma aus dem Jahre 2007:

"“Der sächsische Verfassungsschutz schätzt den Anteil von Rechtsextremisten an den Gruppen gewalttätiger Fußball-Fans auf 15 bis 20 Prozent”, berichtete unlängst die Zeitschrift Focus.
Noch ein Jahr zuvor lag die amtliche Schätzung bei 3 bis 5 Prozent. In der Zwischenzeit ist der 1. FC Lokomotive Leipzig um einige Skandale reicher geworden: im Februar 2006 formierte sich bei einem A-Jugend-Derby gegen den FC Sachsen Leipzig in der Fankurve ein menschliches Hakenkreuz, am 10. Februar diesen Jahres kam es nach einem Spiel gegen Aue zu heftigen Ausschreitungen und immer wieder tauchen Nazi-Graffitis am und im Probstheidaer Bruno-Plache-Stadion auf. An einer Überschneidung von Teilen der Fan-, Hooligan- und Naziszenen kann nicht mehr gezweifelt werden.
Kriminalhauptkommissars Jack Dietrich, Leiter einer “szenekundigen” Einheit der Polizeidirektion Leipzig, kommentierte den Hakenkreuz-Vorfall gegenüber der LVZ vor knapp anderthalb Jahren folgendermaßen: „Hier handelt es sich um Einzelne, die ihren Unmut zum Ausdruck bringen, ohne zu wissen, welchen Schaden sie bei Verein und Stadt anrichten.“ Ähnlich lief es infolge der Ausschreitungen nach dem Aue-Spiel: große Bestürzung, Sorgen um den Ruf von Verein und Stadt - aber niemand will davon wissen, dass während beinahe jedes Spiels an rassistischen Beschimpfungen für Spieler und antisemitischen Parolen gegen die jeweils andere Mannschaft nicht gespart wird und sich nach dem Spiel auch etliche Nazis austoben können. Der Altenburger Thomas Gerlach (“Ace”) beispielsweise fühlt sich bei Spielen des FC LOK ganz in seinem Element und war auch bei der Partie gegen Aue “aktiv” dabei, wie er in einem Naziforum prahlte.
Das alles sind keine zufälligen Episoden, denn im Umfeld des 1. FC Lokomotive hat sich - und das ist überhaupt keine Neuigkeit - ein rechter Rand formiert, in dem sich vor allem organisierte “Ultra”- und Hooligan-Gruppen geborgen fühlen. Paradebeispiel sind die seit September 2006 bestehenden “Blue Caps LE”, die zuvor als “Fanclub Kulturverein Ost” eher unbeachtet blieben. Nach Eigendarstellung zählt die Gruppe rund 20 Mitglieder, ihre auffällig bedruckten Textilien sind aber weitaus häufiger zu sehen. Der Selbstdarstellung gemäß halte man nichts von Politik, die “Blue Caps” wollen “auch weiterhin unsere Priorität auf die akustische und optische Unterstützung des 1. FC Lokomotive Leipzig” legen. Das entspricht nicht ganz der Wahrheit. Im März fanden sich am Bruno-Plache-Stadion Graffitis, die sich gegen den Präsidenten des FC Lok richteten. Text: “Verrätersau”, “Kubald Rücktritt Jetzt”, verziert mit einem Davidstern und einem Hakenkreuz, und dazu die “Unterschrift”: “Hooligans Blue Caps LE”. Zwar distanzierte man sich umgehend von der Urheberschaft - aber eine offen zur Schau getragene Sympathie mit derlei Sprüchen ist nicht in Abrede zu stellen. Das öffentlich zugängliche Webforum der “Blue Caps” liest sich denn auch wie ein astreines Naziforum. Gefragt nach ihrer Parteienpräferenz klickten 40% der angemeldeten User die NPD an, dazu wurde kommentiert: “Grundsätzlich NPD, da der rest für mich alles Schrott ist und die falschen Werte vermittelt” und “meiner meinung nach ist die NPD die einzige alternative zu den heuschelnden und multikulturellen parteien der BRD.” Der einzige Widerspruch bestand in der Aussage, die NPD sei nicht radikal genug. An anderer Stelle heißt es: “Ausländer sind das Symptom von dem was hier seit 1945 passiert!”, und: “ich glaub unsere großväter sind nicht gestorben damit wir uns von irgendwelchen idioten unterdrücken lassen...” Und auch das sind nicht nur irgendwelche verwirrten Einzelmeinungen, sondern Hinweise auf das, was die “Blue Caps” im “real life” treiben. Berichtet wird nämlich auch über Begegnungen mit dem Sohn des Vereinspräsidenten Kubald (der sich in Anbetracht seiner eigenen Vergangenheit immer wieder fleißig von jeden rechten Tendenzen distanzierte) – ausgerechnet bei einem Konzert Frank Rennickes am 17. März auf dem Grundstück des NPD-Landesvorsitzenden Winfried Petzold in Mutzschen.
Beworben wurde auch eine gemeinsame Fahrt zum durch Maik Scheffler angemeldeten Aufmarsch gegen so genannte Kinderschänder am 10. März in Delitzsch. Vorläufiger Höhepunkt war die NPD-Saalveranstaltung am 6. Mai im “Lokomotion”: von den Personen, die den Zugang zum Gelände bewachten, trug einer ein T-Shirt der “Blue Caps” - es handelt sich offenbar um Bekanntschaft Maik Schefflers.
Schon drei Wochen zuvor, am 15. April, nahmen “Blue Caps”-Anhänger an der vorangegangenen Veranstaltung im Lokomotion teil. Sie berichteten darüber in ihrem Forum als “friedliche zusammenkunft von ca. 150 nationalorientierten, -freundlichen sowie neutralen bürgern” und beschwerten sich über “Antifaterror”.
Diese Episoden verdeutlichen, dass sich Nazis nicht nur beim Fußball im Ausüben des “Gewalttätersports” gefallen, sondern dass auch eine umgekehrte Bewegung stattfindet: organisierte Lokomotive-Anhänger lassen sich in Nazikreisen blicken. Die “Blue Caps” sind dabei keinesfalls eine Ausnahmeerscheinung.
Die Ultra-Gruppe “Scenario Lok ‘05” (ex-”Inferno Lok Leipzig”) alias “Fightclub Lokomotive” posiert auf ihrer Website mit Reichsflaggen und T-Shirts mit Texten wie “Opa war kein Mörder”. Zu ihren Gruppenaktivitäten zählt das Hochhalten von Transparenten mit Aufschriften wie “Die Antichemiten”. Und zu einem Fanturnier fuhren sie mit TShirts, die auf der Vorderseite mit einem abgewandelten Hakenkreuz-Adler und auf der Rückseite durch die Aufschrift “Kameradschaft” verziert waren.
Eine vergleichbare Vereinigung ist “Blue Side Lok”, die von den Blue Caps als ihr Nachwuchs begriffen werden und die sich das Thor-Steinar-Tragen kultiviert hat. Freilich könnte es sich um einen Zufall handeln, dass im Frühjahr direkt nach dem Angriff auf das Grünauer Büro des Linkspartei-Abgeordneten Dietmar Pellmann im direkten Umkreis zahlreiche “Blue Side”-Aufkleber zu sehen waren. Es könnte sich auch um einen Zufall handeln, dass im Februar 2006 das menschliche Hakenkreuz direkt hinter einem “Blue Side”-Transparent formiert wurde; immerhin distanzierte sich die Gruppe vom Vorfall und erklärte: “Wir waren, sind und bleiben als Gruppe unpolitisch!” Weniger zufällig ist dann aber, dass der Fußballverein damals erklärte, gegen die knapp 40 an der Formation beteiligten Personen, die in neun Fällen namentlich “Blue Side Lok” und der Hallenser “Saalefront” zugeordnet werden konnten, Stadionverbot erteilen zu wollen. Im Forum der “Blue Caps” werden die Kollegen von “Blue Side” aber trotzdem beneidet: von der Vereinsleitung bekommt “Blue Side Lok” verbilligte Tickets. Die Ermittlungen wurden übrigens nach einem Jahr eingestellt. Nicht, weil keine Täter ermittelt worden wären (sieben erhielten tatsächlich Stadionverbot) - sondern weil, so die Leipziger Staatsanwaltschaft, der „misslungene Versuch der Darstellung eines Hakenkreuzes strafrechtlich nicht verfolgbar” sei.
Die Unterstützung von Nazis und Hooligans funktioniert beidseitig: der Besuch von Naziaufmärschen wird in einigen Gegenden - darunter Leipzig - zum Teil des “Gewalttätersports”, schließlich lässt sich dabei die Konfrontation mit Polizei und einer gegnerischen Mannschaft, die hier politische Gegner sind, fortsetzen. Umgekehrt fühlen sich Personen mit einem sowieso konfrontativen, gewaltgeprägten Politikverständnis in Hooligankreisen wohl - erst recht, wenn sie dort auch mit einigen politischen Sympathien rechnen können. Spruchbänder wie “Rudolf Hess - bei LOK rechtsaußen” und “Wir sind Lokisten, Mörder und Faschisten” finden schon seit etlichen Jahren Verwendung in der Fankurve und werden auf der offiziellen Lokomotive-Website auch auf Fotos dokumentiert.

Kein Zufall ist es, dass beispielsweise Hallenser “Saalefront”-Ultras regelmäßig Worch-Aufmärsche besuchen - und es ist auch kein Wunder, dass sich nun “Blue Caps” für Schutzaufgaben der NPD rekrutieren lassen. Auch andere Freizeit-Events werden gemeinsam begangen: beim Konzert der Band “Hungrige Wölfe” (besser bekannt als “Kategorie C”) am 15. Juli mischten sich unter die Besucher nicht nur LOKHools von “Blue Caps” und Konsorten, die sich im Voraus bereits als Kartenverkäufer einsetzen ließen - sondern auch Mitglieder der “Freien Kräfte Leipzig”."

Und weiter heißt es in der Gamma Ausgabe 185: "Mit der JN verfügt die örtliche Neonaziszene durch die NPD über eine legale Organisation – und mittlerweile auch über einen Treffpunkt, nämlich das „Nationale Zentrum“ in Leipzig-Lindenau. Das ist am 15. November 2008 offiziell als „Bürgerbüro“ Winfried Petzolds eröffnet worden. Mittlerweile haben die „Blue Caps LE“ dort ihre Postadresse und Mitglieder der FKL und JN spielen Hausmeister oder liegen mit dem Fernglas auf dem Hausdach, um nach GegnerInnen zu spähen."

Was die "Blue Caps" noch so machen kann mensch hier lesen: ChronikLe