Teilerfolg vor dem Bundesverfassungsgericht
Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechte von Demonstranten gestärkt. Wer bei Aktionen gegen Castor-Transporte von der Polizei festgesetzt wird, muss nicht automatisch für die Kosten der Ingewahrsamnahme aufkommen, solange nicht geprüft wurde, ob die Gründe für das Wegsperren rechtmäßig waren. Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) kommentiert: "Das Urteil stärkt die Rechte der Demonstranten - ein wichtiges Signal der Ermutigung im Vorfeld des nächsten Castortransports, der im November erwartet wird".
Mit einer "Nacht im Gleisbett" protestierten am 3./4. März 2001 Atomkraftgegner gegen den bevorstehenden vierten Castor-Transport nach Gorleben. Sie wollten sich nach Durchfahrt des letzten Zuges in Pisselberg auf dem Schotter zur Nachtwache niederlassen, denn nach einer vierjährigen Zwangspause - die Umweltministerin Angela Merkel (CDU) hatte wegen der Kontamination der Castoren die Transporte ausgesetzt - sollten die Atommüllzüge aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague ins Zwischenlager Gorleben wieder rollen. Die Versammlung wurde gegen Abend von der Polizei aufgelöst, als sich ein Teil der Demonstranten den Gleisen näherte. Dabei wurde der Beschwerdeführer aus dem Landkreis Lüchow-Dannenberg in polizeilichen Gewahrsam genommen und für eine Identitätsfeststellung zur Polizeiinspektion in Lüchow gebracht. Ohne richterliche Entscheidung musste der Castorgegner fünf Stunden in Polizeigewahrsam verbringen und bekam zudem einen Kostenbescheid in Höhe von 50 Euro zugestellt. Die Klage gegen den Kostenbescheid blieb in allen Instanzen erfolglos.
Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz gemäß Art. 19 Abs. 4 GG. Das Bundesverfassungsgericht gibt ihm jetzt Recht: "Die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung angenommen und die angegriffenen Entscheidungen aufgehoben. Diese werden den verfassungsrechtlichen Anforderungen im Hinblick auf das Gebot einer umfassenden Nachprüfung des Verwaltungshandelns nicht gerecht und verletzen den Beschwerdeführer in seinem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz gemäß Art. 19 Abs. 4 GG." (Beschluss vom 29. Juli 2010 , Az 1 BvR 1634/04 <http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20100729_
1bvr163404.html> )
Das dritte Mal in Folge stärken die Gerichte die Rechte von Demonstranten, während den Ordnungshütern die Rote Karte gezeigt wird: "Filmen verboten!" hieß es vor dem Verwaltungsgericht in Berlin, "Demo statt Knast" vor dem Verwaltungsgericht Schwerin - Atomkraftgegner aus dem Wendland wurden auf dem Weg zur Demo in Rostock gegen den G 8-Gipfel stundenlang festgehalten - und jetzt die "Nacht im Gleisbett".
Die BI kündigt an: "Wir werden alle Menschen, die im Herbst auf vielfältige Weise gegen den nächsten Castortransport protestieren wollen, in ihren Rechten bestärken. Sie sollen sich von der Polizei nicht einschüchtern lassen."
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