Radiotip für den 6.7. und 8.7.
"Wieviele sind hinter Gittern, die wir draußen brauchen!
- Politische Gefangene - Sendung zu Repression und Widerstand. Zu hören über das Webradio Radio Flora aus Hannover per Livestream:
www.radioflora.de, am Dienstag, den 6. Juli von 18 - 19 Uhr.
Die Sendung wird am wiederholt am Donnerstag, den 8.Juli von 11 - 12 Uhr.
Themen:
- Solidaritätskampagne für Marco Camenisch
Marco aus der Schweiz ist bald seit 20 Jahren hinter Mauern eingesperrt.
- Erfolg vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) §§ 34 Abs. 4 Außenwirtschaftsgesetz entfällt weitgehend als Anklagepunkt gegen türkische Linke vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf
Dazu ein Gespräch mit der Anwältin Britta Eder
- Bericht zur Delegation am 6. Juli zum Ende des §129b Prozesses in Stuttgart-Stammheim
Hintergrundinformationen:
- Solidaritätskampagne für Marco Camenisch
marco camenisch, bekannt durch seine aktive rolle in der anti-akw-bewegung der 70er jahre, sitzt seit bald 20 jahren als politischer gefangener im knast. als kämpferischer grün-anarchist hat er während all diesen jahren an kämpfen, kampagnen und protesten inner- und ausserhalb des knastes teilgenommen. derzeit sitzt er in der haftanstalt pöschwies/regensdorf bei zürich.
in zwei jahren (2012) steht der termin seiner bedingten entlassung an, die ihm grundsätzlich gewährt werden müsste. denn die bedingte entlassung stellt im schweizer gefängnis-system die regel dar. marcos situation ist jedoch eine besondere. alle erleichterungen und entlassungsvorbereitenden massnahmen werden ihm kategorisch verweigert. die medizinische versorgung, die er seiner krebserkrankung wegen benötigt, bleibt mangelhaft. der übliche hafturlaub wird ihm mit der begründung verweigert, er schwöre seiner politischen überzeugung nicht ab und besässe zuviele freund/innen weltweit, die ihm zur flucht verhelfen könnten. gute soziale kontakte ausserhalb des knastes sind gleichzeitig ein kriterium, um bedingt entlassen zu werden. eines von vielen kriterien, die marco objektiv erfüllen würde.
man wird den eindruck nicht los, die justiz-behörden gewähren nur gebrochenen und/oder angepassten gefangenen die bedingte entlassung. diese tendenz lässt sich bei praktisch allen politischen gefangenen in den metropolen feststellen. gefangene, die ihre politische identität verteidigen, werden in den knästen lebendig begraben, auch wenn sie ihre strafe abgesessen haben. in der absicht, sie und die fortschrittlichen bewegungen, aus denen sie kommen, zu schwächen - zur aufrechterhaltung der furcht vor dem gefängnis als waffe der herrschenden. als beispiele unter vielen kann etwa die situation von leonard peltier in den usa, jene der action-directe-gefangenen in frankreich oder der baskischen gefangenen im spanischen staat genannt werden.
wir rufen deshalb gemeinsam mit der roten hilfe international zu einer internationalen solidaritätskampagne für marco camenisch auf, die sich mit den kämpfen für die freilassung der langjährigen politischen gefangenen in anderen ländern verbinden soll. dabei wollen wir die perspektive einer gesellschaft ohne knäste nicht aus den augen verlieren, weshalb wir den startschuss für die kampagne auf den 19. juni festgelegt haben, der als internationaler aktionstag für die antagonistischen gefangenen und gegen den knast begangen wird.
unterzeichnet den aufruf der roten hilfe international, verbreitet die informationen über eure webseiten und andere infokanäle. beteiligt euch mit euren eigenen inhaltlichen schwerpunkten an der kampagne.
solidarität ist eine waffe!
freund/innen und unterstützer/innen von marco camenisch
juni 2010
- Erfolg vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) §§ 34 Abs. 4 Außenwirtschaftsgesetz entfällt weitgehend als Anklagepunkt gegen türkische Linke vor dem OLG Düsseldorf
Die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg, hat am Dienstag, den 29.06.2010 das Urteil in einem Vorabentscheidungsverfahren verkündet. Der EuGH teilt weitgehend die Rechtsauffassung der Verteidigung und beruft sich positiv auf die Charta der Vereinten Nationen.
In dem Urteil des EuGH heißt es: „Die Beschlüsse des Rates, mit denen die DHKP-C vor Juni 2007 unter Verstoß gegen elementare Verfahrensgarantien in Listen aufgenommen wurde, die im Rahmen von Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus erstellt wurden, können nicht dazu beitragen, die strafrechtliche Verfolgung von Mitgliedern der genannten Organisation zu stützen, die nicht in diese Listen aufgenommen wurden.“ Der EuGH führt in der Urteilsbegründung aus, dass die Aufnahme der DHKP/C in die Liste vom 27. Dezember 2001 ungültig ist.
Damit ist die Straferwartung erheblich reduziert. Die Angeklagten müssen aufgrund dieser Entscheidung, aus Sicht der Verteidigung sofort aus der Untersuchungshaft entlassen werden. Das Urteil bedeutet, dass für den Zeitraum bis Juni 2007 hinsichtlich sämtlicher gelisteter Organisationen und Personen, in keinem europäischen Land strafrechtliche Sanktionen auf die Listung gestützt werden können.
Einer zunehmenden beliebigen Kriminalisierung unliebsamer Menschenrechts- und Oppositionsbewegungen, wird so zumindest diesbezüglich Einhalt geboten.
Aus der Presseerklärung auszugsweise der Anwältinnen und Anwälte aus dem Düsseldorfer Verfahren.
- Bericht zur Delegation am 6. Juli zum Ende des §129b Prozesses in Stuttgart-Stammheim
Nach über zwei Jahren endet Anfang Juli der §129b-Prozess wegen Mitgliedschaften in der marxistisch-leninistischen DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front) aus der Türkei. Die beiden Gefangenen Ahmet D. Yüksel und Devrim Güler werden vom Oberlandesgericht Stuttgart angeklagt „Mitglieder in einer ausländischen terroristischen Organisation“ zu sein. Sie befinden sich seit ihren Festnahmen im November 2006 in Isolationshaft.
Die DHKP-C gründete sich 1994 und steht in der Tradition des antifaschistischen Widerstandes gegen den faschistischen Militärputsch 1980 in der Türkei. Neben der Arbeit an der Basis in den Elendsvierteln der türkischen Großstädte bekannten sich bewaffnete Einheiten der Organisation zu Aktionen auf folternde Polizisten und Industrielle, sowie zu Sprengstoffanschlägen auf Gebäude des türkischen Staates und auf repräsentative Wirtschaftsorganisationen. Sie kämpft für eine revolutionäre Umwälzung der Gesellschaft in der Türkei und musste für diesen Kampf viele Tote und Gefolterte in Kauf nehmen.
Um nach §129b kriminalisiert werden zu können reicht allein der Verdacht aus, der DHKP-C anzugehören und ihre politischen Ziele zu teilen.
Als Zeugen wurden Polizisten vorgeladen gegen die Foltervorwürfe in der Türkei erhoben wurden. Durch Aussagen von Geheimdienstzeugen wurden Beweise zur Verurteilung der Angeklagten konstruiert. Selbst unter rechtsstaatlichen Gesichtspunken sind dieser und die anderen wegen DHKP-C Mitgliedschaften laufenden §129b-Prozesse in Düsseldorf eine Farce. Der §129b und die „EU-Terrorlisten“ bedeuten eine enorme Verschärfung des Repressionsrahmens gegen alle, die gegen das bestehende System kämpfen!
www.no129.info
www.political-prisoners.net
Zu hören per Livestream: www.radioflora.de am Dienstag, den 6. Juli von 18 - 19 Uhr.
Die Sendung wird am wiederholt am Donnerstag, den 8.Juli von 11 - 12 Uhr.