G20-Gegner machen mobil

Erstveröffentlicht: 
13.06.2017

Die Vorbereitungen auf das G20-Treffen laufen bei Gegendemonstranten und Polizei auf Hochtouren. Am Dienstag sprach der Linken-Bundestagsabgeordnete Jan van Aken in Bremen über seine Kritik am Gipfel.

 

„Reden hilft immer“, sagt Jan van Aken. Aber dafür würden die Staats- und Regierungschefs Anfang Juli ja nicht zum G 20-Gipfel nach Hamburg reisen. „Es geht in erster Linie um Entscheidungen, die einige wenige Staaten für die ganze Welt treffen, während 170 Staaten nicht mit am Tisch sitzen“, sagt der Hamburger Politiker, der für die Linkspartei im Bundestag sitzt.

Am Dienstag war er auf Einladung der Bremer Linken nach Bremen gekommen, um mit etwa 100 Menschen auf dem Ziegenmarkt im Steintor über Gründe gegen den G 20-Gipfel zu diskutieren. Die Gästeliste sei so ein Grund, meint van Aken.

Recep Tayyip Erdogan habe die Türkei in eine Diktatur umgebaut, Wladimir Putin habe mit der russischen Annektion der Krim das Völkerrecht gebrochen und im syrischen Bürgerkrieg die Stadt Aleppo „in Schutt und Asche gelegt“. Und dann sei da selbstverständlich der US-Präsident Donald Trump: „Ein Nationalist, Sexist und Rassist, dessen Politik hochgefährlich ist“.

Großdemonstration gegen G 20

Mit seiner Kritik am G 20-Gipfel ist van Aken nicht allein: Für Sonnabend, 8. Juli, ruft das Bündnis „Grenzenlose Solidarität statt G 20“, dem unter anderem die Linkspartei und Attac Deutschland angehören, zu einer Großdemonstration gegen das G 20-Treffen auf. Die Polizei erwartet an dem Wochenende etwa 100.000 Demonstranten aus ganz Europa. Van Aken hat die Demo angemeldet.

Es gibt nicht die eine Protestbewegung gegen den Gipfel. Die Bandbreite, was, mit welchen Mitteln erreicht werden soll, ist groß. Neben vielen friedlichen Demonstranten werden auch militante Gruppen in Hamburg erwartet. Die Polizei sieht vor allem in der antikapitalistischen Vorabenddemonstration „G 20 Welcome to Hell“ am Freitag, 7. Juli, eine große Herausforderung.

Zu der Demo werden bis zu 8000 gewaltbereite Teilnehmer aus dem In- und Ausland erwartet. Ihr Motto lautet: „G 20-Gipfel blockieren, sabotieren, demontieren!“ Als Vorgeschmack brannten bereits mehrere Polizeiautos in der Stadt.

Bereits sechs Anschläge in Bremen

Nach Angaben der Innenbehörde ist die linksradikale Szene auch in Bremen derzeit sehr aktiv. Dem gewaltbereiten Teil rechnet der Verfassungsschutz etwa 220 Personen zu. Bereits sechs Anschläge gehen auf das Konto militanter G 20-Gegner. Zuletzt hatten Unbekannte in der Nacht zu Montag in Woltmershausen zwei Zivilfahrzeuge der Polizei in Brand gesetzt.

Es entstand ein Schaden von etwa 10.000 Euro. Der Staatsschutz ermittelt. Am Dienstag tauchte auf der linken Online-Plattform Indymedia ein Bekennerschreiben auf. „Zivibullen nerven auf Demos und spionieren in unseren Vierteln. Sie observieren und beschatten uns. Sicher hören sie nicht damit auf, nur weil wir den Fuhrpark ausdünnen“, heißt es in dem Papier.

„Vor dem anstehenden G 20-Gipfel befinden sich die Sicherheitsbehörden jedoch am Rande ihrer Belastungsgrenzen. Diese Grenzen zu dehnen und an mancher Stelle zu brechen ist unser Ziel im Vorfeld der Auseinandersetzungen in Hamburg. Ihre Überforderung gibt uns etwas mehr Freiheit zu kämpfen.“

Nicht die üblichen Kaskoversicherungen

Die ausgefallenen Fahrzeuge seien umgehend ersetzt worden, teilt eine Sprecherin der Polizei mit. „Aus unserem Fahrzeugpool stehen und standen auch in diesem Fall Ersatzfahrzeuge zur Verfügung.“ Als Körperschaft des öffentlichen Rechts verfüge die Polizei aber nicht über die üblichen Kaskoversicherungen.

Brennen Autos ab, werden sie nach Angaben der Innenbehörde zunächst aus finanziellen Mitteln der Polizei ersetzt. Reichten diese nicht aus, müssten die Ersatzwagen aus dem allgemeinen Haushalt bezahlt werden – und damit vom Steuerzahler. „Dazu sind wir zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes verpflichtet“, sagt Rose Gerdts-Schiffler, Sprecherin der Bremer Innenbehörde.

Insgesamt werden am Gipfelwochenende bis zu 20 000 Polizisten die G 20-Teilnehmer und das Konferenzzentrum in Hamburg schützen. Klar ist, dass auch die Bremer Polizei Beamte zur Unterstützung schicken wird. Wie viele Beamte eingesetzt werden, will Gerdts-Schiffler aus taktischen Gründen nicht sagen.

Vorbereitungen laufen auf Hochtouren

Es seien aber „relativ viele Leute“. Für die Bremer Polizei bedeutet das einen Spagat. Weil einige Beamte über das Gipfel-Wochenende hinaus zur Vor- und Nachbereitung in Hamburg gebraucht würden, müssten viele Kollegen in Bremen voraussichtlich Zwölf-Stunden-Schichten schieben, um die Lücke im Dienstplan aufzufüllen, erklärt Gerdts-Schiffler.

Die Vorbereitungen auf das Treffen der Staats- und Regierungschefs laufen bei den Sicherheitsbehörden und Gegendemonstranten gleichermaßen auf Hochtouren. Wie die Linkspartei hat auch die Bremer Ortsgruppe der globalisierungskritischen Organisation Attac bei mehreren Veranstaltungen gegen den Gipfel mobilisiert.

Achim Heier, Sprecher von Attac in Bremen, geht davon aus, dass sich mehrere Hundert Demonstranten auf den Weg nach Hamburg machen werden. Die meisten mit dem Zug. Zudem hat Attac einen Bus gechartert. Wie der Linkenpolitiker van Aken kritisiert auch der Attac-Sprecher die Institution G 20: „Die geben zwar vor, globale Probleme lösen zu wollen“, sagt Heier. „Dabei verursachen sie viele Probleme selbst“.

Konkurrenz zu unabhängigen Organisationen

So verschärfe etwa das Ziel eines stetigen Wirtschaftswachstums die ökologischen Probleme der Welt und führe dazu, dass die gesteckten Ziele im Klimaschutz nicht mehr erreicht werden könnten. Als „selbst ernannter Club der reichsten Industrie- und Schwellenländer“ würden die G 20 zudem in Konkurrenz zu unabhängigen Organisationen wie den Vereinten Nationen treten, so Heier.

Die Hamburger Polizei hatte jüngst alle Demonstrationen in einem großen Teil des Stadtgebietes sowie zwei geplante Protest-Camps im Altonaer Volkspark und im Stadtpark verboten. Das Demo-Bündnis will nun dagegen klagen. „Jeder hat das Recht, sich friedlich zu versammeln“, sagt Heier. „Und wir werden alles dafür tun, dass es ruhig bleibt“. Mit gewaltbereiten Gruppen wolle das Bündnis nichts zu tun haben.