Unterbilk Bürger fordern Straßen-Umbenennung

Erstveröffentlicht: 
27.05.2017

Die Wissmannstraße ehrt einen Kolonialzeit-Helden. Nun soll eine Stele das erklären. Viele Anwohner wollen das nicht. Von Nicole Kampe

 

Lang ist sie nicht, die Straße, die an einer Seite des Friedensplätzchens in Unterbilk verläuft. 32, vielleicht 34 Hausnummern gehören zur Wissmannstraße, die irgendwann Anfang des 20. Jahrhunderts so benannt wurde. Einen Kiosk gibt es an der Straße, ein Café, eine handvoll Altbauten stehen dort. Manche frisch restauriert, fast schon modern, andere als hätte die Zeit ihnen nichts angehabt. Eigentlich ist es schön an der Wissmannstraße. Man kennt sich dort, man engagiert sich, man trinkt Kaffee, man plauscht vor der Tür.

 

Die Anwohnerinitiative Friedensplätzchen ist vor 20 Jahren gegründet worden, für einen Bücherschrank und einen Wochenmarkt haben sich die Mitglieder starkgemacht. Rund um den Platz hat sich vieles getan, die Menschen identifizieren sich mit dem Viertel. Einzig der Name der Straße, die dort verläuft, ist den Anwohnern und Mitgliedern der Initiative ein Dorn im Auge. Denn benannt ist die Wissmannstraße keineswegs nach einer Person, die geehrt werden sollte, findet Roswitha Heimlich. "Hermann von Wissmann war ein übler Söldner", sagt die 66-Jährige. Als Reichskommissar für Ostafrika unterdrückte er mit seinen Truppen den Widerstand der Küstenbevölkerung im heutigen Tansania und wurde dafür als Kriegsheld gefeiert. Außerdem wird er verantwortlich gemacht für den Maji-Maji-Krieg, in dem rund 100.000 Einheimische starben, "viele Kinder und Frauen", sagt Heimlich, die viel recherchiert hat zur Geschichte der Kolonialzeit.

 

Heimlich und ihre Nachbarn wären für die Umbenennung der Straße, so wie es zuletzt in Flingern passiert ist, wo aus der Hans-Günther-Sohl-Straße die Luise-Rainer-Straße geworden ist. "Vor Jahren hat sich die Politik damit schon mal befasst", sagt Sandra Schebeika (49). "Aus einem Antrag in der Bezirksvertretung ist dann die Idee entstanden, eine Stele zu errichten", sagt sie. Die Geschichte von Hermann von Wissmann soll die Stele erzählen.

 

Für die Anwohner ein Unding: "Der Straßenname allein ist schon Ehrung genug", sagt Roswitha Heimlich. In der letzten Sitzung der BV hatte sie ihr Anliegen noch mal vorgetragen, so richtig einig waren sich die Stadtteilpolitiker aber nicht beim Thema. Zu teuer sei eine Umbenennung, sagen die einen, weil Ausweise und Dokumente neu beantragt werden müssten. Eine Anregung wäre die Stele, um ins Gespräch zu kommen, die Geschichte nicht zu vergessen, finden die anderen. "Der Beschluss, eine Stele zu errichten, ist parteiübergreifend gefasst worden", sagt Bezirksbürgermeister Walter Schmidt. Wie die Stele aussehen soll und ob sie auf dem Friedensplätzchen aufgestellt wird, das hätte man noch nicht entschieden, hieß es in der letzten BV-Sitzung. Wolfgang Müller von der CDU regte an, die Stele an der Ecke Wissmannstraße/Bilker Allee aufzustellen, dort würden viele Menschen die Tafel lesen. Thorsten Gaeßner von den Grünen setzt sich für eine klare Abgrenzung von Ehren-Stelen ein: "Ideen werden mit der Mahn- und Gedenkstätte ausgearbeitet", sagt er. "Das stimmt aber nicht", widerspricht Heimlich, "dafür ist das Stadtarchiv zuständig."

 

"Eine Infotafel kann hier gerne aufgehängt werden, wenn die Straße umbenannt wird", meint Gudrun Beinke, die seit 30 Jahren an der Wissmannstraße lebt und inzwischen Kontakt hat zur Heinrich-Heine-Universität, die an einem Entwurf sitzt, mit Hintergründen zur Benennung. Das Forum Freies Theater hat Kontakt zu Beinke aufgenommen, ein Schauspieler will die Taten aufarbeiten. "Wir würden uns auch dafür einsetzen, dass die Geschichte nicht vergessen wird", sagt die 56-Jährige. "Mit Aktionen auf dem Friedensplätzchen etwa."

 

Wenn es nach Michael Köster geht, könnte die Straße einfach wieder Kaulbachstraße heißen, so wie sie es vor mehr als hundert Jahren getan hat. "In Urdenbach ist ein ganzes Kolonialviertel umbenannt worden", sagt er. Einen Kolonialverbrecher ehren, der nicht einmal etwas mit Düsseldorf zu tun hatte, das versteht der 41-Jährige nicht.