Frankenthal: Beamter beschimpft Flüchtlinge

Erstveröffentlicht: 
13.05.2017

Ein Abteilungsleiter der Stadtverwaltung Frankenthal teilt seit Längerem auf seinem Facebook-Profil offen fremdenfeindliche und rassistische Inhalte und versieht sie mit hetzerischen Kommentaren. Der Beamte ist im Rathaus pikanterweise unter anderem zuständig für den Komplex der Leistungen für Asylbewerber. Oberbürgermeister Martin Hebich (CDU) bemüht sich um Schadensbegrenzung.

 

„Vom Aussehen her könnten das Pfälzer sein.“ Mit diesem Kommentar versehen, teilt er auf seinem bis gestern öffentlich einsehbaren Facebook-Profil einen im Internet kursierenden Fahndungsaufruf nach augenscheinlich ausländischen Tatverdächtigen. „Na sowas!“, schreibt er über eine Meldung des islamfeindlichen Portals Philosophia Perennis, wonach Mediziner vor der „Einfuhr exotischer Pilzinfektionen durch Migranten“ warnen. „Hat nichts mit nichts zu tun“, bemerkt er zu verschiedenen Berichten über von Asylbewerbern verübte Straftaten. Im März wittert er Staatszensur, als Facebook zwischenzeitlich mit der Sperre des Profils droht. Grünen Politikern bescheinigt er „kranke Geisteshaltung“. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen ...

 

Das Internet und die sozialen Netzwerke wie Facebook sind voll von solchen Meinungsbeiträgen. Im konkreten Fall stammen sie von einem hochrangigen Mitarbeiter der Stadtverwaltung Frankenthal, Abteilungsleiter, Beamter und – zumindest bisher – für Soziale Leistungen zuständig. Zu seinem Aufgabenfeld zählt hier unter anderem die Hilfe für Asylbewerber. Entsprechend hält sich die Begeisterung über die Aktivitäten des Mannes bei Oberbürgermeister Martin Hebich (CDU) in Grenzen: Als insbesondere für einen Mitarbeiter in einer Führungsposition „nicht akzeptabel“ bezeichnet er auf RHEINPFALZ-Anfrage die Einträge. Hebich: „Ich bin nicht gewillt, das hinzunehmen.“

 

Der OB hat nach seiner Darstellung vor etwa zwei Wochen erstmals von den Aktivitäten seines Abteilungsleiters erfahren und daraufhin direkt die Veröffentlichungen dokumentieren und juristisch prüfen lassen. Hebich ist unabhängig von einem möglichen strafrechtlichen Gehalt zu der Einschätzung gekommen, dass die Äußerungen des Mannes „eindeutig dem Wesen einer offenen Gesellschaft und unserem Wertesystem“ widersprächen, für ihn an eine Verächtlichmachung des Staats grenzten.

 

Der Oberbürgermeister ist auf Basis seiner aktuellen Erkenntnisse überzeugt, dass der Beamte nicht in seinem bisherigen Tätigkeitsumfeld bleiben kann. Alles andere sei „nicht vermittelbar“, sagt Hebich. Er erwäge als unmittelbare Konsequenz eine Umsetzung in einen Bereich der Verwaltung, der aufgrund seiner Aufgaben keinen oder nur wenig Kontakt zu Bürgern hat. Schon gestern um die Mittagszeit taucht der Name des Mannes nicht mehr im öffentlichen Mitarbeiterverzeichnis seiner bisherigen Abteilung auf der Internetseite der Stadtverwaltung Frankenthal auf.

 

Dass der Vorgang beispielsweise ehrenamtliche Flüchtlingshelfer in ihrer mehrfach auch öffentlich geäußerten kritischen Haltung gegenüber den zuständigen Abteilungen der Verwaltung bestätigen könnte, ist ein weiterer Aspekt, der Martin Hebich nach seiner Darstellung jetzt zum Handeln veranlasst hat. Direkt konfrontiert mit den gegen ihn im Raum stehenden Vorwürfen hat der Oberbürgermeister seinen Mitarbeiter eigenen Angaben zufolge bisher noch nicht. Dieser habe sich am Donnerstagnachmittag für ihn überraschend krank gemeldet.

 

Versuche der RHEINPFALZ, den Beamten auf verschiedenen Wegen zu kontaktieren und zu seinen Veröffentlichungen zu befragen, hatten bis gestern Nachmittag keinen Erfolg. Einen über die Nachrichtenfunktion von Facebook übermittelten Fragekatalog ließ er unbeantwortet. Tatsächlich wurden aber im Laufe des Tages nahezu alle Beiträge aus dem öffentlich lesbaren Teil seines Facebook-Profils entfernt, möglicherweise komplett gelöscht.

 

Bürgermeister Andreas Schwarz (SPD) bezeichnet auf RHEINPFALZ-Anfrage das Verhalten des bislang in seinem Dezernat beschäftigten Mitarbeiters als „äußerst unpassend“. Hinweise auf die politischen Überzeugungen des Beamten seien ihm „im täglichen Umgang nicht begegnet“. Dass diese ein Grund für die anhaltende Kritik aus dem Kreis der in der Flüchtlingsarbeit engagierten Ehrenamtlichen sein könnten, bezweifelt der Sozialdezernent: „Ich kenne diese Reibungsflächen auch aus anderen Kommunen. In der Regel läuft der Kontakt hier ja nicht über den Abteilungsleiter.“

 

Der Bürgermeister räumt ein, die Äußerungen des Mitarbeiters schon zu einem früheren Zeitpunkt „durchaus bemerkt“, mit dem Mann darüber gesprochen und ihn auf mögliche Konflikte mit seiner dienstlichen Tätigkeit hingewiesen zu haben – damals allerdings ohne Folgen. Als die Frequenz der „einseitigen politischen Beiträge intensiver“ wurde, sei der Vorgang im Stadtvorstand besprochen worden.

 

Kritik daran, dass er selbst bei Facebook auf der Freundesliste des Beamten stehe, teilt Andreas Schwarz nicht. Er habe in dem sozialen Netzwerk mehr als 3000 „sogenannte Freunde“. Die Beziehung auf dieser Ebene sei für ihn der weiträumigste Begriff von Freundschaft. Er habe die meisten der mit ihm verknüpften Profile nicht abonniert. Dies gelte auch für den Mitarbeiter. Insofern bekomme er dessen Beiträge nicht automatisch angezeigt.