"Blood and Honour"-Strukturen in Thüringen wachsen wieder

Erstveröffentlicht: 
12.05.2017

Blut und Ehre: Das ist der Name einer Nazigruppierung, besser bekannt unter dem englischen Äquivalent "Blood & Honour". Dahinter steckt ein international agierendes Netzwerk der extremen Rechten. Kernspektrum sind Rechtsrock-Konzerte, Geld und Waffen. Schon im Jahr 2000 hat Deutschland diese Nazitruppe deshalb hierzulande verboten. In Thüringen tauchen aber wieder vermehrt Rechte auf, die sich offen zu Blood & Honour bekennen.

von Ludwig Bundscherer, MDR-AKTUELL-Thüringen-Korrespondent

 

Ein Hakenkreuz mit drei statt vier Armen, das ist das Zeichen von "Blood and Honour". Dieses Zeichen taucht trotz Verbots wieder vermehrt in Thüringen auf, sagt die Linke-Landtagsabgeordnete Katharina König: "In Thüringen ist das belegt durch eine Antwort, die ich auf eine kleine Anfrage erhalten habe, aus der hervorgeht, dass es circa 30 Vorfälle mit 'Blood & Honour'–Symbolik beziehungsweise 'Blood & Honour'–Bezug gegeben hat." 

 

Nazistrukturen als "Saufkumpels" abgetan


Auch das Landeskriminalamt bestätigt: Thüringen hat wieder "Blood and Honour"-Strukturen. Deswegen gab es schon im November vier Festnahmen in Suhl und Zella-Mehlis.

Thüringens Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer bemängelt, dass man solche Nazistrukturen lange als Saufkumpels abgetan hätte, die sich mit verbotenen Abzeichen wichtigmachen wollten: "Wir müssen aber feststellen, dass es internationale Vernetzungen – Österreich, Schweiz, Ungarn – gibt, die hier auch bei Veranstaltungen auftreten, sichtbar auftreten. Und dass sie umgekehrt auch unterwegs sind zu Schießtrainings ins Ausland." 

 

"Combat 18" führt Bombenanschläge durch


Kramer hat in seiner Behörde deshalb die Arbeitshypothese ausgegeben, dass hier erste Anzeichen von rechtsterroristischen Netzwerken vorliegen. Man müsse genau hinschauen, fordert deshalb auch die Linke-Landtagsabgeordnete König: "Das Entscheidende bei 'Blood and Honour' ist, sie haben einen militanten, einen bewaffneten Arm, nämlich 'Combat 18'. Die führen Bombenanschläge durch und werben auch dafür. Denen kann man sozusagen nachweisen, dass die Durchführung von Bombenanschlägen, wie sie 'Combat 18' begeht, so eins zu eins vom NSU in Köln in der Keupstraße begangen wurde."

 

Laut Verfassungsschutz schmiedet "Combat 18" auch bei den zahlreichen Thüringer Rechtsrock-Konzerten neue Netzwerke. Das größte dieser Konzerte wird am 15. Juli stattfinden, vermutlich bei Hildburghausen. Mindestens 5.000 Besucher werden es wohl werden, meinen der Verfassungsschutz und auch die Landtagsabgeordnete König: "Bands, Kontakte, Redner, die dort auftreten, sind zu mehr als der Hälfte dem 'Blood and Honour'-Spektrum zuzurechnen. Da ziehen sich dann die Neonazi-Verbindungen nicht nur quer durch Deutschland, sondern bis nach Russland und in die Schweiz sowieso." 

 

Internationale Verflechtungen


Vor allem die intensivierten Russlandkontakte der Thüringer Neonazis sind es, die Verfassungsschutzpräsident Kramer Sorgen machen. Einer der Mitorganisatoren des großen Rechtsrock-Festivals fliegt beispielsweise kommende Woche nach Russland: "Es gibt Vermutungen, dass diese rechtsextremistische Szene - wie alles andere, was sich in Russland abspielt - natürlich nicht ohne Aufmerksamkeit des Kremls beziehungsweise der russischen Sicherheitsorgane agiert. Insofern passt das in die Kategorie der Destabilisierungsstrategien, die in Russland gefahren werden und die wir auch in anderen europäischen Ländern erleben", glaubt Kramer.

 

Ziel sei es, die rechtsextremistische Szene international noch weiter zu vernetzen. Und dadurch, so fürchtet Kramer, steige die Gewaltbereitschaft.