Waffen-Beschlagnahmung

Waffen-Beschlagnahmung

In den vergangenen Wochen war im Baskenland viel von Waffen die Rede, von Entwaffnung, Entmilitarisierung. Von der freiwilligen Waffenabgabe von ETA über die Zivilgesellschaft war ausreichend die Rede. Doch auch die internationale Waffen-Mafiamacht von sich reden.

 

Vergangenen Januar schaffte eine andere Nachricht den Sprung in die Top-Überschriften der europäischen Presse: in Bilbao, Kantabrien und Katalonien wurden Tausende von Waffen gefunden, die offenbar auf dem legalen Markt gekauft wurden und auf dem illegalen Markt wieder verscherbelt werden sollten. Mit dem Arsenal verhaftet wurden 5 Personen, die mittlerweile alle ohne Kaution wieder auf freiem Fuß sind. Das überrascht in mehrfacher Hinsicht.


Zum einen wegen der Masse an Waffen, die seinerzeit sichergestellt worden waren. Die Pressefotos waren bereits eindruckvoll genug, von 10 bis 12 Tausend Waffen aller Art war die Rede. Nach drei Monaten U-Haft wurden am 10.4.2017 die letzten beiden Waffenhändler/innen freigelassen. Es handelte sich um Vater und Tochter, die einen legalen Waffenhandel als Tarnadresse benutzt hatten, um ein riesiges Arsenal von Waffen zu horten.


Der Deal, so die Polizei, war einfach: auf dem riesigen legalen Markt, der von Waffen-Narren,Militärs und Neonazis kontrolliert wird, wurden unbrauchbar gemachte Waffen gekauft, die dann mechanisch wieder brauchbar gemacht wurden, um sie wieder zu verkaufen. Illegal und wer weiß an wen. Wäre ETA noch bewaffnet, wäre sicher auch dieser Name gefallen. So blieben die Mafia (aller Art) und islamistische Gruppen als plausible Kunden, unterschlagen wurden Rechtsradikale, die sich wie überall gerne mit Waffen eindecken. Heute mehr denn je.


Angeklagt werden die Beteiligten des illegalen Besitzes von Waffen, Waffen-Schmuggels, Mitgliedschaft in einer kriminellen Bande und Dokumenten-Fälschung. Im Zusammenhang mit ETA oder Ähnlichem würde das locker 20 Jahre bedeuten, ohne vorübergehende Freilassung, mit oder ohne Kaution. Das „gigantische Waffenlager“ (rechte Presse) flog auf im Zusammenhang mit einem Anschlag auf das Jüdische Museum in Brüssel im Jahr 2014., dieSpuren zweier Waffen führten in die baskischen Waffengeschäfte in Getxo und Basauri.


In einer Zeit, in der islamistische Anschläge in Nizza, Berlin, Dortmund, Paris oder Petersburg fast an der Tagesordnung sind, überrascht die Sorglosigkeit im Umgang mit den Waffen-Dealern, vor allem, wenn es um derart große Mengen an Mordinstrumenten geht. Stellt sich die Frage, warum das so ist!


Die erste Antwort ist, dass Waffengeschäfte zum besten Industriezweig des Kapitalismus gehören und einen wirtschaftlichen Sonderstatus haben (der Vatikan ist bekanntermaßen Hauptverdiener der internationalen Waffen-Industrie). Zweite Antwort: die Polizei steht auf beiden Seiten der legalen Linie, soll heißen, den ausgebildeten Waffen-Narren muss es schwer fallen, ihresgleichen festzunehmen, weil sie illegal Waffen horten, was die legal Bewaffneten sicher auch gerne täten (oder tun, solange sie nicht erwischt werden).


Drittens, der „legale“ nationale Waffenmarkt wird kontrolliert von einer Mischung aus rechtlastigem Personal, Polizei, Militärs, Neonazis und „unpolitischen“ Fans, er hat eine starke Lobby und wird von der Politik protegiert. Kein Wunder, dass sich die „Asociacion Nacional del Arma de España“ (Nationale Waffenvereinigung Spaniens) lautstark zu Wort meldete und – in memoriam Burt Lancaster – ihre „Zweifel“ an der Polizei-Operation deutlich machte. Die Festgenommenen hätten einen untadeligen Leumund, hieß es da, mit der Mehrheit der gefundenen Waffenmarke sei noch nie ein Attentat gemacht worden, und es gäbe keine Beweise dafür, dass die Waffen wieder brauchbar gemacht werden sollten.


Die beiden zuletzt Freigelassenen werden als Leiter des riesigen Waffendeals bezeichnet, sie sind auf freiem Fuß. Würde einer der Verantwortlichen für die Abgabe der ETA-Waffen morgen erwischt, wäre sicher wenigstens ein Dutzend Jahre Knast fällig. Der spanische Staat hat Probleme, Waffen aus dem Verkehr zu ziehen, das ist offenbar. Denn ohne Waffen passiert nichts, wenn nichts passiert, entfällt das Argument für mehr Polizei und Kontrolle. So einfach. ETAs Waffenabgabe war insofern ein Rückschlag für die spanische Rechte, der gigantische Waffenfund ein Rückschlag für den Markt und die Lobby, der womöglich nur auf die internationale Verwicklung mit Belgien und die Ermittlungen von Interpol zurückzuführen ist. (Red.Baskinfo)


(Informationsquelle: „Libertad sin fianza para los dos detenidos de Getxo que poseían un gigantesco arsenal”, Tageszeitung El Correo, 11.4.2017)

 

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