Am Samstag, den 18.03.2017, versammelten sich über tausend Neonazis unter dem Motto „Defend Europe“ zu einem Rechtsrock-Konzert in einer Sporthalle in Heudicourt-sous-les-Côtes am Lac de Madine im Nordosten von Frankreich. Das Konzert organisierten die „Hammerskins“ mit Unterstützung durch das Neonazi-Netzwerk „Blood & Honour“. Deutsche und französische „Hammerskins“ schleusten hunderte Neonazis über Belgien nach Frankreich. Neben „Heiliger Krieg“ (Württemberg), „Division Germania“ (Mönchengladbach), „Blitzkrieg“ (Chemnitz) und „Squadron“ (Großbritannien) trat als Headliner die australische Band „Fortress“ auf.
Die „Blood & Honour“-Band „Fortress“ veröffentlichte ihr erstes Album 1992 bei dem deutschen Label „Rock-O-Rama Records“. Der „PC-Records“- Betreiber Yves Rahmel aus Chemnitz bewertete „Fortress“ am 16.12.2016 folgendermaßen: „Die kann man ruhig in einem Zug mit Skrewdriver nennen. Legendär und man schaut Vorraus der Dinge die da kommen!“. Auch der „Hammerskin“ Robert Kiefer schrieb begeistert: „Neue Kollektion von der Kultband Fortress aus Australien! Meiner Meinung nach einer der besten Bands überhaupt! Kann mich noch an ein Konzert 1999 bei Koblenz von ihnen erinnern! Tolle Zeit, tolle Musik!“
Aus einem Gespräch zwischen dem „Hammerskin“ und V-Mann Roland Sokol und dem Neonazi Michael „Mike“ Hansen geht hervor, dass Sokol bereits 2014 begann, den Auftritt der Band „Fortress“ zu planen. Hansen lebt seit Anfang 2013 in den USA, kommt ursprünglich aus Offenbach und war dort bei „Blood & Honour“ Hessen organisiert.
Hansen schrieb am 04.09.2014 an Sokol: „Gude, habe mit Dave und Scott von Fortress geschrieben, denke nicht das sich da was tun wird in nächster Zeit“. Scott McGuinness, der Sänger von „Fortress“, stand einer Reunion der Band jedoch skeptisch gegenüber: „Not sure to Play again - Really nice to hear from you, Mike! Love to catch up again, old friend!“ Auch Dave von „Fortress“ hatte die Hoffnung auf einen baldigen Konzertauftritt in Europa gedämpft: „Cheers mate. Yes a few gigs in europe would be good but I can't see it happening though - Yeah it would be fun but we have all gone our different ways. No one has seen sid for years. Ive only seen mark once in about 3 years and steve about the same. I still catch up with scott every fee months“. Aber Hansen versuchte weiter, die bekannteste Naziband Australiens zu einem erneuten Auftritt zu überreden: „Ich bleibe am Ball, und wer weiß evtl kommen die Jungs doch noch mal zurück auf die Bühne!“
Foto von Hendrik Stiewe: „Two days, two gigs. One of my dreams came true with seeing Fortress again after the last gig in 1999 I attended. Thanks to all the brothers that made this possible and the rest of the bands that supported Fortress on their european tour so far. Great to see friends from all over the world coming to Europe for this show. Now it's time to rest until we're going to Sweden next weekend for the final gig on this tour.“
Für Roland Sokol hätte es angesichts seines eigenen Gesundheitszustands auch gereicht, wenn nur Scott McGuinness einem Auftritt zugesagt hätte: „Ja, das Schicksal meint es nicht so gut mit mir. Ich komme grad von der Klinik in Heidelberg. Mit aller Kraft werde ich mich diesem Feind stellen, so gut es geht. Mir ist noch was ganz anderes eingefallen: Meinst Du, der Scott würde alleine nach Europa kommen, wenn man ihm gute Musiker zur Verfügung stellt?“ Zwar hat Sokol den Auftritt selbst nicht mehr erlebt, aber es bleibt festzuhalten, dass das Riesenevent auf die Initiative eines V-Mannes des deutschen Verfassungsschutzes zurückgeht.
Neonazis überwiegend aus Deutschland, aber auch aus benachbarten europäischen Ländern, wie Tschechien, Niederlande, Belgien, Schweiz und Italien reisten dafür in den abgelegenen Ort in die französische Provinz. Die Polizei nahm Kenntnis von dem Konzert und beobachtete das Geschehen mit wenigen Kräften aus der Ferne, so dass die Neonazis störungsfrei ihren Abend durchführen konnten. Bei einem wahrscheinlichen Ticketpreis von 30 Euro und mindestens 1000 verkauften Karten konnten die „Hammerskins“ an diesem Abend mindestens 30.000 Euro Umsatz machen. Hinzu kommen weitere Einnahmen durch den Verkauf von Getränken und Merchandising-Artikeln.
Wie üblich, können die Nazis nach solchen Großevents ihr Glück kaum fassen: Zehntausende Euro unversteuerten Gewinn, keinen Stress mit der Polizei, eine weitere Vernetzung der Naziszene und das alles unter den wachsamen Augen gleich mehrerer Geheimdienste. Gerade unter diesen Bedingungen ist es bitter nötig, dass antifaschistische Recherchen ein ums andere Mal die kleinen und großen Events der Naziszene ans Licht der Öffentlichkeit zerren und über unabhängige Medien skandalisieren.