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Weitere Ermittlungsverfahren
Wie der Antwort auf eine kleine Anfrage (Drs 6/8059) des sächsischen Landtagsabgeordneten Valentin Lippmann (Bündnis 90/Die Grünen) zu entnehmen ist, trat eine Vielzahl der Angreifer des 11. Januar 2016 in jenem Jahr durch weitere Straftaten in Erscheinung. Konkret fragte Lippmann, welche weiteren Ermittlungsverfahren gegen die 215 Personen zwischen dem 11. Januar 2016 und Anfang 2017 eingeleitet wurden.
Die folgende Grafik schlüsselt alle Straftaten im Jahr 2016 und teilweise Januar 2017 auf, derer die Angreifer bislang verdächtigt werden oder wurden. Einzelne Verfahren wurden eingestellt, in den meisten Fällen dauern die Ermittlungen an. Die Grafik umfasst selbstverständlich nur Straftaten, zu denen Tatverdächtige ermittelt werden konnten. Auch führen nicht alle Ermittlungsverfahren zur Anklage und nicht alle Anklagen zu Verurteilungen. Von den Ermittlungsverfahren sind bzw. waren 68 der 215 Angreifer betroffen. Neben szenetypischen Straftaten wie Landfriedensbruch, Sachbeschädigung und Körperverletzung werden einzelne Personen auch etwa des Einschleusens von Ausländern und der Vergewaltigung bzw. sexuellen Nötigung verdächtigt.
Marcus Kottke
Der Vorwurf des Einschleusens von Ausländern bezieht sich auf Marcus Kottke, ein Aushängeschild des „Imperium Fight Teams“. Kottke verdient sein Geld u.a. im Rotlicht-Mileu und im Sicherheitsgewerbe. Das Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Noch ermittelt wird gegen Marcus Kottke wegen gefährlicher Körperverletzung, Insolvenzverschleppung und Vergehens nach dem Pflichtversicherungsgesetz.
Die Auswertung der Facebook-Beziehungen der 215 Angreifer führt zu Marcus Kottke als diejenige Person, die am besten mit den Angreifern vernetzt ist.
Benjamin Brinsa
Es ist zu berücksichtigen, dass der Trainer und Hauptprotagonist des Kampfsportteams, Benjamin Brinsa, überwiegend durch seine Facebook-Seite agiert. Orientiert man sich an den Facebook-Likes der Angreifer, so kristallisiert sich die tragende Rolle von Benjamin Brinsa heraus.
Der Überfall auf Connewitz am 11. Januar 2016 wurde lange im Voraus geplant. Sowohl durch die Nazigruppe „Brigade Halle“ als auch die „Kamderadschaft Dresden“ wurden im Vorfeld öffentliche Vorankündigungen zum Angriff gemacht.
Am Tag des Überfalls war es Benjamin Brinsa, der auf einem Parkplatz an der Autobahnabfahrt Naunhof an der A14 eine Ansprache an die Täter hielt und sie auf den Angriff einschwor. Dass Brinsa den aus allen Himmelsrichtungen angereisten Angreifern eine andere Szenerie ankündigte als sie sich letztendlich in der Wolfgang-Heinze-Straße abgespielt hat, sorgte in den eigenen Reihen für gewaltigen Ärger. So teilte Patrick Gamel Singh per E-Mail mit, dass man „eigentlich zu Pegida“ wollte.
Während Brinsa jüngst im Rahmen eines Gerichtsprozesses behauptete, er sei ein mittelloser Hartz-IV-Empfänger, muss man sich die Frage stellen, wie er seine regelmäßigen Auslandsaufenthalte finanziert. Brinsa selbst gab noch im Januar 2017 auf seiner Facebook-Seite zu verstehen, dass sein Leben „mit Hartz nicht viel zu tun hat“.
Bei der Suche nach einer Antwort auf die Frage, womit Benjamin Brinsa tatsächlich sein Geld verdient, hilft ein Vergleich mehrerer Fotos.
Die oberen Fotos sind Bestandteil einer Öffentlichkeitsfahndung der Polizeidirektion Leipzig vom 16. Januar 2017. Damit möchte die Leipziger Polizei den Dieb eines Motorrades ausfindig machen, der am 20. September 2016 gegen 23 Uhr in der Schkeuditzer Fontanestraße ein Motorrad im Wert von rund 7000 Euro gestohlen hat.
Anhand der Größe, Statur sowie der Nase liegt die Vermutung nahe, dass es sich bei dem teilweise vermummten männlichen Motorraddieb um Benjamin Brinsa handelt. Die unteren Fotos sind Vergleichsbilder von Brinsa.
Dazu passt, dass Benjamin Brinsa sich bereits in der Vergangenheit wegen des Vorwurfs von Autodiebstählen vor Gericht verantworten musste. Es drängt sich der Verdacht auf, dass Benjamin Brinsa und sein unmittelbares Umfeld im gewerblichen Stil Fahrzeuge entwenden und gewinnbringend weiter veräußern. Da Brinsa sich seit geraumer Zeit in Kreisen der organisierten Kriminalität bewegt, ist davon auszugehen, dass er über entsprechende Kontakte verfügt, um Käufer für gestohlene Fahrzeuge und Fahrzeugteile zu finden.
Thomas Kuhbach
Neben Benjamin Brinsa kommt auch dem Neonazi Thomas Kuhbach eine besondere Bedeutung zu. Es kursiert das Gerücht, Thomas Kuhbach sei eine Vertrauensperson des sächsischen Verfassungsschutzes oder der Polizei, die den Sicherheitsbehörden relevante Informationen und Szenekenntnisse zur Verfügung stelle. Dafür spricht auch, dass die Justiz Kuhbach seit Jahren verschont. Die Liste der Straftaten und gewalttätigen Aktionen, an denen er beteiligt war, ist lang:
- 2003: Verurteilung wegen Sachbeschädigung
- 2006: Verurteilung wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte
- 2007: Verurteilung Wegen Körperverletzung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte
- 23. Februar 2008: Während 100 vermummte Nazis in Colditz randalieren, wird im Ort ein Auto gesehen, das Kuhbach zugeordnet wird. Trotzdem wird gegen Kuhbach nicht weiter ermittelt.
- 11. April 2008: Beteiligung am Angriff auf das Kulturzentrum „Anker“, schlug mit einem Teleskopschlagstock Scheiben ein.
- 20. April 2008: Beteiligung am Brandanschlag auf das Fanlokal „Fischladen“ des Roten Stern Leipzig, das sich in einem bewohnten Haus befindet. Trotz erwiesener Schuld wird das Verfahren eingestellt, weil im Nachtbus-Prozess eine höhere Strafe erwartet wird.
- 1. Mai 2008: Beteiligung am Angriff auf Linke in einem Nachtbus. Die angreifenden Nazis verletzten einen 19-Jährigen schwer. Kuhbach zerschlägt mit einem Teleskopschlagstock ein Seitenfenster des nahezu voll besetzten Busses. Im Verlauf des Prozesses bedroht Kuhbach Zeugen. Das Amtsgericht verurteilt Kuhbach zu zwei Jahren und acht Monaten Haft. Im Berufungsverfahren wird die Strafe auf zwei Jahre reduziert, die zur Bewährung ausgesetzt werden.
- 17. September 2009: Kuhbach bedroht linke Jugendliche in Wittenberg.
- 4. Oktober 2009: Kuhbach ist bei einem brutalen Naziübergriff auf Fans der BSG Chemie Leipzig anwesend.
- 03. August 2013: Beteiligung an den Ausschreitungen beim Spiel des 1. FC Lok Leipzig in Babelsberg.
- 24. November 2015: Angriff auf die Wohnung des sächsischen Justizministers Sebastian Gemkow. Die Täter werfen große Pflastersteine durch alle Fenster der Wohnung, in der auch Kinder schlafen. Der Angriff galt offenbar einer benachbarten Wohnung, in der damals die Modefirma „Mob Action“ saß.
- 11. Januar 2016: Beteiligung am Angriff in Connewitz
- 25. September 2016: Beteiligung am versuchten Angriff auf Fans der BSG Chemie Leipzig in Gera
Aus der Antwort auf die oben genannte kleine Anfrage geht hervor, dass im Jahr 2016 vier weitere Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung gegen Thomas Kuhbach eingeleitet wurden. Zwei davon beziehen sich auf Straftaten in den Jahren 2010 und 2012, beide wurden von der Staatsanwaltschaft gemäß § 153 Abs. 1 StPO wegen Geringfügigkeit eingestellt. Eine Bedingung für eine solche Einstellung ist, dass kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht. Die Verneinung dieses öffentlichen Interesses verhöhnt die Opfer des Intensivtäters Thomas Kuhbach und untermauert den Verdacht, dass die Leipziger Justiz eine schützende Hand über den Neonazi hält.
Allein für den Angriff auf die Wohnung des sächsischen Justizministers wäre wohl jeder andere Täter sang- und klanglos in Untersuchungshaft genommen worden. Der mehrfach vorbestrafte Kuhbach, der immer wieder durch Gewalttaten auffällt, blieb jedoch auf freiem Fuß. Bemerkenswert ist auch, dass Kuhbach ein freundschaftliches Verhältnis mit dem Leipziger Rechtsanwalt Denis van Ngoc pflegt. Van Ngoc betrieb bis zu Gemkows Amtsantritt Ende 2014 eine gemeinsame Kanzlei mit dem sächsischen Justizminister.
Fehlende Fotos
Trotz umfangreicher Bemühungen liegen zu einigen beteiligten Personen noch keine Fotos vor. Von folgenden Angreifern werden noch Bilder und weitere Informationen gesucht:
27 – Felix Dachsel
Geburtsdatum: 18.05.1997
Wohnort: Mockrehna
32 – Jens Enigk
Geburtsdatum: 20.02.1980
Wohnort: Salzatal
34 – Ronny Eysoldt
Geburtsdatum: 31.10.1981
Wohnort: Dohma OT Cotta
41 – Frank Flegel
Geburtsdatum: 15.05.1971
Wohnort: Leipzig
48 – Torsten Friedrich
Geburtsdatum: 21.05.1975
Wohnort: Leipzig
49 – Mathias Funke
Geburtsdatum: 24.06.1981
Wohnort: Dresden
53 – Marc Gosse
Geburtsdatum: 20.02.1983
Wohnort: Leipzig
63 – Phillip Hartwig
Geburtsdatum: 17.11.1992
Wohnort: Berlin
64 – Stephan Häsler
Geburtsdatum: 09.07.1982
Wohnort: Neukieritzsch
79 – Erik Hunger
Geburtsdatum: 12.08.1987
Wohnort: Dresden
82 – Tobias Kayser
Geburtsdatum: 23.12.1981
Wohnort: Leipzig
84 – Detlef Dominik Kirsten
Geburtsdatum: 30.09.1988
Wohnort: Leipzig
93 – Rick Kraatz
Geburtsdatum: 14.03.1988
Wohnort: Berlin
111 – Danny Leschik
Geburtsdatum: 24.09.1984
Wohnort: Rosenowstraße 69 / 0401, 04357 Leipzig
112 – David Liebscher
Geburtsdatum: 04.01.1991
Wohnort: Erfurt
116 – Andreas Mandrysch
Geburtsdatum: 22.12.1973
Wohnort: Leipzig
124 – Rene Müller
Geburtsdatum: 03.01.1987
Wohnort: Leipzig
125 – Mirko Naupold
Geburtsdatum: 08.12.1992
Wohnort: Leipzig
133 – Christopher Politz
Geburtsdatum: 26.07.1984
Wohnort: Berlin
143 – Felix Dieter Rüffert
Geburtsdatum: 28.02.1984
Wohnort: Leipzig
149 – Daniel Schindler
Geburtsdatum: 09.05.1986
Wohnort: Dresden
Geburtsdatum: 03.01.1995
Wohnort: Liebschützberg OT Borna
156 – Markus Schönherr
Geburtsdatum: 24.12.1983
Wohnort: Dohma
161 – Christian Schulze
Geburtsdatum: 25.12.1985
Wohnort: Leipzig
162 – Henri Schulze
Geburtsdatum: 19.11.1974
Wohnort: Leipzig
174 – Tom Staletzki
Geburtsdatum: 30.08.1990
Wohnort: Berlin
188 – Nico Traut
Geburtsdatum: 08.11.1976
Wohnort: Dresden
190 – Christopher Trepte
Geburtsdatum: 11.10.1989
Wohnort: Leipzig
192 – Oliver Wagner
Geburtsdatum: 14.04.1987
Wohnort: Leipzig
200 – Ingo Weser
Geburtsdatum: 12.01.1980
Wohnort: Leipzig
206 – Norman Will
Geburtsdatum: 01.04.1983
Wohnort: Berlin