Auf dem Heimatplaneten für rechtsextreme Ufologen

Erstveröffentlicht: 
23.02.2017

Der Kopp-Verlag wurde mit Ufo-Büchern groß. Dann kam die Flüchtlingskrise. Seither sammeln sich um den Verlag Ufologen, Rechtsextreme und Verschwörungstheoretiker. Ein Besuch, der die Augen öffnet.

 

23.02.2017, von Rüdiger Soldt, Rottenburg

Das Rottenburger Gewerbegebiet „Siebenlinden III“ sollte mal ein Technologiepark mit Vorzeige-Start-ups werden. Entstanden ist ein profaner Gewerbepark mit billigen Imbissen, Tankstellen, einem Baumarkt, metallverarbeitenden Firmen, Lagerhallen. An einer Straßenkreuzung ist ein Bordell. Eigentlich kein Gelände, das sich Verleger und Lektoren für die geistige Produktion suchen. Jochen Kopp wählte die Ackerfläche in den Neckarauen im Norden Rottenburgs dennoch als Standort für seinen gleichnamigen Verlag aus. Es sind nämlich nur vier Kilometer bis nach Wurmlingen, wo Kopp aufgewachsen ist. Aus den Büros an der Nordseite des Verlags kann man bis zur Wurmlinger Kapelle schauen.

Zwischen gefrorenen Schilfgräsern steht Manfred Kopp, der Vater des Verlegers. Hin und wieder hilft er seinem Sohn bei der Gartenarbeit oder beim Laubfegen. „Wir reden nicht gern mit der Presse, uns ist da zu viel Geschmier in den Zeitungen. Man sieht ja jetzt, es war nicht alles falsch, was wir veröffentlicht haben.“ Er meint die Folgen der Flüchtlingskrise, die Anschläge, den islamistischen Terrorismus. Ohne die Flüchtlingskrise würde vom Kopp-Verlag in Rottenburg niemand Notiz nehmen. Denn esoterische Verlagshäuser für Trivial- und Gesundheitsliteratur gibt es schon länger. Doch der Kopp-Verlag hat sich spätestens seit 2015 zu einem der maßgeblichen Ideenlieferanten für die Anhänger von AfD und Pegida, Rechtsextremisten und andere Kritiker der Merkelschen Flüchtlingspolitik entwickelt. „Grenzenlos kriminell“, „Die Asylindustrie“, „Wiederentdeckung der Knochenbrühe“, „GEZ-Zwangsgebühr“ oder „Deutschland wird zum Links-Staat“ – diese Titel sind nur ein kleiner Ausschnitt aus dem aktuellen Kopp-Verlagsprogramm.

Auf „Kopp-Online“ heißt es: „Überall Panzer und Soldaten zum Schutz vor Migrantenbanden“ oder „Merkel-Republik Deutschland: Der Countdown zum Bürgerkrieg beginnt“. Auch harmlose Titel wie „Nichtraucher in 120 Minuten“ oder „Du kannst schaffen, was du willst“ kann man bei Kopp bestellen, außerdem eine „Blue-Magic-Kugel“, die den Schweißgeruch in der Waschmaschine stoppen soll, oder Magnesiumöl gegen Verdauungsprobleme. Jochen Kopp war viele Jahre Polizist, dann stieg er aus und gründete 1993 seinen Verlag, angeblich in einem Keller, weshalb eine Zeitung ihn einmal höhnisch den „Kellerwurmling“ nannte. An diesem Tag verlassen drei Schwerlaster eines Paketdienstes das Firmengelände, beladen mit Büchern von Kopp. Etwa 60 Mitarbeiter sind hier beschäftigt, bis zu 25000 Bücher versendet der Verlag nach eigenen Angaben pro Tag. Fünf bis zehn neue Bücher bringt er pro Monat heraus, der Jahresumsatz liegt bei etwa zehn Millionen Euro. Kopp führt seine Firma als Einzelunternehmen, er ist somit voll haftender Einzelkaufmann, ihm soll und kann niemand reinreden. Kein Aufsichtsrat, kein Vorstand, kein weiterer Geschäftsführer. Im Kopp-Verlag bestimmt Kopp allein Inhalte und Strategie.

Enthüllungswerke über Ufos

Zu den ersten Büchern, die kurz nach der Verlagsgründung vertrieben wurden, gehörten Enthüllungswerke über Ufos. „Wer die Entwicklung kontinuierlich verfolgt“, schrieb Kopp im „UFO-Kurier“ 1997, „erkennt, dass Ufos weit mehr sind als nur Täuschungen, Fälschungen und Halluzinationen. Von Monat zu Monat wird uns erneut vor Augen geführt: Ufos sind real.“ Ufologie, Geheimgesellschaften, Außerirdische – das waren die frühen Themen des Kopp-Verlags, als noch niemand über „Wir schaffen das“ oder Flüchtlingsselfies der Kanzlerin sprach. 2004 erschien das Buch „Hochtechnologie im Dritten Reich“ von Axel Stoll. Für den mittlerweile verstorbenen Autor war der Fernseher nichts anderes als ein „Elektro-Jude“.

Stoll war ein rechtsextremer Esoteriker, der auch an „Reichsflugscheiben“ glaubte und an den „esoterischen Hitlerismus“. Danach ist Adolf Hitler mit einer „nationalsozialistischen Reichsflugscheibe“ nach Hohlerde geflüchtet, wo er mit seinen treuen Freunden von der SS seine Wiederkunft vorbereitet. Später gab es bei „Kopp-Online“ auch ein ausführliches Interview mit Jan Udo Holey, einem ebenfalls bekannten rechtsextremistischen Esoteriker. Der in Verfassungsschutzberichten erwähnte Autor glaubt an eine Verschwörung von Illuminaten, Juden und Freimaurern.

Viermal fragen wir bei Jochen Kopp ein Interview an. Zunächst stellt er ein Gespräch in Aussicht, spätere E-Mails und Anrufe werden nicht mehr beantwortet. Kopp tritt verbindlich auf, er wird in Rottenburg durchaus als freundlicher Mensch beschrieben. Aussteiger aus seiner Firma gibt es angeblich nicht. Während der Flüchtlingskrise soll er eine frühere Firmenhalle sogar als Unterkunft angeboten haben, in Rottenburg unterstützte er viele Jahre den Sportverein TV Rottenburg 1861, den größten Verein der 40.000-Einwohner-Stadt. Die Volleyballer spielen sogar in der Bundesliga.

Kopp hat eine Mission

Im Januar klingeln wir am Eingang des dreistöckigen, modernen Bürogebäudes. Eine Mitarbeiterin kommt zur Pforte. „Herr Kopp hat heute Ganztagsbesucher, da darf ich gar nicht stören“, sagt sie zur Erklärung. Kurze Zeit später kommt ein weiterer Mitarbeiter: „Ich möchte Sie bitten, unser Grundstück sofort zu verlassen.“

Der Vertrieb rechtspopulistischer Literatur ist für Kopp kein Nebengeschäft, mit dem er nur die Kasse aufbessert. Kopp hat eine Mission. Mit der Internetseite „Kopp-Online“ und „Kopp-Nachrichten“, einem Youtube-Kanal, versuchte Kopp, auf politische Diskussionen Einfluss zu nehmen. Im Vorwort des Dezember-Katalogs schreibt er, die „Qualitäts-Journalisten“ wollten ihre Leser nur noch „politisch korrekt“ erziehen. Er dagegen biete Informationen, die nicht nach „volkspädagogischen Gesichtspunkten“ aufgearbeitet worden seien.

Damit nicht jeder gleich ein Buch lesen muss, der sich von der volkspädagogischen Bevormundung emanzipieren will, veranstaltet der Verlag in unregelmäßigen Abständen Kongresse. Im vergangenen Oktober fand einer in den Stuttgarter Messehallen statt. Journalisten waren nicht erwünscht. An dem Kongress nahmen Bürger teil, die die Bundesrepublik für eine GmbH halten und Merkel und Obama für „Marionetten der reichen Juden“. Und Journalisten für Menschen, die an der Universität „abgerichtet“ werden, um die Vorgaben ihrer Verleger zu erfüllen. So oder ähnlich antworteten sie jedenfalls auf die Fragen von Fernsehreportern.
„Kopp-Panik-Sirenen“ und Pfefferspray für den Notfall

Wenige Wochen später: ein zweiter Kongress in Augsburg, Thema: „Geopolitik“. Die Bestseller-Autoren des Verlags sind als Referenten angereist. Unabhängige Journalisten sind vor und in der Halle nicht erwünscht, der Autor reiht sich in die Schlange der wartenden Teilnehmer ein. Im Foyer der Stadthalle sind die Verlagsprodukte ausgestellt, darunter ein Handbuch zum Überleben in Krisenzeiten. Für den Fall, dass es in deutschen Städten zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen kommt, kann man daraus entnehmen, wie man Schwarzwurzeln und Pastinaken anbaut. „Kopp-Panik-Sirenen“ für 7,99 Euro und Pfefferspray liegen gleich neben den Büchern für den Ernstfall. William F. Endahl referiert über die „Manipulation der öffentlichen Meinung durch anglo-amerikanische Denkfabriken“, Wolfgang Effenberger über die „US-amerikanische Geopolitik“, Peter Orzechowski über einen Lieblingsfeind der antisemitischen Rechten, den Finanzinvestor George Soros.

Effenberger stellt die Behauptung auf, die Nato und die EU seien „bösartige Organisationen“, die von den Vereinigten Staaten eingerichtet worden seien. Es sei kein Zufall, dass seit dem unkontrollierten Flüchtlingszustrom kein Versuch zur Friedensstiftung mit dem „demokratischen Staatschef Assad“ gemacht worden sei, die Amerikaner wollten die Weltherrschaft und die Scheichs in Saudi-Arabien die Islamisierung Europas. Orzechowski spricht dann über die „Agenda des Volksaustausches“, die hinter der Flüchtlingskrise stehe. Verantwortlich sei ein Mann wie George Soros mit seinen Stiftungen. „Wir müssen nichts phantasieren, wir müssen nur schauen, was diese Herrschaften wollen.“ Orzechowski erwähnt mit keiner Silbe, dass Soros aus einer jüdischen Familie aus Ungarn stammt, aber in seinem Referat ist Soros Inbegriff des bösen, kapitalistischen Juden, der im Hintergrund die Fäden zieht und angeblich Interesse daran hat, Europa durch die Aufnahme von Migranten zu schwächen und politisch zum Einsturz zu bringen. „Unsere Politiker sind gekauft, wir glauben immer noch, dass die für uns kämpfen, das können Sie vergessen“, sagt Orzechowski. Weil Soros an einer Firma beteiligt sein soll, die Wahlautomaten produziert, unterstellt ihm der Redner letztlich sogar, für Wahlfälschungen mitverantwortlich zu sein. Der Staat werde von Großunternehmen und Geheimdiensten gesteuert.

Kaum Interesse an Belegen oder Quellen

Es sind viele jüngere Zuhörer gekommen, verliebte Ehepaare und auch ältere Herren vom Typ Diplomingenieur in karierten Outdoor-Hemden. Keine These ist zu steil, als dass sie hier nicht vorgetragen würde. Von den mehr als 300 Zuhörern fragt nicht einer nach Belegen oder Quellen für die Thesen der Referenten.

Matthias Erzberger, doziert der Marketingfachmann, sei ja ein „noch größeres Dreckschwein“ als die Merkel. Er habe die Einkommensteuer eingeführt und Deutschland an die Alliierten verraten. Parteien wie die AfD oder Bewegungen wie Pegida würden auch nicht viel weiter helfen, auch Frauke Petry und Lutz Bachmann seien sicherlich V-Leute. „Dissidenten werden doch nur zugelassen, damit sie uns steuern.“ Schließlich sei auch Frauke Petry schon in der amerikanischen Botschaft gesehen worden. Mehrmals.

Kosmischer Kampf von Gut und Böse

Der Ufologen aus Ostdeutschland wirft ein: „Jetzt haben wir ja nur über die Bösen geredet. Wo sind denn die Guten? Der wahre Kampf zwischen Gut und Böse findet doch im Kosmos statt.“ Ein Geschäftsführer sagt: „Wenn das jetzt die Systempresse hören würde, dann würden die sich nur wieder lustig machen. Ich bin auch skeptisch bei diesen kosmischen Sachen, man sollte es aber diskutieren.“

Der Mann aus Ostdeutschland erwidert: „Es gibt gute Personen, zum Beispiel den Geistheiler Sananda.“ Wenn dessen Geist sich einer Wunde nähere, schließe diese sich von selbst. Niemand widerspricht oder stellt eine dieser Behauptungen in Frage. Es lacht auch keiner. Alle fühlen sich als Systemopposition, deshalb scheint auch alles erlaubt zu sein. Auch Zweifel an der Zahl der Opfer des Holocaust werden geäußert. Illuminaten, Freimaurer, „Frankisten“ würden die Welt beherrschen. „Jeder, der im System bleiben will, muss seinen Arsch verkaufen“, bilanziert ein ehemaliger Marketing-Manager. Gerhard Schröder, der frühere Bundeskanzler, sei wahrscheinlich „vom KGB hochgezogen“ worden. Merkwürdigerweise wird der Mann bei dieser Aussage etwas vorsichtiger: „Das weiß ich jetzt nicht so genau, da muss ich spekulieren.“ Unter Juden und Freimaurern habe es ja immer wieder auch „satanische Messen“ mit sexuellen Ausschweifungen gegeben, sagt er. Eine Frau, die mit einem Cappuccino an der fröhlichen Männerrunde vorbeigeht, horcht sofort auf. „Satanische Messen, das ist ja interessant“, sagt sie und setzt sich dazu. Seit 1776, sagt der Marketingfachmann, werde die Masse instrumentalisiert von einer kleinen Gruppe, das werde verschwiegen. „Wir werden in den Kopf gefickt.“ Es ertönt der Gong, die Stadthalle füllt sich wieder.

Es folgen Referate zur „Öl-Geopolitik“ und zur „perfiden Agenda hinter der Flüchtlingskrise“. Beim Kopp-Verlag wird pausenlos Geheimwissen enthüllt, aber selten etwas hinterfragt. Als Nächster spricht Daniele Ganser. Sein Vortrag ist nach dem Schema eines Methodistenpredigers aufgebaut. Als festes Element für die Zuhörer gibt es immer wieder einen Satz, an dem sich alle festhalten sollen: „Das Leben ist heilig.“ Ganser hält Islamisten nicht für die Täter des Anschlags auf das World Trade Center. Er glaubt, dass die Amerikaner in der Ukraine einen Stellvertreterkrieg führen und auch die ukrainische Regierung installiert haben könnten. In der Schweiz betreibt er ein Ein-Mann-Friedensforschungsinstitut, für einen Vortrag nimmt er 5000 Franken. Ein deutscher Politikwissenschaftler nannte Ganser einmal einen „Wissenschaftspopulisten“. Ganser sagt in Augsburg: „Verschwörungstheorie ist ein Kampfbegriff im Informationskrieg.“

Viel Beifall für Friedensforscher

Der syrische Diktatur Assad habe eine „klare Analyse“, Präsident Bush sei völkerrechtswidrig in den Irak einmarschiert. Die Nato bezeichne die Russen als böse, um Kriege führen zu können. „Das Leben ist heilig, bleiben Sie bei dieser Position. Es ist egal, ob sie Hartz-IV-Empfänger oder Milliardär sind.“ Ganser bekommt für seine Mischung aus Russophilie, Antiamerikanismus und pazifistischen Aussagen viel Beifall. Es ist wie in jedem dieser Vorträge: Die Autoren nehmen durchaus berechtigte Kritik etwa an der amerikanischen Außenpolitik oder der Flüchtlingspolitik zum Anlass, ihren Zuhörern wilde Theorien anzubieten, mit denen alles in Frage gestellt wird und denen zufolge die westlichen Demokratien nur noch Kartenhäuser aus Lügen sind – gebaut von Juden, Kapitalisten und Geheimdienstlern. Kritische Fragen bekommt auch Ganser nicht gestellt.

Rottenburg ist immer mal wieder als „Schwanzfeder“ des früheren Habsburgerreichs bezeichnet worden. Katholisch, konservativ, solide, bis heute Sitz des Bischofs der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Zwei Namen waren in der jüngeren deutschen Geschichte mit der einstmaligen oberösterreichischen Oberamtsstadt verbunden: Eugen Bolz und Joannes Baptista Sproll. Beide waren Nazi-Gegner, Bolz wurde von den Nationalsozialisten hingerichtet. Merkel ist gerade mit dem nach Bolz benannten Preis für ihre humanitäre Flüchtlingspolitik ausgezeichnet worden. Die Bücher des Kopp-Verlags liegen in der Buchhandlung am Rottenburger Marktplatz nicht im Regal.

Rechtspopulistisches Gedankengut

Kann in einer Stadt mit dieser Tradition ein Verlag seine Geschäfte betreiben, der rechtspopulistisches Gedankengut verbreitet, gewissermaßen ein Anstifter mit Massenwirkung für antiwestliches Denken ist? Albert Bodenmiller kämpft seit Jahren gegen den Kopp-Verlag. Allerdings nicht immer mit Erfolg. Bodenmiller war Ortsvorsteher der kleinen Nachbargemeinde Bad Niedernau, und er war Rottenburger Stadtrat. Früher stand er der CDU nahe, er ist heute 78 Jahre alt und politisch mit Lothar Späth und der katholischen Soziallehre groß geworden. Für manche in der CDU ist er ein Querulant, weil er den Frieden in der Kleinstadt immer mal wieder gestört hat. Bodenmiller sitzt im Lesezimmer im Erdgeschoss seines Hauses. Das Bücherregal ist gut bestückt mit Kunstbänden und Ausstellungskatalogen. „Man kann die Bücher des Kopp-Verlags nicht verbieten, wir können auch das Eigentumsrecht des Verlags nicht einschränken.“

Wir sollten aber eine moralische Frage stellen: „Können wir am Sonntag in den Rottenburger Dom gehen und diesem Mann zugleich ein Grundstück verkaufen, damit er seine Giftproduktion weiter steigern kann?“, fragt Bodenmiller. Das ist natürlich eine rhetorische Frage, der Mann hat alles versucht, um die Gemeinderäte von ihrer moralischen Verpflichtung zu überzeugen. Nach langwierigen Diskussionen stimmte der Gemeinderat 2001 für den Verkauf des 3,2 Hektar großen Geländes. „Politik muss auch nach moralischen Kriterien gemacht werden, es kann nicht nur um rechtliche Formalien gehen.“ Doch kann man einen Grundstücksverkauf verweigern, weil einem die Produkte eines Unternehmens nicht passen? Ist es zu rechtfertigen, Einfluss auf die Meinungsfreiheit zu nehmen, indem man die Expansion eines Unternehmens behindert? Ist das die Aufgabe von Kommunalpolitikern?

Widerstand gegen den Verlag

Bodenmiller sieht das Problem, aber er bleibt auch im Rückblick dabei, dass es ein Fehler war, das Grundstück an Kopp zu verkaufen. „Es war verhängnisvoll, dass Kopp eben auch ein großer Sponsor des Sportvereins gewesen ist, dass viele Gemeinderäte es sich mit dem Verein nicht verderben wollten.“ Einen großen Erfolg kann Bodenmiller im Kampf gegen Kopp immerhin vorweisen: 2013 verurteilte das Amtsgericht Heilbronn einen bekannten Autor des Verlags zu einer Geldstrafe in Höhe von 1800 Euro, weil er Bodenmilller als „SED-Gemeinderatsvorsitzenden“ bezeichnet hatte. „Man muss weiter versuchen, den führenden rechtspopulistischen Verlag Deutschlands zu entlarven, denn man darf zu unmoralischen Dingen nicht schweigen.“ Kritiker werfen dem Kopp-Verlag bis heute vor, weiter Bücher des rechtsradikalen Grabert-Verlags in Tübingen zu verkaufen.

Sie versuchen auch nachzuweisen, dass Neonazis einer Baufirma aus Altenburg an der Dachsanierung der Koppschen Fabrikhalle beteiligt gewesen sind. Der baden-württembergische Verfassungsschutz beobachtet den Verlag nicht. Dazu müssten „hinreichende Anhaltspunkte“ vorliegen, dass sich die Tätigkeit des Verlags aktiv gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richte. „Beim Kopp-Verlag sind die Voraussetzungen nicht erfüllt“, heißt es in einer Stellungnahme der Verfassungsschützer. Kritiker des Verlags bekamen schon Morddrohungen oder wurden mit Telefonanrufen terrorisiert. Dem Rottenburger SPD-Gemeinderat Hermann Josef Steur ging es zum Beispiel so. Im August 2015 fragte Steur den Verleger Kopp in einem offenen Brief, ob er damit einverstanden sei, wenn sein Autor Gerhard Wisnewski von einer „Kapitulation“ vor der „Migrationswaffe“ schreibe, wenn er Politiker „ferngelenkte Zombies“ nenne und wegen der „Invasion von Flüchtlingen“ den Verteidigungsfall ausrufen wolle. „Sie hätten auch die Möglichkeit gehabt, den Beitrag so nicht zu publizieren“, schrieb Steur und fragte, ob Kopp sich von dem Beitrag dieses Autors nicht „in aller Form und als Folge mit aller Konsequenz“ distanzieren wolle. Kopp lehnte das ab und schrieb, dass ihn das Vorgehen der SPD an die beiden Diktaturen im vergangenen Jahrhundert erinnere, in denen eine Partei den „Systemmedien“ Vorschriften gemacht habe. Steur und seine Familie bekamen über Wochen Hass-E-Mails. „Meiner Meinung nach“, sagt Steur, „könnte das auch organisiert gewesen sein.“ Kopp sei „Geschäftsmann und Gesinnungstäter: „Er bedient die negativen Gefühle und dann hängt er sich das Mäntelchen des Mäzens in Rottenburg um. Dass er selbst andere Meinungen vertritt, kann ich mir nicht vorstellen, dazu fehlen einfach entsprechende O-Töne.“

Der Kopp-Verlag hat auch „Das große Detox-Buch“ im Programm. Es handelt aber von der Belastung des Körpers durch Umweltgifte. Um die giftigen Thesen der Kopp-Autoren wieder aus der Welt zu schaffen, hilft es nicht.