Westliche Feierkultur oder: Vom „Föttchesföhlen“

Screenshot von foetchesfoehler.de
Erstveröffentlicht: 
10.02.2017

Die mittlerweile so übliche wie schroffe Unterscheidung von denen dort und uns hier – das Gerede von den Kulturen also – hält einem genaueren Blick nicht stand. Auch die Feierkulturen zersplittern in unzählige Varianten mit diversen, mehr oder weniger problematischen Ausprägungen. In Tunis, Istanbul oder Kairo steigen mitunter die freakigsten Elektrosausen, nicht selten unter schwierigen Rahmenbedingungen. Die globale Kulturindustrie kennt in diesen Dingen kaum Grenzen; ähnlich wie der Turnschuh der Goldenen Zitronen. Neben den bekannten Mustern religiöser Prägungen, die ohne Zweifel Differenzen und Eigenheiten produzieren, spielen auch in diesen Regionen der Welt soziale Unterschiede eine gewichtige Rolle. Etwa arm und reich, Stadt und Land oder alt und jung.

 

Diese scheinbar andere Feierkultur ist also vielfältig, was bereits andeutet, dass es mit der einen homogenen westlichen Feierkultur selbst nicht so weit her sein kann. Das Attribut „westlich“ signalisiert, dass in einem ziemlich großen Raum, etwa von San Francisco bis – tja, wer weiß das so genau – Moskau vielleicht auf zumindest ähnliche Weise gefeiert wird. Unklar bleibt jedoch, was Schuppen wie der Boilerroom in Berlin mit einer Kirmes in Bad Liebenstein oder dem Oktoberfest verbindet. Was hat die Champagnersause im Londoner Nobelviertel mit industriellen Bässen im Technoclub zu tun?


Dabei gibt es so etwas wie eine westliche Tradition des Feierns: den Karneval. Kaum etwas ist stilbildender und prägender für eine Kultur des Festes als jene sogenannte „Zeit zwischen den Zeiten“. Das Karnevaleske war lange die große Parodie religiöser Strenge, verbunden mit einer zeitweiligen Umwertung aller Werte, ein exzessives Gelage abseits aller Regeln. Die nüchterne Moderne hat ihm allerdings den Charme der Überschreitung abspenstig gemacht. Und dennoch haben ein paar Dinge überlebt, die so herrlich „westlich“ sind. In Köln etwa, dieser Tage ein Signalwort, gehört „föttchesföhlen“ wie selbstverständlich zum Programm.

 

„Dat is ne janz eifrige Föttchesföhler“ heißt es dann. Was sich lautmalerisch bereits offenbart, bestätigt auch das Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte in Bonn: Ein Föttschesföhler ist jemand, „der Frauen betatscht“ und „besonders häufig zur Karnevalszeit im Gewühle unterwegs“ ist. Der 1990 gegründete Kegelverein „De Fötchesföhler n.e.V.“, ein Verein mit ausgefeilter Karnevalsexpertise, beschreibt die Sache ähnlich. Wer sich mit diesem Namen schmücken darf, sei ein „sinneslüsternder Mensch, der die leidige Gewohnheit hat, andere, besonders weibliche Personen zu betasten und zu befühlen“.

 

In den Statuten des Vereins gibt es harte Strafen: „Wer eine Frau mit auf die [Kegel]bahn bringt, [zahlt] eine Runde Schnaps je Frau für alle Anwesenden.“ Na dann: Prost!