Polizei nach Legida-Rückzug: „Eine Baustelle weniger, aber kein Aufatmen“

Erstveröffentlicht: 
12.01.2017

Die regelmäßigen Legida-Aufzüge waren für die Polizei ein Kraftakt. Doch trotz des überraschenden Rückzugs des Legida-Bündnisses von der Straße bleibe die Belastung für die Beamten enorm hoch, warnt Polizeigewerkschafter Hagen Husgen.

 

Leipzig - Schon recht früh schien in Sachen Legida die personelle Schmerzgrenze für die Ordnungshüter erreicht. Nicht zuletzt auch wegen des von etlichen Initiativen und Privatleuten, aber auch von offiziellen Stellen befeuerten Protests. So wurden die ersten drei Legida-Aufzüge im Januar 2015 von insgesamt 9600 Polizisten abgesichert.

 

Allein am 21. Januar waren es 5100 Beamte, die gegen Blockadeversuche von Gegendemonstranten und Gewalttäter auf beiden Seiten vorgehen mussten. Am 9. Februar verbot die Stadt sogar eine Legida-Versammlung mit Verweis auf einen polizeilichen Notstand. Doch selbst an diesem Tag waren 1000 Beamte vor Ort. Fortan bezogen für die anfangs wöchentlichen Aufzüge jeweils zwischen 1100 und 1600 Einsatzkräfte sowie umfangreiche Technik in der Leipziger Innenstadt Stellung. Doch schon Ende 2015 kam die Polizei mit gut 300 bis 600 Beamten aus. Zum ersten Legida-Jahrestag am 11. Januar 2016, als zudem Rechtsextremisten und Hooligans in Connewitz einfielen, waren es dann wieder etwa 3000 Einsatzkräfte, auch zum zweiten Jahrestag war erneut ein Großaufgebot notwendig.

 

 

Legt man die Auskünfte der Staatsregierung auf etliche Einzelanfragen von Landtagsabgeordneten wie Juliane Nagel (Linke) für die Berechnung zugrunde, kamen von Anfang 2015 bis Ende 2016 für die Polizei in Leipzig 45 Legida-Einsätze mit mehr als 46 000 Beamten zusammen.

 

Zu den Kosten schweigen sich die Behörden aus. Auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten André Schollbach (Linke) erklärte Innenminister Markus Ulbig (CDU): „Im Freistaat Sachsen wird im Zusammenhang mit Einsätzen keine Aufschlüsselung von Kosten für die sächsischen Einsatzkräfte vorgenommen.“ Nach Angaben der Polizeigewerkschaft kostet die Einsatzstunde eines Beamten 74 Euro – bei 1000 Beamten sind es 74 000 Euro pro Stunde. Teurer wird es, wenn Kräfte aus anderen Bundesländern zur Verstärkung kommen.

 

So lagen die Kosten bei der Legida-Demo am 11. Januar 2016 bei über 1,04 Millionen Euro – allein Auswärtige kosteten rund 886 530 Euro.

 

„Zuletzt haben die Legida-Demos aber nicht mehr so viel Personal gebunden“, so Husgen. Dass Legida sich als Demo-Veranstalter zurückziehen und mehr der Kleinkunst widmen will (die LVZ berichtete), „bedeutet nicht, dass sich die Lage für die Polizei entspannt.“ Von einem Abbau der unzähligen Überstunden könne noch immer keine Rede sein. Und auch der Verfahrensstau – Ende 2016 gab es bei der Leipziger Polizei 26 186 offene Vorgänge – werde sich damit nicht auflösen. „2017 findet in Sachsen noch immer Stellenabbau bei der Polizei statt“, sagte Husgen. Außerdem seien neue Schwerpunkte hinzu gekommen wie die Terrorgefahr und Großeinsätze etwa wegen möglicher Übergriffe zu Silvester.

 

Doch auch in Sachen Demos bleibt es brisant: Wie die Stadt gestern auf Anfrage bestätigte, plant die Partei „Die Rechte“ am 4. oder 18. März eine Demo in Connewitz. Zuletzt wollten die Rechtsextremen am 12. Dezember 2015 in den alternativen Stadtteil – danach versank die Südvorstadt in linksautonomen Krawallen.

 

Von Frank Döring