Wagenknecht macht Merkel für Anschlagsopfer mitverantwortlich

Erstveröffentlicht: 
04.01.2017

Grenzöffnung und Sparkurs bei der Polizei – die Linksfraktionschefin kritisiert die Kanzlerin wegen der Flüchtlingskrise. Ähnlich argumentierten bereits AfD-Politiker.

 

Die Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Sahra Wagenknecht, hat die Bundeskanzlerin für die Opfer des Anschlags in Berlin mitverantwortlich gemacht. "Es gibt eine Mitverantwortung, aber sie ist vielschichtiger", sagte Wagenknecht dem Stern. Neben "der unkontrollierten Grenzöffnung" nannte sie "die kaputtgesparte Polizei" als Gründe. Die Polizei sei "weder personell noch technisch so ausgestattet", wie es der Gefahrenlage angemessen sei. Ebenso fatal sei die Außenpolitik Merkels – die "von Merkel unterstützten Ölkriege der USA und ihrer Verbündeten" seien Grund der Existenz und Stärke des "Islamischen Staates".  

 

Wagenknecht sprach von einer Mitverantwortung Merkels für die Berliner Opfer und blieb damit in der Schärfe hinter dem nordrhein-westfälischen AfD-Politiker Marcus Pretzell zurück, der nach dem Anschlag am Berliner Breitscheidplatz mit zwölf Opfern von "Merkels Toten" gesprochen hatte. Die Polizei hatte angekündigt, die Äußerung strafrechtlich zu prüfen.  

 

Der Vorwurf der unkontrollierten Grenzöffnung wird gegen Merkel aus rechtskonservativen Kreisen immer wieder erhoben – obwohl die Außengrenzen Deutschlands im Zuge des europäischen Schengen-Abkommens seit Jahren offen sind. Merkel hatte Anfang September 2015 in Abstimmung mit der österreichischen Regierung Busse nach Ungarn geschickt, um dort auf der Autobahn gestrandete Flüchtlinge in deutsche Notunterkünfte zu holen. Kritiker werteten das – und auch spätere Besuche Merkels in Flüchtlingsunterkünften – als Einladung an Flüchtlinge, nach Deutschland zu kommen.

 

Zudem bemängeln sie, dass Deutschland das Dublin-Abkommen aussetzte, demnach Flüchtlinge ihre Asylanträge in jenem EU-Land stellen müssen, das sie zuerst betreten – in hauptsächlich also Griechenland oder Bulgarien. Die Bundesregierung hatte inmitten der Flüchtlingskrise diese Regelungen nicht mehr vollzogen – die Asylsuchenden also nicht in die Ankunftsstaaten zurückgeschickt.  

 

Schon nach dem Bombenanschlag von Ansbach hatte Wagenknecht in einem Interview gesagt, dass die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen mit erheblichen Problemen verbunden sei "und sehr viel schwieriger ist, als Frau Merkel uns das im letzten Herbst mit ihrem 'Wir schaffen das' einreden wollte". Daraufhin hatte sogar die eigene Partei sie deutlich kritisiert. Die beiden Vorsitzenden, Katja Kipping und Bernd Riexinger, veröffentlichten eine Erklärung, in der sie sich gegen Generalverdächtigung von Flüchtlingen wandten und gegen Rassismus, Wagenknecht nannten sie allerdings nicht namentlich. Wagenknecht erklärte sich parallel dazu selbst und schrieb, ihre Äußerungen zu Ansbach seien missverständlich gewesen.

 

Wagenknecht gab Merkel auch die Schuld für das Erstarken der AfD. Merkels fehlendes Konzept in der Flüchtlingskrise habe Unsicherheit und Ängste erzeugt, was wiederum die rechtspopulistische Partei groß gemacht habe.

 

Für ihre Merkel-Kritik hatte Wagenknecht bereits Avancen aus der AfD erhalten. Der Vorsitzende der AfD-Fraktion im Magdeburger Landtag, André Poggenburg, hatte sie auf Twitter eingeladen, zu seiner Partei zu wechseln.