Anschlag auf Wohnung von Justizminister Gemkow - Lok-Hooligan unter Tatverdacht

Erstveröffentlicht: 
09.12.2016

Ein Jahr nach dem Anschlag auf die Wohnung von Sachsens Justizminister Sebastian Gemkow, haben die Behörden zwei Verdächtige im Visier. Einer der Täter soll ein Hooligan aus dem Umfeld von Lok Leipzig sein. Die Ermittler sprechen von einer "politisch rechts motivierten Tat".

 

Der Anschlag auf die Wohnung von Sachsens Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) hat offenbar doch einen politischen Hintergrund: Bei einem der beiden mutmaßlichen Täter handele es sich um einen Hooligan des Fußball-Regionalligisten 1. FC Lok Leipzig, erfuhr die Leipziger Volkszeitung aus Ermittlerkreisen. Der 29-Jährige stamme „aus einem politisch rechts motivierten Milieu“. Zugleich hieß es, dass mit dem Prozess nicht vor dem Frühjahr zu rechnen sei. Der Lok-Hooligan und ein Mittäter (29) sollen im November 2015 einen Buttersäure-Anschlag auf Gemkows Leipziger Wohnung verübt haben. Ein Geschoss verfehlte knapp das Bett von einem der beiden Kinder.

 

Das Landesamt für Verfassungsschutz war zunächst von einem linksextremistischen Anschlag ausgegangen. Zuletzt hieß es, beide mutmaßlichen Täter seien bislang nicht als politische Extremisten aufgefallen. „Es waren nach unseren Erkenntnissen aber nicht nur die beiden, sondern mehrere Täter“, so der Oberstaatsanwalt gegenüber der Leipziger Volkszeitung. Weitere Angreifer konnten bisher allerdings noch nicht ermittelt werden. Auf die Spur eines 29-jährigen Kirgisen und eines gleichaltrigen Deutschen, die nicht aus Leipzig stammen sollen, waren die Ermittler durch DNA-Abgleiche gekommen. Das heißt: Genetische Fingerabdrücke müssen sowohl an Geschossen, die in die Wohnung geworfen wurden, als auch in der Polizei-Datei gewesen sein. Beide Beschuldigte bestreiten die Tat und schweigen zu den Vorwürfen.

 

Sebastian Gemkow, der sich bewusst als Justizminister aus dem Verfahren herausgehalten hatte, sagte gestern: „Für mich wird deutlich, dass die Strafverfolgungsbehörden funktionieren. Nun muss ein unabhängiges Gericht entscheiden.“ Er sei bereit, als Zeuge auszusagen, wenn er geladen wird, sagte der Minister auf Nachfrage. Eine Nebenklage schloss er hingegen aus.

 

Bei dem Sachschaden geht es um rund 10 000 Euro. Der psychologische Schaden wiegt allerdings weitaus schwerer. Die Familie wird nicht in die Zwei-Raum-Wohnung zurückkehren, sondern wohnt jetzt inkognito. „Es hat natürlich einige Zeit gebraucht, um das Geschehene zu verarbeiten. Ich glaube aber nicht, dass bei uns etwas Längerfristiges hängen bleiben wird“, hatte Gemkow unlängst gegenüber der LVZ gesagt. Eines sei jedoch der Fall: Man nehme sein Umfeld bewusster wahr, schaue genauer hin, gestand der 38-jährige Familienvater. Dennoch verzichten die Gemkows mit ihren zwei kleinen Kindern weitgehend auf Sicherheitsmaßnahmen, nehmen nur das Notwendigste in Anspruch. „Wir wollen, dass sich für uns nicht allzu viel ändert – und so leben wir auch. Ich möchte auch einkaufen oder in die Stadt gehen können, ohne mir ständig Gedanken machen zu müssen.“

 

Die Verhandlung gegen die mutmaßlichen Täter wird in Leipzig vor einem Schöffengericht stattfinden, so Amtsgerichtssprecher Stefan Blaschke. Das bedeutet: Die Täter erwartet bei einem Schuldspruch eine Freiheitsstrafe von zwei bis vier Jahren.