Angriffe von Neonazi-Hooligans in Connewitz (11.01.2016)

Angriffe von Neonazi-Hooligans in Connewitz
Erstveröffentlicht: 
13.01.2016

Montagabend, halb acht. Bis zu 300 Vermummte ziehen durch den linksalternativen Leipziger Stadtteil Connewitz, zerstören mehr als 20 Geschäfte und Kneipen, während in der Innenstadt Legida einjähriges Bestehen feiert.

 

In Connewitz kann die Polizei mehr als 200 Tatverdächtige einkesseln, alle kommen in Gewahrsam. - Zahlreiche Kneipen und Schaufenster sind demoliert. Viele der festgesetzten Angreifer haben ihr Auto hier am Stadtrand geparkt. Es sind Nummernschilder aus ganz Deutschland und Österreich. Die abgestellten Autos verraten mehr als die Besitzer: Masken, Steine. Auch Äxte liegen in den Autos. Unsere Aufnahmen zeigen wir dem Gewaltforscher Alexander Leistner vom Deutschen Jugendinstitut.

 

"Was man sehr gut erkennen kann, dass es eine sehr gut organisierte Aktion war. Von Hooligans verschiedener Vereine, die normalerweise erbitterte Rivalitäten pflegen. Zudem konnte man sehen, dass es für die rechtsextreme Szene typische Insignien gab: Wolfsangel oder Zahlencodes wie 1488. In dem Sinne spricht sehr viel dafür, dass es eine politische Aktion war von rechtsextremen Hooligans jenseits eines Fußballbezugs." - Alexander Leistner, Deutsches Jugendinstitut Halle

 

Dass die rechten Hooligans ausgerechnet am Legida-Geburtstag zuschlugen, war aus Sicht der Polizei kein Zufall.

 

"Und wir wissen auch teilweise, dass diese Personen, die wir jetzt festgestellt haben, in den früheren Monaten teilweise an Legida-Demonstrationen teilgenommen haben und entsprechend können wir doch eine Verbindung hier ziehen." - Uwe Voigt, Polizeidirektion Leipzig

 

Dass rechte Hooligans, eingefleischte Neonazis und „besorgte Bürger“ zusammenrücken, deutet sich seit Monaten an. Auftakt war die HOGESA im Herbst 2014. Ein von Hooligans getragenes Aktionsnetzwerk gegen Salafisten, das in Köln randalierte. Unterstützt von Rechtspopulisten und Neonazis.

 

In Sachsen dominieren die Rechten schon seit Monaten auf der Straße. Hass und Gewalt richten sich gegen Migranten und politische Gegner. Beispiel Heidenau Ende August: Aufgebrachte Bürger und Hooligans üben den Schulterschluss - gegen Flüchtlinge. Der Mob greift auch Polizisten an. Ende Juni: Verbrüderungsszenen zwischen gewaltbereiten Neonazis, Hooligans und Anwohnern vor einem Flüchtlingsheim in Freital.

 

Bei Pegida in Dresden waren rechte Hooligans von Anfang gern gesehen. Pegida-Jahrestag am 19. Oktober 2015: Im Anschluss an die Kundgebung zogen stundenlang Hooligans marodieren durch die Innenstadt. Johannes Lichdi von der Initiative „Herz statt Hetze“ organisierte den Gegenprotest.

 

"In dem Augenblick kommen dann von da drüben die Nazis-Hools rausgespurtert, ungefähr 300 Leute und greifen uns also an. so richtig schwarz vermummt, also organisiert, konzentriert greifen die uns an. Wir fliehen dann mehr oder weniger Richtung Postplatz, die Polizei mach die Ketten auf, Die Nazis rennen durch auf uns zu, rennen Leute von uns um, verprügeln die." - Johannes Lichdi, Sprecher Initiative „Herz statt Hetze“ Dresden

 

Auch in Leipzig sehen sich Hooligans und gewaltbereite Neonazis als militanter Arm einer rechten Volksfront. 12. Dezember, Lautsprecher des Tages: David Köckert. Ein NPD-Stadtrat aus Greiz und Organisator der Thüringer Pegida. Die Teilnehmer sind organisierte Neonazis aus Parteien und Kameradschaften, außerdem dabei Hooligans. Das ursprüngliches Ziel ihres Aufmarschs erreichen sie an diesem Tag nicht: Connewitz. Aber die Provokation genügte - es kommt zu einem Gewaltexzess auf der Gegenseite. Und schließlich am Montag der Angriff auf Connewitz.

 

Im Vorfeld warnte Sachsens Verfassungsschutz: Der Auftritt der der Hooligan-Band Kategorie C könne „zahlreiche Rechtsextremisten aus dem gewaltbereiten und Hooligan-Milieu“ anziehen. Warnung: Ja. Aber eine Aktion deutschlandweit vernetzter Neonazis vorher aufzudecken, dazu ist der Verfassungsschutz offenbar nicht imstande.