„Es gibt nichts mehr zu reden. Nun ist es Zeit zum Widerstand.“ – Freiheit für die festgenommenen HDP-Abgeordneten!

HDP

In den frühen Morgenstunden des 4. November wurden in mehreren türkischen Städten Politiker der Parlamentspartei HDP („Demokratische Partei der Völker“) festgenommen. Unter den festgenommen waren neben den beiden Vorsitzenden Figen Yüksegdag und Selahatin Demirtas auch weitere Parlamentarier darunter Ferhat Encü, Leyla birlik, Ziya Pir, Mehmet Ali Aslan, Selma Irmak, Nursel Aydogan, Sirri Süreyya Önder, M. Ali Aslan, Gülser Yildirim, Abdullah Zeydan, Garo Paylan, Leyla Zana, Idris Baluken und Mithat Sincar.

 

Einige der Festgenommenen sind mittlerweile wieder auf freiem Fuß gesetzt, jedoch unter der Auflage das Land nicht verlassen zu dürfen. Die meißten, darunter auch die Vorsitzenden bleiben jedoch nach einer Vorführung vor den Haftrichter inhaftiert.1 Ihnen wird „Unterstützung und Propaganda für eine terroristische Vereinigung“ – der PKK – vorgeworfen.

 

Bereits am 22 Juni hatten die HDP-Abgeordneten eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht, die sie im Falle einer Festnahme vor dem Haftrichter verlesen werden. Die Erklärung die von allen festgenommenen Parlamentariern vorgelesen wurde endet mit den Worten „Wir haben keine Zweifel daran, dass wir uns von der Diktatur, die unserem Land und unserem Volk unter dem Deckmantel des „Präsidialsystems“ aufgezwungen wird, befreien werden. Früher oder später wird der Kampf um Demokratie siegen. Dieses Regime, das durch die Person Erdoğans vollständig abgenutzt wurde, wird ohne Zweifel abgelöst werden müssen.

Ich habe weder eine Forderung noch eine Erwartung an Sie. Allein das Volk, das mich gewählt hat, hat ein Recht mich aufgrund meiner politischen Haltung und Handlung zur Rechenschaft zu ziehen“2

In einer ersten Stellungsnahme nur wenige Stunden nach den Festnahmen erklärte die KCK (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans): “Es gibt nichts mehr zu reden. Nun ist es Zeit zum Widerstand. Unsere Bevölkerung muss überall auf die Straßen gehen.”

 

In der Türkei sowie in Europa gab es daraufhin spontane Solidaritätsaktionen. In der Türkei wurden Demonstrationen sofort angegriffen und auseinandergetrieben sowie weitere GenossInnen festgenommen. In Deutschland gab es noch in der nach Spontankundgebungen, am Samstag den 5.11. versamelten sich in Köln bereits 7000 Menschen. Kommenden Samstag, den 12.11 werde in Köln mehrere zehntausende erwartet.

 

Die Festnahmen sind ein weiterer Baustein in einer organisierten Eskalation die von Seiten der AKP-Regierung seit dem niedergeschlagenen Putsch durch die Gülen-Bewegung vom 15. Juli 2016 durchgeführt wird. Die AKP nutzte die Gelegenheit des Putsches, um mittels Ausnahmezustand ihre faschistische Herrschaft zu stabilisieren, u.a. durch eine riesige Säuberungswelle im Staatsapparat, den Medien und der Wirtschaft. Die Maßnahmen der türkischen Bourgeoisie zielt seitens der AKP in den ersten Wochen zunächst auf die Zurückdrängung der islamischen Konkurrenz, die vom dem in den USA im Exil unter CIA-Aufsicht lebenden „Predigers“ Gülen gesteuert wird. Aufgrund der seit Ende der sechziger Jahre konsequent betriebenen strategischen Unterwanderung des Staatsapparats und der Wirtschaft durch die Gülen-Organisation stellt dies den notwendigen ersten Schritt zur Stabilisierung der eigenen Macht dar.

 

Der AKP-Faschismus zielt selbstverständlich weiter und nimmt die eigentlichen innenpolitischen GegnerInnen in Visier, die den imperialistischen Ambitionen eines neo-osmanischen Reichs im Weg stehen. Die Marschrichtung wird vom „neuen Sultan“ Erdogan öffentlich vorgegeben:

- militärische Lösung der Kurdenfrage in Nord- und Westkurdistan durch Zerschlagung der PKK und aller ihr zugeordneten Strukturen, was faktisch ohne Völkermord und/oder Massenvertreibungen nicht möglich sein wird

- Vernichtung aller revolutionären Kräfte („Ausschaltung des Terrorismus“)

- Unterdrückung aller demokratischen Bestrebungen der nicht-sunnitischen Minderheiten (vorneweg die mit 10% Bevölkerungsanteil zahlenmäßig bedeutsamen und traditionell oppositionellen Aleviten)

- Zurichtung und Gleichschaltung der türkischen Gesellschaft als islamisches Sultanat auf Grundlage eines sunnistischen-arabischen Islams, welcher nicht nur offene Bündnisse mit Jihadisten wie Daesh, Al-Kaida, Al-Nusra usw. eingeht, sondern auch eine massive Unterdrückung für alle sozialen Gruppen bedeutet, die in dieser Variante einer faschistischen Volksgemeinschaft sei es als emanzipierte Frauen, säkulär-westlich eingestellte Jugendliche, sexuelle Minderheiten usw. als Ungläubige angesehen werden.

 

Der Angriff auf die HDP-Abgeordneten, der faktisch einer ausschaltung der Partei gleichkommt, lässt die legalen Spielräume in der Türkei auf quasi auf Null schrumpfen.

Durch diese zugespitzte Situation in der Türkei und Kurdistan zwingt der AKP-Faschismus den unterschiedlichsten politischen Gruppen und Strömungen, insbesondere denen, die zwischen Demokratie und Revolution schwanken, eine Entscheidung auf. Wie weiter? Ängstlicher Rückzug und Kapitulation vor der AKP-Diktatur oder vorwärtsgehen an Seiten der KommunistInnen und des antifaschistischen, politischen und militärischen Kampfs der KurdInnen für eine demokratische Revolution zur Errichtung einer Volksdemokratie.

 

Unsere Aufgabe in Deutschland besteht nun darin, bei unseren Aktionen, in unserer Diskussionen auf unseren Arbeitsstellen und Stadtteilen zwei Dinge herauszustellen:

 

Erstens müssen wir die Zusammenarbeit des deutschen Staats mit dem Türkischen Staat noch aggressiver angreifen. Der Flüchtlingsdeal, seine Waffenlieferung, die NATO-Kooperation gegen die Kurden, die Verfolgung von kurdischen und Türkischen Revolutionären in Deutschland zeigen dass der deutsche Staat mit seinen worten nur noch tiefer in den Abgrund der Heuchelei absinkt

 

Zweitens müssen wir offensiv propagieren, dass der bewaffnete antifaschistische Kampf in der Türkei und Kurdistan gerecht und seine Unterstützung in jedweder Form legitim ist. So wie in Rojava beim Kampf gegen Daesh müssen wir auch in Bezug auf den islamischen Faschismus der AKP-Diktatur klarmachen, dass der Faschismus keine Meinung ist, sondern ein Verbrechen, dass nur durch den revolutionären Kampf beendet werden wird.

 

Als proletarische InternationalistInnen und AntifaschistInnen müssen wir im Rahmen unserer Kräfte alles uns mögliche tun, den gerechten Befreiungskampf für eine demokratische, antifaschistische und antiimperialistische Revolution in der Türkei und Kurdistan zu unterstützen.

 

No Pasaran – die islamischen Faschisten werden nicht durchkommen!

Es lebe die demokratische Revolution der Völker der Türkei und Kurdistans!


1http://civaka-azad.org/wer-sind-die-hdp-abgeordneten-im-visier-der-akp/

2http://civaka-azad.org/allein-das-volk-das-mich-gewaehlt-hat-hat-ein-recht-mich-aufgrund-meiner-politischen-haltung-und-handlung-zur-rechenschaft-zu-ziehen/