Bürgerinitiative und Kirche: Wachschutz muss bleiben

Erstveröffentlicht: 
04.11.2016
Wahrener besorgt um die Sicherheit in Flüchtlingsunterkunft / Stadt lenkt ein
VON GüNTHER GIESSLER

 

Wahren. Erneut große Aufregung um den Wachschutz in der Gemeinschaftsunterkunft Pittlerstraße: Nachdem das Flüchtlingsobjekt fast zwei Jahre lang rund um die Uhr bewacht worden war, reduzierte die Stadtverwaltung seit Mai diese Dienstleistung an Werktagen jeweils um sechs Stunden. Jetzt soll der Wachschutz sogar komplett eingestellt werden. In der jüngsten Sitzung des Stadtbezirksbeirates Nordwest wurde informiert, dass es ab 1. November in diesem Gebäudekomplex keine Wachmannschaft mehr gibt.

 

Dies brachte die Bürgerinitiative Wahren und die Evangelisch-Lutherische Sophienkirchgemeinde auf die Palme. „Für uns ist diese Entscheidung grotesk und keineswegs hinnehmbar“, empörte sich Annett Baar, die Vorsitzende der Bürgerinitiative. „Das geht eindeutig zu Lasten der Sicherheit der Familien aus Syrien und Afghanistan, die hier mit zahlreichen Kindern und Jugendlichen eine vorübergehende Heimstatt gefunden haben“, fügte sie an. Auch der Sozialarbeiter, der sich bestenfalls von 11 bis 17 Uhr um die Belange der Flüchtlinge kümmern kann, wäre dann überfordert und könne alles andere als eine wirksame Integrationsarbeit leisten.

 

„Schon schlimm genug, dass vor Monaten der Petitionsausschuss des Stadtrates die gemeinsame Protestnote der Kirchgemeinde, des Stadtbezirksbeirates und unserer Bürgerinitiative gegen die Kürzung der Wachschutzzeiten mit fadenscheinigen Gründen ablehnte, schlägt die jüngste Entscheidung der Stadtverwaltung dem Fass den Boden aus“, erklärte Annett Baar. Im Mietvertrag der Gemeinschaftsunterkunft in der Pittlerstraße 5/7 mit der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB) sei sogar eine dauerhafte Anwesenheit des Wachschutzes als Voraussetzung festgeschrieben. Das Gebäude wäre entsprechend ausgestattet. So sei weder eine Notruf- oder Brandmeldeeinrichtung vorhanden, noch eine Klingel- und Briefkastenanlage installiert.

 

„Auch ich kann auf den Wegfall des Wachschutzes nur mit Unverständnis reagieren“, sagte Hans-Reinhard Günther, Mitglied der Sophienkirchgemeinde. Er kümmere sich seit Langem um Flüchtlinge, bei denen das Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist. „Ich begleite die Heimatvertriebenen bei Ämter- und Behördengängen, damit sie sich im Dschungel des Asylbewerberleistungsgesetzes besser zurechtfinden“, betonte Günther. Er kennt auch die Probleme, die in solch einer Gemeinschaftsunterkunft zwangsläufig auftreten.

 

„Und da ist Wachpersonal unverzichtbar“, urteilte das Mitglied der Sophienkirchgemeinde. Nach 22 Uhr dürfen sich keine fremden Personen im Objekt aufhalten. „Wer soll dies kontrollieren, wenn kein Mann von der Security anwesend ist?“, fragt sich Günther.

 

Auch Pfarrer Michael Günz, der zurzeit in Bad Kissingen zur Kur weilt, hat sich zu Wort gemeldet: „Das Streichen des Wachschutzes kann nicht wahr sein. Ich hoffe, dass die Stadtverwaltung diese Entscheidung nochmals überdenkt und rückgängig macht“, sagte der Kirchenmann.

 

Inzwischen scheint die Stadt tatsächlich zurückrudern zu wollen. Auf LVZ-Anfrage teilte Martina Kador-Probst, die Leiterin des Sozialamtes, mit, dass die Bewachung des Hauses in der Pittlerstraße zum 31. Oktober nicht eingestellt wurde. „Ursprünglich war dies in Umsetzung des Unterbringungskonzepts der Stadt, das für kleine Wohnhäuser keine Bewachung vorsieht, so beabsichtigt“, heißt es in der Erklärung der Amtsleiterin. Derzeit werde geprüft und gemeinsam mit dem Träger der sozialen Betreuung beraten, inwieweit der Wachdienst an diesem Standort fortgeführt werden kann.