Warum die Stadt Zwickau den NSU nicht vergessen soll

Erstveröffentlicht: 
20.10.2016

Eine Veranstaltungsreihe im November beschäftigt sich mit geschichtsträchtigen Ereignissen. Im Mittelpunkt steht das Neonazi-Trio, das vor fünf Jahren aufgeflogen ist.

 

Von Michael Stellner
erschienen am 20.10.2016

 

Zwickau. Die Novembertage beginnen im Oktober. Schon am kommenden Donnerstag steht die erste von 21 Veranstaltungen an, die sich in Zwickau der Auseinandersetzung mit mehreren Aspekten der deutschen Vergangenheit widmen soll. "Schwerpunkt wird fünf Jahre nach dem Auffliegen des NSU der Umgang mit selbigem sein", sagt Projektkoordinator Matthias Bley vom Bündnis für Demokratie und Toleranz, das die bislang nur im Jahr 2013 auf die Beine gestellten Novembertage wiederbelebt hat. Mit dem NSU wollen sich Theaterprojekte, Workshops und Diskussionen beschäftigen.

 

Aus Sicht von Gewerkschafts- sekretär Matthias Eulitz vom DGB tut sich Zwickau noch zu schwer mit der NSU-Aufarbeitung. "In anderen Städten wurden Gedenksteine für die Opfer angebracht und Straßen umbenannt. Und in Zwickau? Ja, da wurde schon mal diskutiert", kritisiert er. Dabei müsse es möglich sein, mahnend an die Vergangenheit zu erinnern, auch wenn einige lieber das Geschehene verdrängen würden. "Das ist ein Konflikt, und der muss ausgestanden werden."

 

Bei den Novembertagen werden sich unter anderem eine Vernissage sowie mehrere Theaterprojekte und Podiumsdiskussionen mit dem NSU auseinander setzen. Für Aufsehen hatte im Vorfeld der Streit um städtische Zuschüsse für das NSU-Theaterprojekt "Unentdeckte Nachbarn" gesorgt. Erst im zweiten Anlauf konnten sich genug Bürgervertreter durchringen, das Vorhaben mit 10.000 Euro zu unterstützen. Im ersten Anlauf hatten Vertreter von CDU und AfD dagegen gestimmt, unter anderem mit der Begründung, es würde dem Image der Stadt schaden, wenn man zu sehr darauf herumreite. Nun wird es am 2. November in der Aula der Pestalozzischule zu sehen sein.

 

Der Linken-Stadtrat und Mitorganisator der Novembertage, René Hahn, hält Wegschauen für die falsche Lösung. "Warum soll in der Stadt, in der die Täter gewohnt haben, nichts bestehen, das an die Opfer erinnert?" fragt er. Er könnte sich einen Gedenkstein an der mutmaßlich letzten Unterkunft des Trios an der Frühlingsstraße vorstellen.

 

Vor allem geht es den Organisatoren darum, ein junges Publikum anzusprechen. Für den Auftakt am nächsten Donnerstag, wenn der Filmpalast Astoria die Neuverfilmung des Tagebuchs der Anne Frank zeigt, haben sich schon Klassen mit mehr als 300 Schülern angemeldet. Als Stargast ist Regisseur Hans Steinbichler angekündigt. Er soll nach dem Film zu einem Gespräch zur Verfügung stehen.

 

Neben dem NSU beschäftigen sich mehrere Programmpunkte mit den Novemberpogromen, der friedlichen Revolution von 1989 oder auch dem aktuellen Problem der Integration von Migranten. "Das Thema polarisiert", sagt Hahn. "Wir stellen die Frage, wie ein Zusammenleben funktionieren kann und welche Herausforderungen der Islam für unsere Gesellschaft mit sich bringt."

 

Am Projekt beteiligen sich der Verein "Alter Gasometer", das Demokratiebündnis, Stadt und Landkreis Zwickau sowie weitere Partner.

zwickauer-demokratie-buendnis.de