Wirbel nach Vorstoß - Sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Bellmann will Annäherung an AfD

Erstveröffentlicht: 
22.09.2016

Der Vorstoß traf die Unionsspitze unvorbereitet, überraschend aber kam er nicht. Mit der Bundestagsabgeordneten Veronika Bellmann (55) aus Mittelsachsen hat sich erstmals eine CDU-Bundespolitikerin für eine mögliche Koalition mit der AfD ausgesprochen.

 

Der Vorstoß traf die Unionsspitze zwar unvorbereitet, völlig überraschend aber kam er nicht. Mit der aus Mittelsachsen stammenden Bundestagsabgeordneten Veronika Bellmann (55) hat sich erstmals eine CDU-Bundespolitikerin für eine mögliche Koalition mit der AfD ausgesprochen, und Bellmann ist parteiintern kein unbeschriebenes Blatt. Schließlich gehört sie zum sogenannten Berliner Kreis in der CDU, der als dezidiert wertkonservativ gilt. Anbandelungsversuche an die Adresse der Rechtspopulisten von der AfD können da nicht unbedingt für Verwunderung sorgen.

 

Allerdings sorgt Bellmann jetzt mit ihren Äußerungen zur AfD auch bundesweit für Furore. War bisher nicht allzu viel Substanzielles von ihr zu hören, so ist ihre aktuelle Stoßrichtung klar: Wegen anhaltender Kritik an der Asyl-Politik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und der Wahlerfolge der Rechtspopulisten befürchtet sie weitere Stimmenverluste bei kommenden Landtags- und Bundestagswahlen. Ja, mehr noch: Sollte es zu keiner Kurskorrektur in der Flüchtlingspolitik kommen, so ihre Meinung, könne die CDU durchaus unter die 30-Prozent-Marke rutschen. Im Gegenzug schließt Bellmann nicht aus, dass die AfD bei der Bundestagswahl „um die 20 Prozent“ erhält.

 

Zugleich geht die Abgeordnete Merkel und den Rest der CDU-Führungsriege direkt an. So beklagt Bellmann, dass parteiintern über den Asyl-Kurs der Kanzlerin in der Bundestagsfraktion nicht abgestimmt worden sei. Merkels Führungsstil sei präsidial, meint sie. Und diese Attacke krönt Bellmann mit einem Hinweis aufs SED-Regime: Zu DDR-Zeiten habe es staatliche Zensur gegeben, heute gebe es eine „Gesinnungspolizei“. Das lässt sich laut Bellmann auch in Fraktion und Partei sowie in den Medien erkennen. Wer für nationale Identität, deutsche Leitkultur und Patriotismus streite, werde schnell in die rechte Ecke gestellt.

 

An anderer Stelle wiederum betont Bellmann, dass es ihr mit ihrem Vorstoß auch um die Entzauberung der AfD gehe. Viele Mitglieder der noch jungen Partei hätten ein gestörtes Verhältnis zum Rechtsstaat, meint sie. Das aber gelte nicht für alle gleichermaßen – und für AfD-Wähler sowieso nicht. Folge: Der Gedanke, die AfD in die Verantwortung zu nehmen, sei allemal eine gute Idee.

 

Der sächsische CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer hält wenig von diesem Vorschlag. „Ich bin mir sicher, dass die Union die richtigen Antworten geben wird“, meint er. „Die AfD dagegen spielt mit den Ängsten der Menschen.“ Eben deshalb sei Bellmanns Vorstoß daneben. Naturgemäß reagierte auch die Opposition in Sachsen kritisch auf die Äußerungen der CDU-Bundestagsabgeordneten. Diese „Annäherung an die AfD“ verweise auf ein generelles Problem der Union, meinte Grünen-Fraktionschef Volkmar Zschocke. „Solange sich die CDU nicht eindeutig abgrenzt und eine Zusammenarbeit klar ausschließt, wird darüber weiter spekuliert.“

 

Vor ihrer Zeit im Bundestag saß Bellmann von 1994 bis 2002 im sächsischen Landtag und gehörte zu den Vertrauten von Ex-Regierungschef Georg Milbradt (CDU). Es gilt als wahrscheinlich, dass sie auch nach der Wahl 2017 zum Bundesparlament gehört. Denn Bellmann gehört zu den ersten CDU-Kandidaten im Freistaat, die bereits von ihren Kreisverbänden nominiert wurden.