In der Nacht vom 22.08.2016 haben wir in der Görlitzer Innenstadt 9 Kameramasten installiert, um das Sicherheitsgefühl der hier lebenden Menschen zu beruhigen.
Unsere lackierten Milchkartons tragen dabei genauso effektiv zur Vereitlung und Bekämpfung von Straftaten bei wie echte Kameras - nämlich gar nicht.
Im Gegenteil:
Das ständige Gefühl, beobachtet zu werden, bringt dem Menschen ein Misstrauen entgegen. Die Message: "Auch DU bist verdächtig" führt unterbewusst zur Selbstzensur und schränkt damit irgendwann auch die freie Meinungsäußerung ein ("Chilling-Effekt"). Tatsächliche Gewalttäter_innen z.B. lassen sich aber durch Kameras nicht abschrecken. Im besten Fall (für das "Ansehen der Stadt) verlagert sich die Gewalt auf unüberwachte Plätze. Oft senkt aber das Gefühl, sowieso gesehen zu werden, die Hemmschwellen bei Angreifer_innen und die Gewalt wird massiver.
Neben dem enormen Eingriff in die Privatsphäre der Bürger_innen, kostet de Überwachung diese auch noch viel Geld. Kameras müssen nicht nur angeschafft, sondern auch regelmäßig gewartet und Software aktualisiert werden. Wenn sich die Gewalt von einem Platz auf den anderen auslagert, wird die Überwachung vielleicht ausgebaut, bis an jeder Ecke Kameras stehen. George Orwell lässt grüßen...
Unser Wunsch nach gefühlter Sicherheit durch gefärbte Milchkartons zumindest wurde von einigen leider nicht ernst genommen. Schon am nächsten Morgen waren einige Kameras wieder entfernt. Dafür werden ab Ende des Monats echte Kameras auf dem Marienplatz hängen. OB Siegfried Deinege entschied sich dazu, nachdem es dort zwischenzeitlich vermehrt zu Ausschreitungen kam, die auch das örtliche Alkoholverbot nicht verhindern konnten.
Jetzt wird mündigen Menschen also nicht nur vorgeschrieben, wann sie wo zu trinken haben und wie nicht, sondern sie werden auch noch ständig beobachtet und zwar nahezu LIVE von Ordnungsamt und Polizei, die in "maximal 3 Minuten" vor Ort sein sollen.
Aber vielleicht werden auch diese Kameras von ewig Unbelehrbaren wieder demontiert...