Urteil im Mordfall Luke Holland - Kein Nazi, nur Hitlerbüste

Erstveröffentlicht: 
11.07.2016

Elf Jahre muss der Mörder des 31-jährigen Briten Luke Holland in Haft. Rassismus konnte das Gericht bei der Tat allerdings nicht erkennen.

 

Elf Jahre und sie­ben Mo­na­ten Haft: So lau­tet das Ur­teil, das das Ber­li­ner Land­ge­richt am Mon­tag über Rolf Z. ver­häng­te. Das Ge­richt be­fand den 63-Jährigen für schul­dig, am Mor­gen des 20. Sep­tem­ber 2015 den da­mals 31-jäh­ri­gen Bri­ten Luke Hol­land vor einer Bar in Neu­kölln mit einer Schrot­flin­te er­schos­sen zu haben: ohne vor­her in ir­gend­ei­ner Weise zu dem Ge­tö­te­ten in Beziehung gestanden oder auch nur mit ihm kommuniziert zu haben.

 

Nicht nur wegen dieses fehlenden Tatmotivs hatte der Fall Aufsehen erregt. Z.s Name war auch bei den Ermittlungen um einen anderen, bis heute ungeklärten Mord aufgetaucht: dem an Burak B., der am 5. April 2012 mit 22 Jahren ebenfalls in Neukölln und ebenfalls am frühen Morgen auf offener Straße erschossen worden war. Auch hier war der Tat keinerlei Kontakt zwischen Täter und Opfer vorausgegangen.

 

Im Mordfall Holland hatten Z. und Holland zwar die gleiche Bar besucht. Dort – in seiner ehemaligen Stammkneipe, die früher vor allem von Rockern, seit einem Besitzerwechsel gerne von englisch- und spanischsprachigen Studierenden frequentiert wurde – war der Täter be­reits als star­ker Trin­ker und ag­gres­siv auf­ge­fal­len. Zu sei­nem spä­te­ren Opfer hatte er allerdings weder in der Tat­nacht noch zuvor jemals Kontakt.

 

Er habe ihren Sohn er­schos­sen, weil der vor der Bar in eng­li­scher Spra­che te­le­fo­niert habe, sind die El­tern des Ge­tö­te­ten und ihre Ne­ben­kla­ge­an­wäl­te über­zeugt. Sie hatten lebenslänglich gefordert. In der Woh­nung des Tä­ters waren neben Waf­fen Na­zide­vo­tio­na­li­en wie eine Hit­ler­büs­te ge­fun­den wor­den. Die Hollands hatten deshalb im Prozess gegen Z. verlangt, Zeugen aus dem persönlichen Umfeld des Angeklagten auch zu möglichem Wissen bezüglich des Mordes an B. zu befragen. Auch im Falle von dessen Tötung halten die in der „Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak B.“ organisierten UnterstützerInnen der Familie B. ein rassistisches Tatmotiv für denkbar.

 

Rassismus als Tatmotiv konnte das Gericht jedoch nicht erkennen. Dass jemand Nazidevotionalien sammele, mache ihn noch nicht zum Nazi, und dass Rolf Z., wie Zeugen berichtet hatten, darüber klagte, dass in dem Lokal, vor dem der Mord geschah, „nur noch Englisch und Spanisch gesprochen“ werde, bedeute nicht, dass er deshalb töten würde, so das Gericht.

 

„Wir sind enttäuscht“, sagte der Vater des Opfers nach der Urteilsverkündung: Man könne auch „Rassist sein, ohne Nazi zu sein“. Für sie gebe es „nur noch Erinnerungen, keine Zukunft“ nach dem Tod ihres einzigen Sohnes, hatte Mutter Rita Holland in einer Erklärung zum Prozessende gesagt. Z. kann gegen das Urteil Berufung einlegen, sie würden mit ihrem Mandanten besprechen, ob sie das täten, sagten seine Anwälte.

 

Die „Initiative für die Aufklärung des Mordes an Burak B.“ will mit Veranstaltungen wie der seit Jahren monatlich stattfindenden Mahnwache darauf drängen, dass auch in diesem Mordfall weiter ermittelt wird.