In Nürnberg fliegen Steine gegen Rechts

Mit Steinen sind die Scheiben der Meistersingerhalle eingeworfen worden. Dazu gibt es Bekennerschreiben aus der linken Szene. - Foto: Pelke
Erstveröffentlicht: 
10.06.2016

Nürnberg (HK) In Nürnberg attackieren Unbekannte immer häufiger Veranstaltungsorte der Alternative für Deutschland (AfD). Jetzt will auch die "Allianz gegen Rechtsextremismus" die Rechtspopulisten offiziell in die Schranken weisen. Eine öffentliche Debatte darüber findet nicht statt.

 

Zerbrochene Scheiben, beschmierte Fassaden: Zweimal haben Unbekannte bereits die Meistersingerhalle in Nürnberg attackiert, weil diese der "Alternative für Deutschland" (AfD) Räume vermietet hatte. Ein linksextremistischer Hintergrund ist nach mehreren Bekennerschreiben auf einschlägigen Seiten im Internet wahrscheinlich.

Parallel zu den Steinwürfen auf die Meistersingerhalle zersplitterten in Nürnberg auch Fensterscheiben von mehreren Gaststätten, die die AfD als Vereinslokal genutzt hat. Die wiederholten Anschläge stürzen die Stadtspitze in ein Dilemma. Gemeinsam mit der "Allianz gegen Rechtsextremismus" werden private Gastronomen in der gesamten Metropolregion einerseits dazu aufgefordert, neben Rechtsextremen neuerdings auch die Rechtspopulisten der AfD nicht zu bewirten. Andererseits stellt Nürnberg der AfD die städtische Meistersingerhalle für Veranstaltungen zur Verfügung. Dort wird sie bekämpft, hier wird sie bewirtet.

Besonders die Linksextremisten scheint dieser Gegensatz zu verwirren. Robert Vogel hat die Botschaft freilich längst verstanden. Erfüllen kann der Leiter der städtischen Konzert- und Kongresshalle den gewaltsam vorgetragenen Wunsch der Linksextremen trotzdem nicht. Rechtlich sei dies nicht möglich. Der Leiter der Meistersingerhalle schätzt den aktuellen Schaden auf rund 15 000 Euro. Die Ausgaben für die Reparatur des ersten Anschlags auf die Halle Ende März beliefen sich auf rund 5000 Euro.

Mittlerweile nimmt die Gewalt gegen die AfD bundesweit zu. Kürzlich konstatierte der preisgekrönte Journalist Markus Wehner in der "Frankfurter Allgemeinen", dass die Gewalt gegen AfD-Mitglieder durch Linksextreme "erschreckende Ausmaße" angenommen habe. Eine öffentliche Debatte fände über diese gewaltsame Bekämpfung der Rechtspopulisten nicht statt, kritisierte Wehner unter der Überschrift "Wenn es gegen rechts geht, gelten andere Maßstäbe". Auch in Nürnberg findet kaum eine öffentliche Diskussion statt.

Stephan Doll, der amtierende Vorsitzende der Allianz gegen Rechtsextremismus, war im März vorgeprescht und hatte quasi im Alleingang einen Nürnberger Gastwirt dazu aufgefordert, die AfD nicht zu bewirten. Nach diesem - erfolglosen - Präzedenzfall hat die Allianz laut Doll kürzlich beschlossen, die Gastroinitiative gegen Rechtspopulisten auszuweiten. Dies sei laut Doll, der auch Geschäftsführer des DGB in Mittelfranken ist, im Vorstand einstimmig beschlossen worden. Dafür soll die Broschüre "Kein Platz für Rassisten" neu aufgelegt werden.

Bislang hatte die Allianz darin nur Gastronomen aufgefordert, keine "extremen Rechten" zu bewirten. Fortan wolle die Allianz auch die Rechtspopulisten deutlich in die Schranken weisen, sagt Doll. Näheres zu dieser Entscheidung erfährt man allerdings selbst in der Geschäftsstelle der Allianz nicht. Eine Pressemitteilung gibt es auch nicht. Sogar beim Gründungsmitglied im Büro für Menschenrechte gibt man sich ahnungslos.

Kritische Nachfragen, ob die Allianz gegen Rechtsextremismus mit der Ausdehnung ihres Aktionsradius auf die Rechtspopulisten indirekt nicht die Gewaltbereitschaft von Linksextremisten gegen die AfD anheizt, darüber will in Nürnberg bislang niemand reden. Aus dem Umfeld der Meistersingerhalle heißt es, der Umgang mit der AfD im Nürnberger Rathaus sei extrem heikel.