Höcke geht juristisch gegen Ramelow und die "taz" vor

Erstveröffentlicht: 
03.06.2016

Thüringens AfD-Landes- und Fraktionschef Björn Höcke geht juristisch gegen die Tageszeitung "taz" und gegen Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) vor. Anlass ist eine Überschrift auf taz.de zu einem Beitrag über eine AfD-Kundgebung gegen den geplanten Bau einer Moschee in Erfurt. Der Beitrag ist mit einem Foto von Höcke versehen, der den rechten Arm hebt. Darüber stand auf taz.de zeitweise die Überschrift: "Hitlergruß im Abendland". Ramelow hat diverse Tweets zu dem Beitrag auf taz.de bei Twitter re-tweetet - also ohne eigenen Kommentar weiterverteilt. Höcke wendet sich gegen einen Re-Tweet Ramelows zu einem Tweet eines anderen Twitter-Nutzers, in dem die Begriffe "Hitlergruß", "Abendland" und "Höcke" benutzt werden.

 

Der ursprüngliche Tweet der taz ist weiter online aufzufinden, ebenso der Online-Beitrag auf taz.de - allerdings mit der geänderten Überschrift "Höcke nimmt Maß":

 

In Thüringen zeigt sich, wie der Anti-Islam-Kurs der AfD aussieht. Dort schürt Höcke Hass gegen muslimische Gemeinde https://t.co/Cm6XKeLQjG

— taz (@tazgezwitscher) 20. Mai 2016

 

Es geht um tausende von Euro

 

Eine Sprecherin der AfD-Landtagsfraktion bestätigte am Freitag einen Bericht der "Thüringer Allgemeinen", wonach Höcke Ramelow deswegen eine Unterlassungserklärung geschickt habe. Ramelow sagte der Zeitung: "Ich finde das sehr irritierend." Der Vorwurf sei "absurd".

Thüringens Regierungssprecher Günter Kolodziej sagte, Höcke sehe durch Ramelow seine Persönlichkeitsrechte verletzt. Er verlange neben der Unterschrift unter eine Unterlassungserklärung Schadensersatz in Höhe von 6.000 Euro und die volle Begleichung der Anwaltskosten in Höhe von knapp 1.200 Euro. Wenn Ramelow seinen Re-Tweet nicht unverzüglich rückgängig mache, werde eine Strafzahlung von mindestens 20.000 Euro angedroht. Für den Fall, dass der Ministerpräsident nicht auf die Forderungen eingeht, wolle Höcke Klage bei Gericht einreichen. 

 

"Nichts dergleichen getan"


Die Höcke-Sprecherin erklärte, mit dem Hashtag #Hitlergruß vermittele Ramelow bei Twitter den Eindruck, Höcke habe den umgangssprachlich als "Hitlergruß" bezeichneten, "Deutschen Gruß" gezeigt, was strafbar wäre. Höcke habe aber "selbstverständlich" nichts dergleichen getan. Der AfD-Fraktionsvorsitzende habe in diesem Zusammenhang noch weitere Unterlassungsklagen vorbereitet oder bereits verschickt. 

 

Mit der "taz" trifft sich Höcke vor Gericht


"taz"-Justiziar Franz von Wolffersdorff sagte am Freitag, Höcke habe der Zeitung wegen der Überschrift "Hitlergruß im Abendland" auf taz.de eine Unterlassungserklärung geschickt, die man aber nicht unterschrieben habe. Die Überschrift sei jedoch auf taz.de geändert worden. Höcke habe daraufhin beim Landgericht Erfurt eine einstweilige Verfügung beantragt, die das Gericht jedoch nicht erlassen habe. Deswegen werde darüber in Juni verhandelt. 

 

Weiterverbreiten im Netz und das Recht


Rechtlich ist die Lage bei solchen Re-Tweets nicht völlig eindeutig. Es kommt darauf an, ob und wie sehr sich der Weiterverteilende die Aussage des ursprünglichen Tweets selber zu Eigen macht. Im November vergangenen Jahres urteilte das Oberlandesgericht Frankfurt zu dem technisch vergleichbaren "Teilen" auf Facebook, dass es ein reines "Verbreiten" sei und keine darüberhinausgehende Bedeutung habe. Zudem hielt das Gericht fest: "Der "Verlinkende" als Verbreiter des Inhalts macht sich eine fremde Äußerung vielmehr regelmäßig erst dann zu eigen, wenn er sich mit ihr identifiziert und sie so in den eigenen Gedankengang einfügt, dass sie als seine eigene erscheint." Dies müsse mit der "im Interesse der Meinungsfreiheit (...) gebotenen Zurückhaltung im Einzelfall" geprüft werden. Zu Indizien dabei zählen etwa hinzugefügte "Likes" für das ursprüngliche Posting (Aktenzeichen der Entscheidung des OLG Frankfurt 16 U 64/15). Ramelow hatte dem Re-Tweet keinen eigenen Kommentar angefügt, was technisch möglich gewesen wäre.