Ein Zeichen der Menschlichkeit: Das Strömkarlen“-Konzert in der Kirche Schöngleina

Erstveröffentlicht: 
31.05.2016

Schöngleina. Es sei ein einmaliger Moment gewesen, ein ergreifender und wunderschöner Moment. So beschreibt Pfarrer Stephan Elsässer das Konzert der Dresdner Band „Strömkarlen“ in der Kirche Schöngleina am vergangenen Freitag. 250 Besucher waren gekommen – viele aus Schöngleina, aber auch Angereiste aus Berlin und Nürnberg.

Natürlich sei es den Gästen um gute Musik gegangen, doch es ging vor allem um ein Zeichen, das die Besucher setzen wollten: ein Zeichen für Frieden, Toleranz und Humanität. „Während wir miteinander sprechen, sterben Menschen. Sie ertrinken im Mittelmeer. Leider hat eine grauenhafte Gewöhnung an diesen Gedanken eingesetzt“, sagt Elsässer. Was das „Strömkarlen“-Konzert mit ertrinkenden Flüchtlingen zu tun hat, ist nur zu verstehen, wenn man das Kreuzgewölbe Schöngleina und dessen Besitzer Jörg Tonndorf mitbetrachtet. Dort sollte das „Strömkarlen“-Konzert eigentlich stattfinden, doch es wurde von Tonndorf storniert. Der Sprecher, der Initiative „Pro Schöngleina“, die sich gegen die Flüchtlingsunterkunft in dem 450-Seelen-Dorf stark macht, begründete die Absage mit fehlenden Reservierungen.

 

Die Band sah diese Begründung jedoch als einen Vorwand. Den eigentlichen Grund vermuteten die Musiker in der Tatsache, dass sie zehn Karten für die minderjährig, unbegleiteten Flüchtlinge der Clearingstelle Schöngleina reservieren wollten. Tonndorf sei davon „nicht begeistert“ gewesen und sagt das Konzert schließlich ab, erklärt Bandmitglied Guido Richarts. So wurde nach einem Ausweichort für die Veranstaltung gesucht. Der Leiter der Clearingstelle Schöngleina, Sandro Nordmann vom DRK, und Pfarrer Stephan Elsässer brachten die Kirche ins Gespräch.

 

Nach der Bekanntgabe, dass das Konzert nun doch in Schöngleina stattfinden wird und alle Flüchtlinge der Clearingstelle herzlich eingeladen seien, erhielt die Band und auch Pfarrer Elsässer viel positive Resonanz. Doch was letztlich am Freitag in der Kirche geschah, damit hatte niemand gerechnet. „Seit Anfang der 90er Jahre habe ich den Wiederaufbau der Kirche hier im Ort als Gemeindekirchenratsmitglied begleitet“, sagt Herbert Großwendt. „Außer den Gottesdiensten fanden hier in unserer Kirche regelmäßig Konzerte statt, welche fast immer gut besucht waren. Aber so etwas wie letzten Freitag habe ich noch nicht erlebt. Die Kirche war fast brechend voll, und die Zuhörer waren bis zum Schluss voll begeistert. Auch waren noch nie so viele Schöngleinaer bei einer Veranstaltung in der Kirche anwesend. Sie alle wollten sich an diesem Tag bekennen. Es war überwältigend.“

 

Einer der geflüchteten Jugendlichen habe am Freitag Geburtstag gehabt, sagt Sandro Nordmann vom DRK. „Er ist 17 Jahre alt geworden. Alle Anwesenden haben für ihn ein Ständchen gesungen.“ Zuvor hatten die jungen Männer aus der Clearingstelle Schöngleina afghanische Spezialitäten zubereitet, die sie den Gästen anboten. Alles sei friedlich und entspannt gewesen. Es habe allen gut gefallen. Erstaunlich sei auch die Spendenbereitschaft gewesen. Das Konzert habe keinen Eintritt gekostet. Dennoch waren für die Band 1900 Euro zusammengekommen. Nach dem Konzert habe es tosenden Beifall gegeben, sagt Schöngleinas Bürgermeister Holger Mix, der ebenfalls gekommen war.

 

Der Besitzer des Kreuzgewölbes, Jörg Tonndorf will künftig die Arbeit von Holger Mix übernehmen. Er kandidiert als Bürgermeister. Beim „Strömkarlen“-Konzert wurde Tonndorf nicht gesehen, obwohl er trotz der Umstände willkommen gewesen wäre. Ob die Schöngleinaer ihn als Bürgermeister wollen, wird sich zeigen.