Laut gegen Nazis macht Freitalern wieder Mut

Erstveröffentlicht: 
03.05.2016
Mit rund 500 Gästen hat die Counter Speech Tour von „Laut gegen Nazis“ am Montagabend in Freital Station gemacht. Neben vielen Gesprächen feierten die Besucher vor allem mit Bands wie der Banda Internationale, Irie Revoltes oder Leslie Clio.

 

Freital. Mit rund 500 Gästen hat die Counter Speech Tour von „Laut gegen Nazis“ am Montagabend in Freital Station gemacht. Neben vielen Gesprächen feierten die Besucher vor allem mit Bands wie der Banda Internationale, Irie Revoltes oder Leslie Clio.

 

Star des Abends war allerdings Smudo, Mitglied der Fantastischen Vier und seit Jahren engagiert gegen Neonazis. Der Hiphop-Veteran unterstützt „Laut gegen Nazis“ schon lange, Freital sei aber die einzige Station der aktuellen Tour, bei der er persönlich dabei ist. Zum einen wollte er alte Bekannte aus Dresden wieder treffen, mit denen er schon vor Jahren gegen den Naziaufmarsch am 13. Februar mobil machte. Zum anderen wollte er sich Freital selbst einmal ansehen, die Stadt, die seit einem Jahr beständig rechtsextreme Schlagzeilen produziert.

 

Zahlreiche rechtsextreme Vorfälle in Freital


Seit im Sommer 2015 über eine Woche lang Anwohner und Neonazis Hand in Hand gegen die Asylunterkunft im Leonardo-Hotel protestiert hatten, kam Freital nicht aus den Schlagzeilen. Immer wieder wurden potenzielle Flüchtlingsunterkünfte attackiert und beschmiert, wurden Geflüchtete angegriffen, war die Linkspartei im Fadenkreuz. Der Höhepunkt war dann vor wenigen Wochen erreicht, als die GSG9 eine von der Bundesanwaltschaft ermittelte Terrorzelle aushob.

Freital sei zudem etwas Besonderes auf der aktuellen Tour gewesen. Denn hier hatte Oberbürgermeister Uwe Rumberg den Veranstaltern lange jede Unterstützung verweigert. Erst in letzter Minute gab Rumberg doch noch sein OK, dass die Veranstaltung auf öffentlichem Boden stattfinden konnte. Die Macher hatten sich da bereits eingerichtet, auf einem Firmengelände zu spielen. Bis zuletzt sei die Zusammenarbeit schwierig gewesen. Nicht einmal Bauzäune zur Absicherung des Geländes habe es von der Stadt gegeben, hieß es am Abend. Von Werbung oder öffentlicher Unterstützung ganz zu Schweigen. Laut Sächsischer Zeitung war Rumberg zu Beginn kurz vor Ort und gab Interviews. Die meisten Besucher hatten das gar nicht bemerkt.

 

Motivation für engagierte Einheimische


Und so waren auch vergleichsweise wenig Freitaler vor Ort. „Vielleicht ist es Ignoranz“, so ein älterer Besucher, „vielleicht ist es aber auch Haltung“, meinte er. Die Organisatoren zeigten sich trotzdem zufrieden damit, dass Menschen von jung bis alt den Weg zum Platz neben dem Stadion des Friedens gefunden hatten. „Wir freuen uns“, sagte Ines Kummer, die sich als Stadträtin in Freital für eine Willkommenskultur einsetzt. Erst habe sie die Anfrage von „Laut gegen Nazis“ für einen schlechten Scherz gehalten, erinnert sie sich lachend. „Das ist für uns so toll“, meinte sie am Abend strahlend. Die Veranstaltung sei Motivation weiterzumachen.

 

Nachdem sich die Besucher am Nachmittag auf einer kleinen Demokratiemeile mit Ständen von Hilfsorganisationen und Parteien austauschen konnten, stand danach die Musik im Mittelpunkt. Beispielsweise bei der „Banda Internationale“, die es ohne Freital so gar nicht gäbe, sagte Mitbegründer Michal Tomaszewski. Er und die anderen Dresdner spielten früher als Banda Communale gegen Neonazis an, zusammen mit Asylsuchenden bilden sie nun die internationale Version mit neuen Instrumenten und Stücken.

 

Lautstarke Pro-Asyl-Bekundungen


Nach Leslie Clio erreichte der Abend mit Irie Revoltes seinen emotionalen Höhepunkt, „say it loud, say it clear, refugees are welcome here“ schallte es da aus hunderten Kehlen in Richtung Freital. Smudos abschließendes DJ-Set war dann der kleine Rausschmeißer, wie es der Rapper selbst nannte.

 

Rund um das Konzertgelände blieb es weitgehend ruhig. Bei zwei Personen musste allerdings die Polizei helfen, einen Platzverweis durchzusetzen, zudem versuchte eine größere Gruppe die Veranstaltung zu stören. Die umsichtigen Polizisten blockten die mutmaßlichen Rechten jedoch ab, von denen sich einige trotzdem ein Selfie mit Smudo sichern wollten. Die Störer erhielten schließlich einen Platzverweis. Zudem wird gegen einen 20-Jährigen wegen Zeigen des Hitlergrußes ermittelt, teilten die Beamten am späten Abend mit.

 

Von Stephan Lohse