Ein Tag im Leben eines irisch-republikanischen Gefangenen

Erstveröffentlicht: 
11.03.2010

Im Folgenden veröffentlichen wir die Beschreibung eines Tages im Leben eines republikanischen Gefangenen im Hochsicherheitsgefängnis von Maghaberry, den die Redaktion der republikanischen Monatszeitung Saoirse von einem entlassenen POW (Bezeichnung für politischen Gefangenen in Irland) erhalten hat.

 

Der Morgen beginnt zwischen 7 und 7.15 Uhr mit einem lauten Tritt gegen die Zellentür, um sicherzugehen, dass wir noch unter den Lebenden sind. Begleitet von einem kurzen „F*** dich“ aus der 4x2m kleinen Zellenbox begibt sich der Knastwärter weiter zur nächsten Zelle. Ich lausche, und lache, als der Wärter dieselbe Reaktion von meinen Mitgefangenen erntet.

Zwischen 8.15 und 8.30 Uhr öffnen sich die Zellentüren. Nur drei republikanische Gefangene dürfen zur gleichen Zeit die Zelle verlassen. Diese drei werden unablässig von bis zu neun, in manchen Fällen sogar elf Schlägern in britischer Uniform begleitet.

Als Republikaner weigern wir uns, in dieser Zeit unser Frühstück einzunehmen. Stattdessen fordern wir, in der Kantine das Essen zu uns zu nehmen, da wir dort zusammenkommen und gemeinsam essen können. Es muss darauf hingewiesen werden, dass die Gefängnisleitung von uns erwartet, dass wir alle unsere Mahlzeiten in unseren Zellen einnehmen. Da aber die Zelle eine Toilette enthält, weigern wir uns, im selben Raum zu essen, in dem sich eine Toilette befindet.

Wenn zu den festgesetzten Zeiten das Essen kommt, sammeln die republikanischen Gefangenen ihre Malzeiten in einem Behälter. Diesen tragen wir dann in die Kantine – wenn es uns am jeweiligen Tag gestattet wird, uns dort zu versammeln – und nehmen dort das Essen zu uns.

Zu dieser Zeit, und zu allen Essenszeiten, sind verschiedenen Personen bestimmte Aufgaben und Pflichten zugeordnet. Damit ist gemeint, dass zum Beispiel einige das Essen kochen bzw. vorbereiten, während andere den Abwasch erledigen, wenn wir fertig sind.

Hier muss ich allerdings darauf hinweisen, dass, wenn ich von kochen spreche, es lediglich bedeutet, dass wir unser Gefängnisessen in einer Mikrowelle erhitzen.

 

Jeder Tag ist gleich

 

In Maghaberry ist jeder Tag gleich. Wir, die republikanischen Gefangenen, haben zwei Trakte für uns, Gang 3 und Gang 4, in denen sich jeweils rund 15 Personen befinden. (Insgesamt gibt es derzeit rund 100 republikanische Gefangenen in Irland, Anm. IRC.) Der Ablauf ist beiden Bereichen nahezu gleich.

Aus der Sicht eines republikanischen Gefangenen betrachtet, sieht das Ganze wie folgt aus:

 

Montag

8.30-11.45 Uhr: Gang 3 hat Zugang zu Hof und Kantine.

8.30-11.45 Uhr: Gang 4 hat Zugang zur Kantine ihres Trakts, zur Dusche und zum Telefon. Um 10 Uhr können sich die Insassen in den Zellen besuchen, maximal drei Mann in einer Zelle.

11.45 Uhr: Gang 3 wird zum Einschließen aufgefordert. Auch für Gang 4 endet die Zeit für Besuche zwischen den Zellen.

12 Uhr: Die Wärter zählen durch.

12.15 Uhr: Gang 4 wird in den Hof verlegt, immer drei Mann zusammen. Hier sammeln sie ihre Mahlzeiten, die sie gemeinsam zubereiten und essen.

12.20 Uhr: Gang 3 fasst das Essen, immer drei gemeinsam, und verstaut es in einem Behälter.

12.45 Uhr: In Gang 3 wird noch mal durchgezählt. Alle Räume im republikanischen Trakt bleiben bis 14.15 Uhr verschlossen.

14.15 Uhr: Es wird schon wieder durchgezählt. Die Männer die Besucher haben, werden, immer drei gemeinsam, zum Gefängnisbus gebracht. Die, die zurückbleiben bekommen dann Zugang zur Dusche, zur Kantine im Trakt sowie zum Lernraum und können sich untereinander besuchen.

15.45 Uhr: Einschluss für Gang 4. Für Gang 3 endet die Versammlungszeit.

16.00 Uhr: Ein weiteres Mal durchzählen. Gang 3 kann in Gruppen zu je drei Mann in den Hof. Die Männer nehmen ihr Essen aus dem Behälter. Zusätzlich nehmen sie ihr Abendessen entgegen. Diese Mahlzeiten werden dann in der Kantine von den dafür eingeteilten republikanischen Gefangenen zubereitet.

Hier muss besonders betont werden, dass die Männer von Gang 4 ebenfalls zu dieser Zeit ihr Essen bekommen. Da wir uns weigern, in den Zellen zu essen, versuchen sie schnell ein paar Bissen zu essen, oder aber sie kehren in die Zellen zurück und essen nichts mehr bis zum nächsten Morgen.

16.30 Uhr: Die Verlegung aus dem Hof ist abgeschlossen. Einschluss für Gang 4.

17.30 Uhr: Die Männer von Gang 4 haben die Möglichkeit zu einem Telefongespräch von bis zu sieben Minuten.

19.45 Uhr: Die Männer von Gang 3 werden angewiesen sich einzuschließen.

20.15 Uhr: Einschluss im ganzen Gebäude. Alle Männer sind in den Zellen.

 

Dieser Ablauf funktioniert nach dem Rotationsprinzip. Am folgenden Tag erhält Gang 4 die zwei Gemeinschaftszeiten, Gang 3 nur eine.

 

Obwohl das ein monotoner Alltag ist, ist es um ein vielfaches besser als die Situation bis zum Protest von 2006. Damals wurde viel erreicht, aber es gibt nach wie vor viel Arbeit, die noch gemacht werden muss. Und es wird viel gemacht, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Gefängnisses.

Falls es aus dem, was bisher gesagt wurde, noch nicht deutlich geworden ist, sage ich es noch mal: Wenn, aus welchem Grund auch immer, Einschluss verordnet wird, weigern wir uns, irgendwelche Mahlzeiten in unseren Zellen einzunehmen. In den vergangenen Wochen waren wir für fast 72 Stunden eingeschlossen, in diesem Zeitraum fasteten wir.

 

Wir lassen uns nicht von einem System, dass von einem systematischen Hass auf alles Republikanische getrieben wird, kriminalisieren! Das Northern Ireland Office und das Gefängnissystem als Ganzes sind eine Bastion des Unionismus und Loyalismus. Über Jahre haben sie versucht, schutzlose Republikanische Gefangene einzuschüchtern und in Maghaberry versuchen sie bis heute ihre Politik der Kriminalisierung weiter durchzusetzen. Aber mit eurer Hilfe und mit unserem ungebrochenen Willen, werden wir diese Ungeheuer des britischen Imperialismus besiegen.

Ich würde gern damit enden, indem ich mich bei allen aufrichtigen Republikanerinnen und Republikanern in Irland und im außerhalb bedanke; ohne eure Hilfe und Unterstützung ist unser Kampf und der unserer Genossinnen und Genossen vergebens!

Zuletzt ein Wort des Lobes und des Respekts für alle politischen Gefangenen rund um die Welt, ihr seit stets in unseren Gedanken: „Die Flamme des Widerstandes brennt am hellsten in den Herzen derer, die für ihre Überzeugungen eingesperrt sind.“

 

Go raibh mile maith agaibh agus tiocfaidh ár lá!

Danke für eure Unterstützung gemeinsam werden wir siegen!