Antinationales Aktionswochenende vom 13.5. - 16.5. gegen den Pfingskongress des Coburger Convent

Gegen den nationalistischen Flächenbrand - Plakat gegen den CC 2016

“Back to the roots”, scheint die gegenwärtige Lage in Deutschland passend zum Ausdruck zu bringen. Die Deutschen wollen ihr deutsches Volk zurück und die Konsequenzen sowie erforderlichen Mittel zur Umsetzung dieser Wahnvorstellung, schlagen sich im Parteiprogramm der AfD, oder im Populismus der CSU nieder, in der wachsenden Anzahl der Angriffe auf Geflüchtete, aber auch in der Diskussion über den Ausbau der Festung Europa sowie des Asylrechts welche zu Teilen offen zu teilen suggerierend rassistisch geführt wurde und letztlich in einer weiteren Aushöhlung des Grundrechts auf Asyl der Regierung mündete.


Diesen Ereignissen und der aktuellen Lage in Deutschland, Europa und deren Grenzen müssen wir Raum in unseren antifaschistischen Protesten einräumen; dementsprechend sehen wir es für nötig an den völkischen Nationalismus der studentischen Verbindungen als Anlass zu nehmen uns auf den sich ausbreitenden nationalistischen Flächenbrand zu beziehen, zu dekonstruieren und dagegen zu protestieren. Nationalismus ist keine Alternative, egal ob in Form von Neonazis, populistischen Bewegungen oder völkischen Verbindungen.

 

“Back to the roots”, findet also auch jedes Jahr in Coburg statt, beim größten Treffen der pflichtschlagenden Studentenverbindungen in Deutschland. Auch dieses Jahr werden am Pfingswochenende, dem 12. bis 16. Mai, die Elite Deutschlands sich in ihre pathetisch, patriarchale Parallelwelt begeben die primär darin besteht, ganz der Tradition nach, uniformiert, in Vollwichs und mit Säbeln ausgestattet durch die Stadt zu ziehen. Fehlen dürfen dabei Fackel und Bierkrug nicht um saufend die eigene Zugehörigkeit zu zelebrieren. Nebenher werden deutsche Soldaten und Mörder als Helden gefeiert und das Vaterland beschworen.

 

Das Vaterland. Kein Begriff könnte die gegenwärtige völkische Begeisterung, inhaltlich besser auf den Punkt bringen. Eingeschworen auf die Nation und in all seiner Isolation und Angst die mit der Verwertungslogik des Kapitalismus einhergeht, greift der deutsche Vater zurück auf bewährte Methoden aus der reaktionären Mottenkiste um den Untergang des deutschen Volkes aufzuhalten. Hierzu bedarf es nicht nur einer ordentlichen Portion Nationalismus sondern auch der guten alten Erziehung zur preußischen Tugend, damit einem das Einordnen in die gesäuberte Gesellschaft weniger schwer fällt.

Studentische Verbindungen spielen nicht nur eine Vorbildfunktion in der Erziehung zur Obrigkeishöhrigkeit sie haben diesen Status auch in der Verteidigung männlicher Herrschaft inne. Der Coburger Convent besteht zu 100% aus Männerbünden deren Ziel es ist die elitäre Erziehung „unter sich“ separiert vom Rest der Gesellschaft weiterzugeben. Unter sich wird nicht nur die Elite sondern auch bestimmte Vorstellungen von Männlichkeit und ihrer gesellschaftlichen Stellung reproduziert. Die Verteidigung jener Männlichkeit, welche mit dem Status des Ernährers, Beschützers und Oberhaupt von Familie und Nation verknüpft ist. Das ist die Basis des neuaufkommenden Nationalismus und nicht nur Höcke thematisiert als drängendstes Problem, dass Deutschland und Europa seine Männlichkeit verloren hat.

 

Der immer wieder genannten Äußerung Deutschland erlebe den mächtigsten Rechtsruck seit 1945, ist auf den ersten Blick zu zu stimmen. Rassismus wird wieder offen zur Schau gestellt, Nationalismus scheint für weite Teile der Gesellschaft eine legitime politische Strategie in gegenwärtigen Krisen zu sein um die sorglose Stabilität des Kleinbürgers wiederherzustellen. Die sogenannte bürgerliche Mitte; für uns eigentlich nie existent gewesen – eher zu bezeichnen als unpolitische Wähler_innen, löst sich im Patriotismus auf und ergießt ihre eigene Lebensfrustration in Ressentiments und einfachen Analagoien, geschult und aufgewachsenen in Entsolidarisierung ergibt sich daraus eine sozialdarwinistische Erbarmungslogikeit mit hohem faschistoidem Potenzial.

 

Jedoch passierte dieser Rechtsruck nicht auf einmal, nicht unvorhersehbar, durch das Versagen der EU in der Flüchtlingsthematik. Der so genannte Rechtsruck bestand schon immer, er war nie weg, er äußerte sich nur in einem Flüstern in Zeiten in denen offen rassistische Äußerung “den” Nazis vorbehalten waren. Mit Pegida, AfD und anderen rechtspopulistischen Gruppierungen wurde es legitimier die eigene Meinung unter “wir sind das Volk”-Rufen rauszulassen. So wurde aus der schweigenden, rassistsich verorteten Masse an Bürgern der „besorgte Bürger“, sich selber als Opfer sehend und sich nicht zu schade jeder Verschwörungstheorie hinterherzurennen solange die Ausländer am Ende die Schuldigen sind. So hat sich das oben genannte Flüstern in eine brüllende Masse gewandelt. Antifaschist_innen in ganz Deutschland befinden sich nun in der „Ich habs dir doch gesagt“ – Position, und im allgemeinen war für den aufgeklärten Menschen diese gesellschaftlichen Entwicklungen voraus zu sehen und eigentlich unausweichlich. Deswegen sehen wir die diesjährigen Proteste in einem breiteren Zusammenhang; der Coburger Convent ist Bestandteil des nationalistischen Flächenbrandes und spielt diesem zu. Er verkörpert in seinem völkischen Vaterlandsbegriff sowie in seiner institutionellen männlichen Elitereproduktion eine Vorreiterrolle jener nationalistischen Ideologie.

 

Autoritäre und diskriminierende Vorgehensweisen waren seit der Entnazifizierung allgegenwärtige Praxis in Deutschland, jedoch betraf dies nur die Minderheiten der Merheitsgesellschaft. Es traf diejenigen die sich mit vollem Bewusstsein ihren Platz außerhalb dieser Gesellschaft suchten in Form von Kriminalisierung linker Politik und Aktion. Es traf diejenigen die sich eher ungewollt am Rand sahen, weil sie nicht den selben Zugang zu den vorliegenden Ressourcen hatten und keine Interventionsmöglichkeit durch mangelnden Macht- und Einflussbereich in der vorliegenden Systematik besaßen, es traf diejenigen die nicht den passenden Pass hatten, nicht die richtige Hautfarbe, nicht die richtige Muttersprache úm sich Gehör zu verschaffen. Es haben nur wenige die Bereitschaft den Minderheiten Beachtung zu schenken, da nichts die heile Vorgartenwelt aus Demokratie, EU, Feierabendbier und Sonntagsspaziergang zu gefährden schien. Man war mit keinen weltpolitischen Ereignissen oder Konsequenzen direkt konfrontiert; „Ich bin unpolitisch“ entwickelte sich zu einer breit akzeptierten Sichtweise aus diesen Privilegien. Dies hat sich in den letzten Jahren erstaunlich schnell geändert, der westliche Wohlstand und unsere Privilegien schwinden für die “besorgten Bürger” scheinbar durch die Anwesenheit von geflüchteten Menschen. Menschenrechte sind keine Selbstverständlichkeit mehr, das ist mittlerweile sogar bei der BILD-Leserschaft angekommen, unabhängig davon, dass diese auch in Deutschland niemals in vollem Umfang geltend waren. Der Futterneid wird inszeniert um Ideologie anstatt Vernunft walten zu lassen.

 

Bei all den negativen Vorgängen in der Bevölkerung die als Reaktion auf den Zuzug von Geflüchteten zu Schein treten muss aber auch erwähnt werden, ein Teil der Bevölkerung schafft es sich mit den Geflüchteten zu solidarisieren. Und neben den direkten Hilfestellungen ist es auch erfreulich zu sehen, dass viele der Helfenden die Ungerechtigkeiten in unserer kapitalistischen Gesellschaft hinterfragen und neue Ideen generieren. Eine Chance die Idee einer solidarischen Gesellschaft ohne Diskriminierung weiter zu verbreiten. Es geht dabei nicht nur darum den Ausgrenzungsmechanimus Rassismus zu kritisieren sondern auch Herrschaftstrukturen des Geschlechts, Antisemitismus und Sozialchauvinismus zu thematisieren und zu bekämpfen.

So kann auch ein In-Frage-Stellen des scheinbar alternativlosen Normalzustands dazukommen und so eine Chance bieten radikaler Kritik anstatt unpolitischen Meinungsbildern, Raum zu geben.


Auch der CC nimmt für sich heraus „unpolitisch“ zu sein, um sich von den Entgleisungen ihrer Brüder im Geiste sowie auf dem ein oder anderen Paukboden, den Deutschen Burschenschaften, zu distanzieren. Schließlich darf der angeblich humanistische Vollwichs ja nicht mit brauner Soße vollgesaut werden. Aber eine Veranstaltung an dem ein „Heldengedenken“ für deutsche, gefallene Soldaten stattfindet, auf dem in schicker altdeutscher Schrift: Ehre, Freundschaft, Vaterland eingraviert ist oder bei dem das Deutsche Lied gesungen wird nachdem man uniformiert und mit Fackeln durch die Stadt läuft, ist definitiv nicht unpolitisch. Es ist eine Glorifizierung völkischen Nationalismus. Der CC greift auf Werte, Stimmungen und Bilder zurück die sehr wohl der braunen Logik entspringen, und es wird endlich Zeit dafür Verantwortung zu übernehmen.


Es ist fatal vom Convent in einer so aufgeheizten Zeit, business as usual, durchzuziehen. Die Stadt Coburg ist ebenfalls ein Akteur in diesem problematischen jährlichen Ereignis, toleriert und unterstützt sie doch jährlich aufs Neue diesen Convent. Ein Gesinnungsbeispiel der Politik in Coburg zeigte sich jüngst als der CSU-Stadtradt einen Antrag für die Aufarbeitung der Geschichte und Bedeutung Coburgs in der NS-Zeit ablehnte mit der Begründung dies hätte keine Relevanz und der Haushalt der Stadt sei dafür nicht ausreichend. Der Antrag kam, trotz dieses rigiden Runterspielens der Relevanz der Stadt Coburgs innerhalb der historischen Fakten, durch.

Deutschland zeigt sich in dieser Stunde von einer immer hässlicheren Seite, wir scheinen uns immer weiter von einer emanzipatorischen Gesellschaf zu entfernen statt auf sie zu zu gehen.

 

Es gilt die rechten Hegemonieprojekte zu kippen und gegen jede Form von Nationalismus und Patriarchat zu kämpfen.

Gegen den nationalistischen Flächenbrand!

Nationalismus ist keine Alternative!

 

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