Poggenburg und Höcke wollen mehr Einfluss auf AfD-Kurs

Erstveröffentlicht: 
29.04.2016

Das politische Pionierprojekt "Kenia" in Sachsen-Anhalt hatte etwas abgelenkt von der Sensation der zurückliegenden Landtagswahl: Dem rasanten Start der AfD als stärkste Oppositionskraft mit 24 Prozent Stimmenanteil. Nun wird viel spekuliert, was die Partei mit diesem Vertrauensvorschuss anfangen wird. Ab morgen sollen ihre Ziele klarer erkennbar sein: Die AfD gibt sich auf dem Stuttgarter Bundesparteitag ein Parteiprogramm. Was versprechen sich die starken, mitteldeutschen Landesverbände davon? von Sebastian Hesse, MDR-INFO-Chefreporter

 

Einer, der mit gesundem Selbstbewusstsein nach Stuttgart fährt, ist André Poggenburg. Sachsen-Anhalt hat wenig mit Baden-Württemberg gemein und in absoluten Zahlen wählen mehr Menschen im Ländle die AfD. Aber jeden vierten Wähler im Lande gewinnen: Das hat kein Höcke fertig gebracht. Keine Petry, kein Gauland und auch kein Meuthen. Der Baden-Württembergische Landeschef Jörg Meuthen, Gastgeber beim morgigen Parteitag. Entsprechend möchte Poggenburg die Handschrift Sachsen-Anhalts im künftigen AfD-Programm erkennbar machen. "Ich denke, unser Stellenwert in der Bundespartei ist im Vergleich gesehen höher als unser Mitgliederanteil", schmunzelt Poggenburg. Doch die Diskussion darum, was Sachsen-Anhalt einbringen wird, hat sich bislang um eher abseitige Themen gedreht. Etwa die Magdeburger AfD-Forderung, den Zugang zu Waffen zu erleichtern: "Die Richtung ist keinesfalls US-Waffenrecht in Europa. Ich wurde auch schon gefragt, ob wir denn für Selbstjustiz und so was wären, nur weil wir eine Liberalisierung des Waffenrechts möchten. Natürlich: Nein! Die Waffengewalt hat bei der Polizei zu bleiben. Das ist überhaupt keine Frage!" 

 

Welche Themen ins Bundesprogramm einbringen?


Vom Stuttgarter Konvent soll unterm Strich die Botschaft ausgehen: Die AfD ist weit mehr als die Ein-Thema-Partei der Lucke-Anfänge. Die lange Zeit dominierenden Themen Euro und auch Asyl gelten als verbraucht. Gerade Björn Höcke, der AfD-Chef in Thüringen, hat immer wieder dafür geworben, ein politisches Angebot für möglichst breite Wählerschichten zu machen. "Also die AfD hat den Anspruch, Volkspartei zu sein. Ich habe diesen Anspruch immer wieder in den öffentlichen Raum gestellt und bleibe auch dabei."

 

Und deshalb müsse sie Antworten liefern auf politischen Themenfeldern, die man bislang eher nicht mit der AfD assoziiert. Etwa der sozialen Gerechtigkeit, die der marktliberalen AfD bislang nicht so am Herzen zu liegen schien: "Ich glaube, dass wir als zukünftige Volkspartei die soziale Gerechtigkeit zu einem unserer Schwerpunkt-Politikfelder machen müssen. Und es gibt sicherlich noch einige Dinge in dem jetzigen Programmentwurf, wo ich sage, da müssen wir vielleicht ein bisschen nachbessern, wenn wir unsere Position in der AfD stärker herausarbeiten wollen. Und das ist, wie gesagt, die Position der AfD als Partei der sozialen Gerechtigkeit." 

 

Auf den Straßen Bürgernähe praktizieren


Zumindest am Rande des Parteitags dürfte auch die Zweigleisigkeit der Politik Höckes ein Thema sein: Der Doppelpack aus Parlamentsarbeit und Agitation auf der Straße. Auch Höckes Magdeburger Amtskollege André Poggenburg fühlt sich auf Marktplätzen mindestens ebenso wohl, wie im Plenarsaal: "Ja, wir sind jetzt im Parlament angekommen. Aber wir werden es beibehalten, mit den Bürgern zusammen wirklich draußen zu bleiben, auch auf der Straße. Wir wollen nicht nur den Parlamentarismus. Wir wollen weiterhin Bürgernähe!" Und so gehört es zu den spannenden Randaspekten, auf welches Echo diese mitteldeutsche Besonderheit morgen in Stuttgart beim Rest der Partei stoßen wird.