Bewährungsstrafen für Angriff auf Asylunterstützer in Freital

Erstveröffentlicht: 
26.04.2016

Das Amtsgericht Dresden hat drei Männer zu Bewährungsstrafen verurteilt, die Teilnehmer einer Pro-Asyl-Veranstaltung in Freital verfolgt, bedroht und einen von ihnen verletzt hatten. Brisant: Einer der Angeklagten ist mutmaßlicher Rädelsführer der laut Bundesanwaltschaft rechtsterroristischen Bürgerwehr "Gruppe Freital". Die jetzt verhandelte Tat war allerdings nicht Bestandteil dieser Ermittlungen.

 

Das Amtsgericht Dresden hat drei Männer wegen einer Attacke auf Asylunterstützer zu Haftstrafen zwischen zehn und 14 Monaten verurteilt. Es sprach die Beschuldigten wegen gefährlicher Körperverletzung bzw. Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung sowie wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, Nötigung und Sachbeschädigung schuldig. Alle Strafen wurden auf zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. 

 

Erst verfolgt, dann zugeschlagen


Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die 19, 27 und 46 Jahre alten Angeklagten fünf Teilnehmer einer Solidaritätskundgebung vor einer Asylbewerberunterkunft in Freital angegriffen hatten. Die Männer verfolgten in der Nacht zum 24. Juni 2015 mit zwei Autos das Fahrzeug, in dem die späteren Opfer saßen, um ihnen eine körperliche "Abreibung" zu verpassen. Bei der Verfolgungsjagd in Richtung Dresden ließen alle Beteiligten sämtliche Geschwindigkeitsbeschränkungen, Ampelsignale, Vorfahrtsregeln und den Gegenverkehr außer Acht.

Schluss war erst an einer Tankstelle, an der die Asylbefürworter anhielten. Dort wurden sie von ihren Verfolgern eingekeilt. Der jüngste Angeklagte schlug mit einem Baseballschläger auf die Scheiben des Transporters ein. Eine Scheibe barst, die herumfliegenden Glassplitter verletzten einen der Insassen an beiden Händen. 

 

Angeklagte zwischen reuig, abwiegelnd und wortkarg


Die Beschuldigten äußerten sich zum Teil selbst, zum Teil über ihre Anwälte. Dabei räumten sie die Vorwürfe der Anklage ein. So erklärte der Anwalt des 19-Jährigen, sein Mandant habe aus eigenem Antrieb mit dem Baseballschläger zugeschlagen. Die Tat sei jedoch nicht geplant gewesen, vielmehr sei der junge Mann durch die rasante Verfolgungsjagd emotional aufgewühlt gewesen. Der 19-Jährige ergriff im Prozess persönlich das Wort, um bei den Opfern um Entschuldigung zu bitten. Er erhielt zehn Monate Haft auf Bewährung. Weil er zum Tatzeitpunkt noch 18 Jahre alt war, wurde der Fall vor dem Jugendschöffengericht verhandelt.

Bei der Aussage des 46 Jahre alten Angeklagten war Prozessbeobachtern zufolge wenig von Reue zu spüren. Stattdessen habe er versucht, den Vorfall und seine Rolle zu verharmlosen. Zudem widersprachen seine Aussagen teilweise denen seiner Freundin im Polizeiverhör. Die Frau hatte mit im Auto gesessen. Zur Motivation erklärte der Mann, er habe an diesem Tag generell Hass auf die Pro-Asyl-Aktion verspürt. Das Amtsgericht verhängte gegen ihn die höchste der drei Strafen: 14 Monate Gefängnis, ausgesetzt zur Bewährung.

Der dritte Angeklagte schwieg während der Verhandlung. Sein Anwalt räumte den Vorwurf der Beihilfe zur Körperverletzung gegen den 27-Jährigen als zutreffend ein. Sein Mandant bedauere, dass es so weit gekommen sei. Zugleich bezeichnete der Jurist das Verfahren als überzogen und verglich es mit einem Schauprozess. Keine Äußerung gab es zu dem während der Ermittlungen erhobenen Vorwurf, dass der 27-Jährige die jetzt verhandelte Tat angeregt und koordiniert haben soll. Seine Strafe beträgt ein Jahr Haft - ebenfalls auf Bewährung.

Der Vorsitzende Richter äußerte vor allem gegenüber den Handlungen der beiden älteren Angeklagten sein Unverständnis: "Dass Menschen, die mitten im Leben stehen, solche Taten begehen, ist eine neue Dimension." 

 

Prozess-Neustart wegen langer Unterbrechung


Der Prozess sollte ursprünglich am 27. Januar beginnen, war an diesem Tag aber nach dem Aufruf unterbrochen worden. Grund: Die Vertreterin eines Nebenklägers forderte, den Vorsitzenden Richter wegen möglicher Befangenheit auszuwechseln. Dieser hatte versehentlich den Prozesskostenhilfeantrag mit allen möglichen persönlichen Daten des Nebenklägers an die Verteidiger der Angeklagten schicken lassen. Das Gesuch wurde zwar als unbegründet zurückgewiesen, aber dann platzte auch der angesetzte Fortsetzungstermin wegen Terminproblemen bei den Verfahrensbeteiligten. Weil der Prozess deswegen mehr als vier Wochen ausgesetzt war, erfolgte nun der Neustart. 

 

Verbindungen zur Freitaler Bürgerwehr?


Der im Prozess verurteilte 27-Jährige sitzt seit dem 5. November vergangenen Jahres in Untersuchungshaft. Grund sind damals von der Generalstaatsanwaltschaft Dresden gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Demnach soll er an Sprengstoffanschlägen auf ein alternatives Wohnprojekt in Dresden Mitte Oktober 2015 sowie zwei Wochen später auf ein bewohntes Asylbewerberheim in Freital beteiligt gewesen sein. Inzwischen ist die Liste der Vorwürfe gegen den Mann weiter gewachsen. Die Bundesanwaltschaft hält ihn für einen Anführer der ihrer Ermittlungen zufolge rechtsterroristischen Bürgerwehr "Gruppe Freital". Sie wirft dem 27-Jährigen und weiteren verhafteten Mitgliedern mindestens drei Anschläge vor. In weiteren Fällen wird noch ermittelt, ob sie der Gruppe zuzurechnen sind.

Der jetzt am Amtsgericht Dresden verhandelte Übergriff gehört nach bisherigen Erkenntnissen nicht dazu, weshalb das Verfahren unabhängig von den Terror-Ermittlungen der Bundesanwaltschaft erfolgte.