Mehr Rechtsextremisten in Sachsen - Fast die Hälfte gewaltbereit

Erstveröffentlicht: 
26.04.2016

Vor dem Hintergrund der Asyldebatte nimmt auch die Zahl der Rechtsextremisten in Sachsen zu - erstmals seit Jahren wieder. Doch nicht nur Rechte schlachten das Flüchtlingsthema für ihre Zwecke aus, wie der Verfassungsschutzbericht zeigt.

 

Dresden. Nach Jahren der Stagnation ist die Zahl der Rechtsextremisten in Sachsen wieder gestiegen. Laut dem am Dienstag im Kabinett vorgestellten Verfassungsschutzbericht erhöhte sich ihre Zahl im vergangenen Jahr um 200 auf 2700. Verfassungsschutzpräsident Gordian Meyer-Plath zufolge werden 1000 bis 1300 Rechtsextremisten als gewaltbereit eingestuft. Die Zahl der Linksextremisten habe im vergangenen Jahr um 10 auf 780 zugenommen. Beide Gruppen verzeichneten durch die Asyl-Debatte Zulauf. Auch bei ausländischen Extremisten und Islamisten gingen die Zahlen nach oben.

 

„Im vergangenen Jahr war insbesondere die Asyldebatte eine starke Antriebskraft für links- und rechtsextremistische Bestrebungen im Freistaat“, sagte Innenminister Markus Ulbig (CDU). „Sämtliche Phänomenbereiche des Extremismus haben versucht, davon zu profitieren“, sagte Meyer-Plath. Das sei in vielen Bereichen auch gelungen, insbesondere den Rechtsextremisten, die versuchten, ihren Einfluss in der Mitte der Gesellschaft zu verstärken. Die rechtsextreme NPD sei durch zahlreiche fremdenfeindliche Kundgebungen und Aktionen weiter ein wichtiger Akteur, könne davon aber nicht durch steigende Mitgliederzahlen profitieren.

 

Ulbig appellierte an die Bürger, Trennschärfe zu beweisen. Denn eine fehlende Abgrenzung, „eine fehlende Haltung in der Sache“ führe dazu, „dass die Extremisten zum Anwalt und zum Sprachrohr von jenen Menschen werden könnten, die ihrem Unmut, ihrem Ärger sowie ihren Sorgen in Bezug auf das Thema Asylpolitik freien Lauf lassen“.

 

Zahl der Gewalttaten steigt


Die Anhängerschaft der organisierten neo-nationalsozialistischen Szene sei weiter zurückgegangen, sagte Meyer-Plath. Deren Führer seien zumeist in den Parteistrukturen von NPD, deren Jugendorganisation JN oder neuen Parteien wie Der III. Weg und Die Rechte aufgegangen. „Das Fußvolk, wenn sie so wollen, ist hingegen in den subkulturellen Bereich gegangen.“ Allerdings sei sie radikalisiert und stärker gewaltbereit. Gruppen wie die „Oldschool Society“ oder die Freitaler Bürgerwehr, denen die Bildung von terroristischen Vereinigungen vorgeworfen werden, bildeten nur „die Spitze des Eisbergs“.

 

Etwa 1600 Rechtsextremisten würden diesem subkulturellen Bereich zugeordnet, der nicht von Parteien oder anderen festen Strukturen getragen werde. Aus dieser Gruppe heraus würden auch die meisten Gewalttaten verübt, deren Zahl im vergangenen Jahr deutlich angestiegen sei.

 

Bei Linksextremismus habe sich die Szene in Leipzig nach Berlin und Frankfurt/Main zu einer Hochburg entwickelt. „Die Straftaten sind hier auch immens gewachsen, insbesondere die Gewalttaten“, sagte Meyer-Plath. Die größte Gruppe bildeten mit etwa 370 Mitgliedern die Autonomen. Laut Verfassungsschutz muss von einem weiteren Anwachsen der Szene und einer Zunahme von konspirativen Aktionen und Anschlägen ausgegangen werden.

 

Ausländerextremismus und Islamismus seien nach wie vor nur eine „Randerscheinung“ in Sachsen. Jedoch sei die Zahl der Islamisten im vergangenen Jahr um rund 90 auf 300 gestiegen. „Auch das hat natürlich mit der Flüchtlingssituation zu tun“, sagte Meyer-Plath. Integration sei hier der beste „Anti-Terror-Schutz“, betonte Ulbig.