Neuer Massenprozess gegen Bask/innen

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Auf Veranlassung des Richters Velasco sollen in einem neuen Massenprozess 47 Baskinnen und Basken vor Gericht gestellt werden, die in 4 Razzien festgenommen worden waren, weil sie auf verschiedene Weise Kontakt zu baskischen Gefangenen gehabt hatten. Daraus konstruiert der Richter, sie hätten „im Auftrag von ETA“ gehandelt, Beweise für diese Behauptung fehlen vollkommen.

Als im September 2013 die Guardia Civil 18 Mitglieder von Herrira festnahm (Solidaritäts-Organisation für baskische Gefangene), sprach die spanische Regierung von einem Schlag gegen „Tentakel von ETA“. Seither steht die Solidarität mit baskischen Gefangenen als Verhaftungsmotiv ganz oben auf der Repressionsliste. Der ersten folgten weitere Razzien gegen Anwältinnen, Mediziner, Familienangehörige und Menschenrechts-Aktivisten. Ihnen wird nun „Mitgliedschaft und Zusammenarbeit“ in und mit einer bewaffneten Organisation vorgeworfen. Gefordert werden zwischen5 und 12 Jahre Haft.

 

Auf 104 Seiten übernimmt der Richter, ehemaliger PP-Abgeordneter, die Version der Guardia Civil, teilweise sind die Sätze schlicht aus dem Bericht der Polizei kopiert, viel Arbeit macht er sich also nicht. Die Theorie lautet: Es gibt eine „Gefängnis-Front“ (frente de carceles) und die gehört zu ETA. Wer sich also für die (demokratischen) Rechte der Gefangenen einsetzt, wird mit bewaffneter Aktion gleichgesetzt. Als „Beweis“ gilt die Behauptung, die Angeklagten „seien sich bewusst gewesen, dass sie organisch zu ETA gehörten und dass ihre Tätigkeit der Organisation helfe“. Zur Erinnerung: alle Festnahmen erfolgten zwei Jahre nachdem ETA das definitive Ende ihres Kampfes angekündigt hatte, mehr als 6 Jahre nach der letzten bewaffneten Aktion.


Der Richter interpretiert den Gewaltverzicht von ETA auf seine Weise. Es handele sich „um einen Strategiewechsel und nicht um eine Änderung der Ziele“. Der Kampf um die Rechte der Gefangenen habe den Zweck, andere gesellschaftlichen Gruppen gegen den Staat aufzuhetzen und diesen zu einem Kurswechsel in der Gefangenenpolitik zu zwingen. Zumindest Letzteres enthält einen Wahrheitsgehalt, aber politische Meinungsfreiheit ist in autoritären Staaten nicht erwünscht. Jedenfalls könnten sich nach dieser Logik auch Amnesty International und UNO-Kommissionen schuldig gemacht haben, denn sie vertreten dieselben Kritikpunkte. Den Angeklagten sei es auch darum gegangen, die Gefangenen „unter Kontrolle“ zu halten und „den Zusammenhalt zwischen ihnen“ zu erhalten.


Dass Beweise für die Verbindung zwischen Angeklagten und ETA fehlen, hindert den Juristen nicht an seinem Vorgehen. Er gibt sogar zu, dass es keine Dokumente gibt, die Verbindungen anzeigen. So zimmert er aus der öffentlichen und für alle sichtbaren Solidaritätsarbeit der Angeklagten den Beweis, dass dies im Auftrag von ETA geschah: Kundgebungen und Demos zu organisieren.


Gegen die Anwältinnen wird ähnlich argumentiert. Ihr Verbrechen: Gefangene (beruflich) besucht zu haben, Information über diese zu besitzen und bei öffentlichen Auftritten auf deren Situation aufmerksam zu machen, zum Beipsiel auf internationalen Menschenrechts-Foren. Es gehe hier um „Deslegitimierung“ der Staaten F und S. Der Mediziner-Gruppe Jeiki Hadi wird die „Sorge um die Gesundheit der Gefangenen“ vorgeworfen (ein ungeheurers Verbrechen!), der Angehörigen-Organisation Etxerat! (Nach Hause), sie habe dem Ganzen „den humanitären Touch“ verliehen – nicht einmal Angehörige haben also das Recht, für ihre Leute einzutreten. Trotz der scheinheiligen Beweislage ist mit Urteilen zu rechnen. (Red.Baskinfo) 

 

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