Tillich: Parallelgesellschaften vermeiden - Integrationsexperten in Dresden

Erstveröffentlicht: 
18.04.2016

Fordern und Fördern: Die Integration von Migranten ist eine dringliche Aufgabe. Zwei Tage lang treffen sich Experten dazu in Dresden, der Hochburg der fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung.

 

Dresden. Die Integrationsbeauftragten von Bund, Ländern und Kommunen verlangen Nachbesserungen am geplanten Integrationsgesetz. Es gebe Fragen, die mit dem vorgelegten Papier noch nicht beantwortet seien, sagte Sachsens Integrationsministerin Petra Köppig (SPD) am Montag vor Beginn einer zweitägigen Bundeskonferenz der Beauftragten in Dresden.

 

Dazu wurden rund 250 Gäste erwartet. Als Beispiel für Defizite nannte Köpping die Integrationskurse. Sie seien bisher auf Flüchtlinge aus Syrien, dem Irak, Iran und Eritrea begrenzt, müssten aber für alle Neuankömmlinge mit Bleibeperspektive gelten. Konkret nannte sie Migranten aus Afghanistan und Libyen. Zudem dürfe die Wohnsitzauflage für Betroffene nicht dazu dienen, dass sie eine Arbeitsaufnahme andernorts erschwere.

 

Bundesratspräsident Stanislaw Tillich (CDU) warnte bei der Eröffnung der Konferenz vor Versäumnissen bei der Integration. „Eine Bildung von Parallelgesellschaften und Ghettos gilt es unter allen Umständen zu vermeiden“, sagte der sächsische Regierungschef. Arbeit, Bildung und Sprache seien die entscheidenden Punkte für eine funktionierende Integration. Tillich appellierte an den Bund, die Länder und Kommunen dabei noch mehr und nachhaltiger zu unterstützen. Zugleich verurteilte der Regierungschef die fremdenfeindlichen Vorgänge in Sachsen scharf: „Durch mehr Repression und Prävention muss es uns gelingen, die unsägliche Saat der Vergangenheit nie wieder erblühen zu lassen.“

 

Auch Köpping plädierte für mehr Hilfe vom Bund. Wenn die Sprachkurse nicht liefen, sei alles Nachfolgende wie die Integration auf dem Arbeitsmarkt nicht lösbar: „Wir müssen im Bund überlegen, wo wir die Prioritäten setzen.“ Deutschland befinde sich in einer wirtschaftlich und finanziell sehr guten Lage. „Was wir in der Integration heute verpassen, das werden wir in Zukunft doppelt und dreifach bezahlen.“

 

Die Koalitionsspitzen von CDU und SPD hatten sich darauf geeinigt, die Integration Hunderttausender Flüchtlinge in Deutschland mit einem Mix aus Hilfen und Pflichten zu beschleunigen. Ablehnung oder Abbruch von Integrationskursen soll zu Leistungskürzungen führen. Geplant sind auch Wohnsitzzuweisungen und zusätzliche Arbeitsgelegenheiten wie Ein-Euro-Jobs.

 

Integration brauche klare Taten statt großer Worte, erklärte Sevim Dagdelen, Integrationsbeauftragte der Linken im Bundestag. „Gesetzesverschärfungen, Sanktionen und Wohnsitzauflagen befördern keine Integration. Sie befördern eher rechte Stammtischdebatten.“ Eine soziale "Ghettoisierung" verhinderte man nicht durch Auflagen zum Wohnsitz. Vielmehr beschränken diese den Zugang zum Arbeitsmarkt und führen zur Isolation von Flüchtlingen. Die Bundesbeauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration, Aydan Özoguz, reiste wegen eines Trauerfalls nicht nach Dresden. „Ich habe mich bewusst für Dresden als Veranstaltungsort entschieden. Damit wollte ich ein Zeichen setzen und den Menschen in Sachsen den Rücken stärken, die sich unter nicht immer leichten Bedingungen tagtäglich für Flüchtlinge einsetzen“, betonte sie in einer Erklärung.

 

Dresden steht als Hochburg der Pegida-Bewegung seit eineinhalb Jahren im Fokus der Medien. Auch am Montagabend war eine Kundgebung der selbsternannten „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) geplant. Parallel dazu wollten sich die Integrationsbeauftragten an Gegenprotesten beteiligen. Dazu hatte Özoguz ihre Kollegen aufgerufen.