Reichsbürger wegen Überfall zu Gefängnisstrafe verurteilt

Richterhammer

Knapp drei Jahre nach der Razzia gegen Mitglieder des „Deutschen Polizei Hilfswerkes“ (DPHW) wurde am Montag mit Volker Schöne der mutmaßliche Kopf der reichsbürgernahen Gruppe im Amtsgericht Meißen zu 27 Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Im Februar 2013 hatten mehr als 100 Beamtinnen und Beamte acht Wohnungen und eine Betriebsstätte in Sachsen und Brandenburg durchsucht. Den Mitgliedern des DPHW war der Überfall auf einen Gerichtsvollzieher vorgeworfen worden. Am 23. November 2012 war der Mann in dem zu Radeburg gehörenden Ortsteil Bärwalde von rund 20 Personen bedroht und vorläufig festgenommen worden.

 

Den Vorwurf auf „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ hatte die Dresdner Staatsanwaltschaft schon im August 2015 eingestellt.

 

Wie das Justizministerium auf eine Kleine Anfrage der Landtagsabgeordneten Kerstin Köditz (Die Linke) bekannt gab, war die Gruppierung offenbar viel größer als gedacht: Zwischenzeitlich richteten sich die Ermittlungen wegen Mitgliedschaft in und Bildung einer kriminellen Vereinigung gegen fast 300 Personen. Über 60 Personen aus dem Umfeld des DPHW war vorgeworfen worden, sich nicht nur einmal strafbar gemacht zu haben.

 

Insgesamt stehen mehr als 50 verschiedene Straftatbestände im Raum, häufigster Vorwurf: Nötigung (57 Mal). Darüber hinaus wird gegen Mitglieder des DPHW wegen Freiheitsberaubung (17) sowie Bedrohung und Erpressung (13) ermittelt. Neben sieben Körperverletzungsdelikten stehen auch Vorwürfe wie Geldwäsche, Volksverhetzung und das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen im Raum. Mindestens eine Person soll zudem eine unerlaubte Schusswaffe besessen haben.

 

„Auch wenn Innenminister Ulbig wie meistens über die Fakten nicht informiert ist, ist für Experten seit Jahren deutlich, dass Sachsen eine Hochburg der so genannten „Reichsbürger“-Szene ist.“ Kerstin Köditz zur Bedeutung der Reichsbürger in Sachsen

 

Während bereits im Dezember 2015 einer der Täter, ein 56jähriger Meißner, vom Meißner Amtsgericht wegen Freiheitsberaubung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu 22 Monaten ohne Bewährung verurteilt worden war, waren drei der ebenfalls angeklagten Beschuldigten nicht zur Verhandlung erschienen.

 

Nachdem die Polizei zwei der Angeklagten auch an ihrem Wohnsitz nicht antreffen konnte, wurde gegen die Beiden Haftbefehle erlassen. Wenige Wochen später konnte das Spremberger Ehepaar von der Polizei doch noch ausfindig gemacht und bis zum Prozessbeginn in Sitzungshaft genommen werden. Mitte Januar wurde die Beiden schließlich gemeinsam mit vier weiteren Männern zu Haftstrafen zwischen zehn und 30 Monaten ohne Bewährung verurteilt.

 

Nach einem Prozess im Februar, bei dem zwei 64 und 59 Jahre alte Männer aus dem Vogtland und ein 41jähriger Großenhainer zu Gefängnisstrafen verurteilt worden waren, folgte schon im März der nächste Prozess gegen einen 74-Jährigen, der im vogtländischen Auerbach bereits wegen des unerlaubten Besitzes von Schusswaffen und fahrlässiger Tötung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten auf Bewährung verurteilt worden war.

 

Die Polizei hatte bei den Ermittlungen zu diesem Fall die Wohnung des Mannes durchsucht und dabei verschiedene Schusswaffen gefunden. Trotz des Urteils aus Auerbach und der Verstrickung des 74-Jährigen in das Reichsbürgermilieu einigte sich das Gericht mit ihm auf eine zweijährige Haftstrafe, die noch zur Bewährung ausgesetzt wurde. Im Gegenzug räumte der ehemalige NVA-Soldat seine Beteiligung an der Tat ein.

 

Volker Schöne, der in der Vergangenheit als Fördermitglied in der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) aktiv gewesen und nach Kritik an der geplanten Polizeireform aus der Gewerkschaft ausgeschlossen worden war, konnte von Polizeifahndern trotz verändertem Aussehen nach Zeugenhinweisen im Februar in Dresden festgenommen werden.

 

Seitdem verbüßt er eine zweimonatige Ersatzfreiheitsstrafe wegen einer nicht bezahlten Geldstrafe und stand am Montag als letzter Angeklagter vor Gericht. Amtsrichter Andreas Poth, der den vor Gericht schweigsamen Schöne als „treibende Kraft“ hinter dem Überfall bezeichnete und von einem „gezielten Angriff auf den Staat“ sprach, verurteilte den 45-Jährigen schließlich am Montag zu einer 27monatigen Gefängnisstrafe ohne Bewährung.

 

Blog zum Thema: Reichsdeppen-Rundschau