Le monde ou rien - Nach dem Aktionstag ist vor dem Aktionstag (Frankreich)

Precarite a perpetuite

Nach dem Aktionstag vom 09. März, an dem in Frankreich landesweit Hunderttausende gegen die geplanten Reformen der Gesetze des Arbeitsrecht auf die Strasse gegangen waren, laufen derzeit die Vorbereitungen für weitere Proteste und Aktionen. Schüler und Studenten bereiten sich derzeit auf den nächsten Aktionstag am kommenden Do vor. Die beiden großen Gewerkschaften CGT und CGT-FO, die für den 09. März Teile ihrer Gefolgschaft mobilisieren konnten, werden sich allerdings an den Protesten am 17. März nicht beteiligen. Sie planen einen eigenen weiteren Aktionstag am 31. März.

Nachdem bereits kurz nach den Protesten vom 09. März die Arbeitsministerin erklärt hatte, das Gesetzespaket werde nicht in der geplanten Form verabschiedet werden, bestätigte heute auch Ministerpräsident Manuel Valls unmittelbar vor einem Treffen mit Gewerkschaftsvertretern und Vertretern der Arbeitgeberverbände, dass es Änderungen am ursprünglichen Gesetzesentwurf geben werde. Was bisher aber an angedachten Änderungen öffentlich gemacht wurde, dürfte nicht dazu führen, dass die Strassenproteste nachlassen werden.

 

Mit dem Hinweis auf die geringe Zahl an zusätzlichen Arbeitsplätzen, die in den letzten Jahren in Frankreich geschaffen wurden, sah der ursprüngliche Gesetzesentwurf u.a. eine weitere massive Aufweichung der nach wie vor geltenden 35 Stunden Woche vor.
So soll es in Zukunft möglich sein, dass das Unternehmen eine Wochenarbeitszeit von 44 Stunden anordnen kann und dies in Zukunft für die Dauer von 16 statt bisher 12 Wochen. Ebenso entfallen Vergütungen für Bereitschaftsdienste, Überstunden sollen in Zukunft nur noch mit einem Aufschlag von 10 % vergütet werden, selbst wenn Tarifverträge eigentlich einen Aufschlag von 25 % vorsehen. Besonderen Ärger lösen die geplanten Änderungen des Kündigungschutzes aus. So sollen in Zukunft Unternehmen Kündigungen nicht nur aussprechen können, wenn der Betrieb rote Zahlen schreibt, sondern auch wenn es nicht gelingt, Gewinne zu realisieren. Außerdem sah der ursprüngliche Gesetzesentwurf eine Deckelung nach oben für Entschädigungen nach Kündigungen vor, was die bisherige Praxis von teilweise sehr hohen Entschädigungssummen nach Gerichtsurteilen verunmöglichen würde. 

 

In ersten Reaktionen zeigte sich heute nun auch führende Vertreter der CGT und der FO nicht angetan von den "Reformen der Reform". Sie kündigten an, ihre Mobilisierungen für den 31. März fortzusetzen. Aucn Vertreter der "nationalen Studentenorganisation" l’Union nationale des étudiants de France (UNEF), die ebenfalls an dem heutigen Treffen teilgenommen hatten, erklärten anschlißend, es werde weiter gegen die geplanten Änderungen mobilisiert werden. Lediglich die CFDT, der zweitgrößte Gewerkschaftverband, zeigte sich auch heute zufrieden mit dem von der Regierung eingeschlagenden Kurs. Die CFDT hatte es ebenso wie einige kleinere christliche und rechtsgerichtete Gewerkschaften abgelehnt, sich an den landesweiten Prostesten zu beteiligen. Trotzdem war in einigen Städten die eine oder andere Gruppe der CFDT letzte Woche auf der Strasse zu sehen gewesen.

 

Jenseits der Sphäre der sozialpartnerschaftlichen Verhandlungen und Kompromisse werden derweil die Vorbereitungen für die Kämpfe der kommenden Wochen vorangetrieben. Nachdem es am 09. März (nicht nur) an einigen Pariser Oberschulen Materialblockaden der Schulgebäude gab, soll diese Praxis am 17. März ausgeweitet werden. Am 17. März wird es in Paris nach den Blockaden wieder eine Vorabdemo der Schüler geben, die sich der zentralen Demo anschliessen wird, die um 14:00 Uhr am Platz der Republik stattfinden wird. Nach den zahlreichen direkten Aktionen auf der Schüler Demo vom 09. März ist wohl eine noch höhere Bullenpräsenz zu erwarten. Außerdem wird es am kommenden Samstag ein landesweites Treffen von Schülern und Studenten geben, das in dieser Woche in zahlreichen Versammlungen an den Unis und Schulen in Paris, aber auch in Rennes, Nantes, Lille,... vorbereitet wird. Demos wird es am kommenden Donnerstag auch nicht nur in der französischen Hauptstadt, sondern auch in Nantes, Lyon, Lille, Rennes und Toulouse geben.