Seit nun mehr als 100 Jahren gehen Frauen weltweit auf die Straßen seitdem die ersten Textilarbeiterinnen in New York für bessere Arbeitsbedingungen und gleichen Lohn für gleiche Arbeit demonstriert haben und Clara Zetkin 1910 auf der Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz den 8. März als Frauenkampftag ausgerufen hat.
Zum Frauenkampftag 2016 organisierte die "Initiative Frauenkampftag Stuttgart" zum 8. März unter dem Motto „Ohne Organisierung keine Befreiung“ eine Kundgebung an der Liederhalle mit einem anschließenden Demonstrationszug über Theodor-Heuss-Straße, Zwischenkundgebung an der CDU Zentrale und Abschlusskundgebung an dem Lilo Herrmann Denkmal.
Bei der Auftaktkundgebung wurde eine Rede von einer Vertreterin des Kurdischen Studierenden Verband YXK gehalten, welche auf die heutige Situation in der Türkei und in Kurdistan hingewiesen hat und die Rolle der Frau in der heutigen patriarchalen Gesellschaft thematisiert hat. Dabei wurde Bezug zu der PKK Mitbegründerin und Frauenverantwortlichen Sakine Cansiz genommen.
Die Moderation ging auf die „FrauenquotenPolitik“ der CDU – und insbesondere Merkels Politik – ein, da diese nur einem kleinen, privilegierten Anteil der Frauen Vorteile bietet und nur eine Reform in dem kapitalistischen und ausbeuterischen System ist. Diese und vor allem die Geflüchtetenpolitik wurde wenige Meter von uns entfernt, in der Liederhalle thematisiert, daMerkel dort eine Wahlveranstaltung der CDU abhielt.
Danach zog der Demostrationszug mit Verspätung durch ein massives Polizeiaufgebot in Richtung Stadtmitte los, im Spalier von BFE Einheiten, jedoch entschlossen und kämpferisch. Die Demonstration führte über die Theodor-Heuss-Straße hin zur CDU-Zentrale, dort wurde eine Zwischenkundgebung abgehalten. Es wurde eine Rede des Antifaschistischen Aktionsbündnis Stuttgart und Region, AABS über den rechten Antifeminismus gehalten, der einer der Grundpfeiler des jetzigen gesellschaftlichen Rechtsruckes bildet. Zudem wurde ein Grußwort an die Frauendemonstrationen in einigen Großstädten der Türkei und Kurdistans gehalten, die im Rahmen des 8. März entgegen des Demonstrationsverbot auf die Straße gingen und gegen massive Repression und Polizeigewalt kämpften.
Rund um die CDU-Zentrale fand auch eine Flashmob-Aktion statt, bei der Plakate mit Sprüchen wie „Frauen die kämpfen, sind Frauen die Leben.“ angebracht worden sind. Auch bei dieser kreativen Aktion konnte die Polizei nicht ihre Finger aus dem Spiel lassen und nahm einer Aktivistin die Personalien ab unter dem Vorwand von „Sachbeschädigung“. Lautstark mit Parolen wie „Frauen kämpfen international gegen Faschismus, Krieg und Kapital“ und einem bunten Protest ging es weiter zum Park der Universität Mitte zu dem Gedenkstein der Widerstandkämpferin Lilo Herrmann, wo die Abschlussrede der „Initiative Frauenkampftag Stuttgart“ gehalten wurde (Siehe Unten) und am Gedenkstein Nelken niedergelegt wurden. Dabei wurde bemerkt, dass der Gedenkstein mit einem Hakenkreuz beschmiert worden ist.
Wir haben an diesem Tag klar ein Zeichen gegen rechten Antifemnismus und für die Befreiung der Frauen gesetzt. Vor allem in Zeiten der sogenannten „Demo für Alle“, AfD und des gesellschaftlichen Rechtsrucks gilt es sich weiterhin entschlossen gegen die Unterdrückung der Frau zu kämpfen. Dafür ist es notwendig, Frauenkampf in die Praxis umzusetzen.
Denn ohne Organisierung keine Befreiung
Hoch die internationale Solidarität!
Rede der Initiative Frauenkampftag Stuttgart:
Wir befinden uns aktuell in einem gesellschaftlichen Rechtsruck. Dabei ist Deutschland keine Ausnahme. In ganz Europa ist ein Erstarken von konservativen und rechten Kräften zu verzeichnen. Wie Homophobie und Rassismus ist auch Antifeminismus ein tragender Bestandteil der rechten Denke und Forderungen.
Dabei steht ein reaktionäres Frauenbild im Vordergrund, das Frauen jegliche Selbstbestimmung über sich und ihren Körper abspricht. Die Frau soll der traditionellen Geschlechterrolle entsprechen. Nach diesem bürgerlichen Gesellschaftsbild ist die Frau für die Reproduktion der Gesellschaft zuständig. Das heißt konkret: die Frau ist für die Hausarbeit und Kindererziehung zuständig, um damit ihrem Mann den Rücken freizuhalten, sodass dieser in der direkten Produktion arbeiten kann.
Es reicht schon so weit, dass neben diesen sexistischen Stereotypen, der Frau das sexuelle und reproduktive Recht entzogen wird. Wer sich also für eine Abtreibung entscheidet, der wird die „Tötung ungeborenen Lebens“ vorgeworfen. Die angebliche Gleichstellung die de facto in der Gesellschaft nicht besteht, wird mit …. begründet, wie die Frauenquote, die perfekt ins kapitalistische System integriert werden kann, jedoch nur einer sehr geringen Anzahl, den ohnehin privilegierten Frauen nützt. Dazu zählt auch die ökonomische Ungleichheit, dass Frauen bei gleicher Arbeit nach wie vor ca. 22 % Prozent weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen.
Die Unterdrückung der Frau ist aber kein Phänomen des Rechtsrucks. Vielmehr ist sie ein Produkt der Klassengesellschaft, und findet in einer patriarchalen Form statt. Im herrschenden Kapitalismus stellt sich das patriarchale Verhältnis in Unterdrückung und Ungleichbehandlung der Frau dar. Dabei gibt es in dieser kapitalistischen Gesellschaft eine klare geschlechtliche Arbeitsaufteilung. Frauen wird die Aufgabe der Reproduktion zugewiesen. Durch die herrschenden Verhältnisse sind sie immer wehrend mit psychischer, physischer, sexueller und struktureller Gewalt konfrontiert. Der rechte Antifeminismus dient zur Stabilisierung der Verhältnisse.
So werden zum Beispiel sexuelle Übergriffe in der Silvesternacht in Köln als rassistische Hetze gegen Geflüchtete instrumentalisiert. Dabei wird dieser Abend als ein einmaliges Ereignis dargestellt, obwohl Gewalt gegen Frauen alltäglich ist. Bei der Debatte werden falsche Ängste geschürt, anstatt auf die Rechte der Frau einzugehen.
Die Situation der Frau steht für den sozialen Fortschritt einer Gesellschaft. So gibt es in Rojava ein beeindruckendes Projekt, das aufzeigt, dass ein solidarisches, gleichberechtigtes Miteinander möglich ist, unabhängig von Geschlecht, Religion und Ethnie. Die demokratischen Selbstverwaltungsstrukturen und die Frauenbefreiung in Rojava zeigen einen fortschrittlichen Ansatz. Neben der YPG, den Volksverteidigungseinheiten, spielt die YPJ , die Frauenverteidigungseinheiten eine zentrale Rolle bei der Befreiung der Region und ist ein wichtiger Bestandteil bei der Verteidigung gegen den Islamischen Staat.
Frauen nehmen nicht nur militärisch eine administrative Rolle ein, sondern tragen sie auch in allen gesellschaftlichen Bereichen. In den Räten wird die vorgeschriebene Quote von 40% meistens übertroffen, Administrativ führende Positionen werden von Frauen doppelt besetzt. Frauenhäuser bieten Frauen ein Schutzraum. Neu geschaffene Frauengerichte ermöglichen das Frauen über Gewaltdelikte von Frauen urteilen.
Die Gewalt an Frauen hat nach der Befreiung drastisch abgenommen. Es wurde erkannt dass die Befreiung der Gesellschaft mit der Befreiung der Frau einhergehen muss. Frauen müssen ich organisieren um ihre eigenen Interessen erkämpfen zu können.
Die Befreiung der Frau bedeutet Freiheit, Freiheit für die es zu kämpfen lohnt. Ivana Hoffmann eine Kommunistin aus Deutschland ist im letzten Jahr für diese Freiheit gefallen. Der Kampf für die Menschlichkeit, ein solidarisches Leben und die Befreiung der Frau waren der Antrieb für ihren Entschluss nach Rojava zu gehen. Sie schloss sich als MLKPlerin der YPJ an, um die Rojava- Revolution und damit ein fortschrittliches Gesellschaftsmodell zu verteidigen. Sie konnte Teil der Revolution werden und hat für die Befreiung ihr Leben geopfert.
Widerstand ist gar nicht so weit wie man denkt. Auch hier in Stuttgart gibt und gab es Widerstandskämpferinnen. So wie Lilo Hermann, an deren Denkmal wir gerade stehen. Eine antifaschistische Widerstandskämpferin die gegen den Faschismus in Deutschland gekämpft hat, und den Kampf zur Überwindung der kapitalistischen Gesellschaftsordnung verknüpft hat.
Es ist wichtig, die Widersprüche des weltweiten Kapitalismus zu erkennen und diese anzugehen. Frauen wie Ivana Hoffmann oder Lilo Herrmann, leben in unserem Kampf und unserer Entschlossenheit weiter. Gedenken heißt kämpfen und sowie im Beispiel Rojava, die Zukunft in die eigenen Hände zunehmen. Es ist notwendig sich als Frauen zu organisieren, um die eigenen Interessen zu erkämpfen oder auch gegen diejenige agieren zu können die sich der Frauenbefreiung entgegenstellen, seien es nun rechte, reaktionäre oder bürgerliche Kräfte. Auch jetzt, hier vor Ort können wir uns für unsere Rechte organisieren und kämpfen. Frauen kämpfen schon Jahrzehntelang für ihre Rechte, doch bei genauerer Betrachtung stellen wir fest, dass der Kampf für die Erfüllung der Befreiung immer noch weit entfernt ist. Auch wenn in diesem kapitalistischen System gewisse Errungenschaften erkämpft werden können und bereits wurden, ist eine reale Befreiung der Frau in diesem System nicht möglich. Der Kampf um die Befreiung der Frau muss also mit der Befreiung der Gesellschaft einher gehen. Denn Frauenkampf heißt Klassenkampf.
Es ist wichtig, eigene Perspektiven aufzuzeigen, mit deren Aufbau zu beginnen und eine bessere Zukunft ohne Ausbeutung und Unterdrückung zu erarbeiten.
In diesem Sinne kämpfen wir für eine Gesellschaft, in der die kapitalistische Ordnung, die Herrschaftsverhältnisse und die Frauenunterdrückung überwunden sind und Menschen unabhängig von Profit und irgendwelchen Geschlechterrollen ihr Zusammenleben organisieren können.
Ohne Organisierung keine Befreiung!
Frauen kämpfen international gegen Faschismus, Krieg und Kapital!!
Weitere Veranstaltungen der Initiative Frauenkampftag Stuttgart: