Wiederholt sind Interna von Ermittlern bei Rechten gelandet – die islamfeindliche Legida twitterte die Namen polizeilich registrierter Linker
Wieder einmal gibt es eine undichte Stelle bei der sächsischen Polizei, aus der Informationen zu Rechten gelangen. In diesem Fall an das fremdenfeindliche Bündnis Legida in Leipzig . Koalition wie Opposition sind entsetzt. Die Einschätzungen reichen von "nicht zu tolerieren" (CDU) bis "skandalös" (Linke).
Was war passiert? Am Montag hatten Polizisten in der Nähe von Grimma, östlich von Leipzig, ein Auto mit vier Insassen kontrolliert. Sie waren offenbar auf dem Weg zu einer linken Gegenveranstaltung zur Demonstration von Pegida und Legida am gleichen Tag in Leipzig. Zwei davon sind im Polizeisystem als "linksmotivierte Straftäter" registriert. Bei der Durchsuchung fand die Polizei vier Reizgasflaschen, ein Brecheisen, einen Kanister mit fünf Litern Diesel, drei Funkgeräte, eine Schussweste, einen GPS-Störsender, eine Gaspistole mit Munition, Leuchtraketen, einen Hammer und einen Holzknüppel. All dies war kurze Zeit später nachzulesen – auf den Twitter-Accounts von Legida und auch bei der rechtsextremen NPD. Legida postete ein Polizeifoto der beschlagnahmten Gegenstände gemeinsam mit einem internen Dokument der Polizei, auf dem die Namen der Verdächtigen klar erkennbar waren. Die NPD zeigte das Dokument ebenfalls.
Die Leipziger Polizei ermittelt inzwischen wegen Geheimnisverrats. "Das könnte ein langwieriger Prozess werden", schätzt aber ein Polizeisprecher ein. Denn auf das interne System habe grundsätzlich jeder in der Behörde Zugriff. Inzwischen hat das Landeskriminalamt veranlasst, die Protokolldaten von Zugriffen auf die Dateien zu prüfen. Dadurch kann der Täterkreis zumindest eingeschränkt werden.
Der politische Druck auf die Polizei wächst. So fordert der innenpolitische Sprecher der CDU im sächsischen Landtag, der frühere Polizist Christian Hartmann, "schonungslose Aufklärung" und "harte Konsequenzen, wenn sich die Vorwürfe bestätigen sollten" und setzt nach: "Geheimnisverrat ist bei der Polizei nicht zu tolerieren." Alles Dinge, die eigentlich selbstverständlich sein sollten. Albrecht Pallas, ebenfalls ein früherer Polizist und Innenpolitiker von Koalitionspartner SPD, spricht von einem "unglaublichen Vorgang, der dringend aufgeklärt werden muss".
Grünen-Innenpolitiker Valentin Lippmann ergänzte: "Der Vorfall ist umso fataler, als es nicht das erste Mal ist, dass die Polizei Informationen an Privatpersonen weitergibt, die dies politisch für sich nutzen." Der Oppositionspolitiker erinnert daran, dass sich im September Pegida-Chef Lutz Bachmann auf seiner Facebook-Seite damit gebrüstet hatte, E-Mails und Faxe von der Polizei mit internen Informationen zu erhalten. Er veröffentlichte auch Beleg-Dokumente.
Auf Anfrage Lippmanns antwortete Innenminister Markus Ulbig (CDU) im Oktober nur, dass ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Datenschutzgesetz eingeleitet worden sei. So lange das laufe, könne man die Fragen nicht beantworten. "Eine mehr als ausweichende Antwort", meint Lippmann, der befürchtet, dass sich Ulbig "auch den neuen Fällen nicht mit Nachdruck widmet".
Bereits im vergangenen Mai waren Verbindungen von drei Leipziger Polizisten zur NPD und Legida bekannt geworden – als Ergebnis einer Straftat von Linksextremen. Diese hatten das frühere Leipziger NPD-Mitglied Alexander K. überfallen und sein Handy erbeutet. Die ausgelesenen Kurzmitteilungen wurden auf einer linksradikalen Internetplattform veröffentlicht.
Demnach benutzte ein Polizist im Internet den Hitlergruß ("88") und trug Kleidung der bei Rechten beliebten Marke "Thor Steinar" auch im Dienst. Ein anderer Beamter, dessen inzwischen verurteilter Sohn bei einem tödlichen Überfall auf einen Iraker im Jahr 2010 zuschaute, soll Beweismittel unterschlagen haben.
Und ein Bereitschaftspolizist war demnach mit Alexander K., der inzwischen der Partei "Die Rechte" angehört, befreundet. "Hier marodieren schon wieder linke Gutmenschen", schrieb der Beamte in einer der Kurzmitteilungen anlässlich von Gegendemonstrationen zu Legida im Januar 2015. Bei einer anderen Legida-Demo soll er dem Rechtsextremisten K. sogar mitgeteilt haben, wo er mit seiner Einheit steht. Und er fragte K.: "Geht's euch gut." Antwort: "Ja, sind gut rausgekommen." Die Polizei sah weder einen Anlass für Disziplinarmaßnahmen noch konnte sie strafrechtliche Verstöße festgestellten. Eine Sprecherin des Innenministeriums sagte nun auf Anfrage. "Allerdings wurde ein Beamter dienstintern umgesetzt und von Einsatzmaßnahmen abgezogen." Eine Disziplinarmaßnahme sei dies jedoch nicht, ergänzte sie.
Zu dem aktuellen Fall sagte Enrico Stange, innenpolitischer Sprecher der Linken im Landtag: "Es steht zu vermuten, dass es sich um ein vorbereitetes Vorgehen handelt, wobei gezielt nach solchen Informationen mit dem Zweck der Weitergabe von Namen und personenbezogenen Daten gesucht worden ist." für ihn sei es offensichtlich, dass in Leipzig Bedienstete der Polizei aktive Kontakte und wohl auch inhaltliche Nähe in die rechtsradikale und gewaltbereite Szene unterhalten."
Nachdem am Montag die Polizei über Twitter darüber informiert hatte, nun wegen Geheimnisverrats zu ermitteln, sagte ein Sprecher zu Journalisten: "Es liegt ein brauner Schatten über der Polizeidirektion Leipzig." Später zog die Polizei diese Äußerung zurück.