Mit Merkels flüchtlingspolitischen Kurs sind immer weniger CDU-Politiker einverstanden. Einzelne Bundestagsabgeordnete aus Baden-Württemberg wollen, dass die Grenzen dicht gemacht werden.
Die "Bild"-Zeitung berichtet in ihrer Mittwochsausgabe, dass unter anderem der Künzelsauer CDU-Mann Christian von Stetten darauf drängt, Deutschlands Grenzen dicht zu machen. In der Unions-Fraktion habe am Dienstag eine Unterschriftenaktion für einen entsprechenden Antrag begonnen. In diesem heißt es demnach: "Personen, welche über einen sicheren Drittstaat illegal nach Deutschland einreisen wollen, müssen schon an der Grenze zurückgewiesen werden, so wie es §18 Abs. 2 Asylverfahrensgesetz vorsieht."
Mehr als 40 der 311 Parlamentarier von CDU und CSU haben laut "Bild" bereits unterzeichnet. Abgestimmt werden solle über den Antrag in der nächsten Fraktionssitzung am 26. Januar. "Ein Antrag liegt nicht vor", hieß es am Mittwoch allerdings aus Kreisen der Fraktionsspitze zu der Unterschriftenaktion.
In der Sitzung vom Dienstag wurde das Vorhaben nach Teilnehmerangaben nicht erwähnt. Der CDU-Bundesparteitag hatte einen Antrag, der Zurückweisungen an der Grenze forderte, vor vier Wochen noch klar abgelehnt.
Viel Diskussionsbedarf bei CDU-Abgeordneten
Doch von Stetten steht mit seiner Kritik nicht allein: Wie heute.de berichtet, hat sich die CDU-Landesgruppe Baden-Württemberg in der Fraktionssitzung ausschließlich kritisch zu Angela Merkels Kurs geäußert. Armin Schuster, Abgeordneter aus Weil am Rhein, soll von einem "Kontrollverlust" gesprochen haben.
Auch Unionsfraktionschef Volker Kauder, der selbst aus Baden-Württemberg stammt, räumte am Mittwoch in der ARD ein, dass es unter den Abgeordneten unterschiedliche Auffassungen gebe, wie die Zahl der nach Deutschland kommenden Schutzsuchenden reduziert werden könne. Trotz des klaren Rückhalts für Merkel beim Karlsruher CDU-Parteitag Mitte Dezember hatte es in der Fraktionssitzung am Dienstag nach Teilnehmerangaben eine kontroverse zweieinhalbstündige Diskussion gegeben.
Landtagsabgeordnete wollen "Hürden für Ausweisungen senken"
Die CDU-Fraktion im baden-württembergischen Landtag will dagegen vor allem die Zuwanderung aus Nordafrika begrenzen. Das steht in einer Erklärung, die auf einer Klausur in Titisee-Neustadt im Schwarzwald beschlossen wurde. Dafür sollten auch Marokko und Algerien zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden. In sichere Herkunftsländer können abgelehnte Asylbewerber einfacher zurückgeschickt werden. Zudem spricht sich die Fraktion für "Rückführungseinrichtungen" für abgelehnte Flüchtlinge nach bayerischem Vorbild aus.
Angesichts der Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht in Köln und andernorts bekräftigte die Fraktion auch ihre Forderung nach einer Aufstockung der baden-württembergischen Polizei um 1.500 Stellen. Und wer rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe, auch unter Bewährung, verurteilt werde, solle von der Asylberechtigung ausgeschlossen sein. "Hürden für Ausweisung und Abschiebung sind zu senken", heißt es.
Schwenken Merkel-Kritiker auf CSU-Kurs ein?
Merkels christdemokratische Kritiker können sich wohl der Unterstützung der Schwesterpartei aus Bayern sicher sein. CSU-Chef Horst Seehofer verfolgt schon länger eine andere flüchtlingspolitische Agenda als die Kanzlerin. Sein erklärter Wunsch: eine Obergrenze. Anfang 2016 hat der bayerische Ministerpräsident die konkrete Zahl von 200.000 Flüchtlingen pro Jahr in den Raum gestellt. Um das zu erreichen, erwägt die CSU gar eine Klage gegen Merkels Bundesregierung.
Zuletzt hatte ein Rechtsgutachten des Ex-Verfassungsrichters Udo di Fabio für Wirbel gesorgt: Er bescheinigte der Regierung, mit der Grenzöffnung für Flüchtlinge gegen geltendes Recht zu verstoßen.