M31-Demo: 80.000 Euro für eingekesselte Aktivisten

Erstveröffentlicht: 
19.12.2015

Teilnehmer der antikapitalistischen Demonstration "M31" werden im März 2012 stundenlang eingekesselt. Nun zahlt die Frankfurter Polizei Entschädigungen an betroffene Demonstranten aus - im Schnitt 500 Euro pro Antragsteller.

 

Als Entschädigung für die teils stundenlange Einkesselung bei der antikapitalistischen Demonstration „M31“ im März 2012 hat die Frankfurter Polizei bislang rund 80 300 Euro an betroffene Demonstrationsteilnehmer ausgezahlt. Wie ein Polizeisprecher der Frankfurter Rundschau sagte, seien 164 Entschädigungsanträge bearbeitet worden, bei 161 davon sei am Ende auch Geld bezahlt worden. Im Schnitt hat jeder Antragssteller demnach knapp 500 Euro erhalten. In drei Fällen habe man Ermittlungen wegen des Verdachts auf Betrug aufgenommen, weil die Antragssteller falsche Angaben gemacht hätten, sagte der Sprecher. Weitere 64 Fälle würden derzeit noch bearbeitet.

 

Hintergrund der Entschädigungen ist ein Urteil des Frankfurter Landgerichts vom August 2013. Das Gericht hatte damals entschieden, dass das Vorgehen der Polizei gegen eine Aktivistin, die sich am 31. März 2012 der linksradikalen Demonstration angeschlossen hatte, rechtswidrig gewesen war. Mit rund 450 weiteren Demonstranten war die Frau kurz vor 17 Uhr in der Battonnstraße eingekesselt worden, nachdem zuvor aus den Reihen der Demonstranten Polizeibeamte angegriffen, Böller gezündet und Schaufenster zerstört worden waren – unter anderem in der Berliner Straße und in der Bethmannstraße. Nach Stunden im Kessel war die Aktivistin letztlich ins Polizeipräsidium Wiesbaden gefahren und dort ab 23 Uhr durchsucht und fotografiert worden. Erst gegen 1.30 Uhr, also nach fast neun Stunden, war sie auf freien Fuß gesetzt worden.

Das Landgericht hatte daher geurteilt, dass die Festsetzung der Klägerin als potenziell Verdächtige legitim gewesen sei, diese aber zu lange gedauert habe. Die Polizei müsse Freiheitsentziehungen grundsätzlich „auf das notwendige Maß“ beschränken. Die Personalienüberprüfung hätte schon in der Battonnstraße, also „am Ort des polizeilichen Einsatzes erfolgen können und müssen“, monierten die Richter. Mit seinem Urteil hob das Landgericht auch eine anders lautende Entscheidung des Amtsgerichts auf.

 

Bis 2.15 Uhr festgehalten

Unter Bezugnahme auf dieses Urteil haben sich in den vergangenen zwei Jahren immer mehr Menschen, die an dem Tag ebenfalls stundenlang festgehalten worden waren, mit Entschädigungsforderungen bei der Frankfurter Polizei gemeldet. Insgesamt waren fast 200 der eingekesselten Demonstranten in verschiedene Polizeipräsidien gebracht und dort zum Teil bis 2.15 Uhr festgehalten worden.

Dazu, Entschädigung von der Polizei einzufordern, hatte unter anderem die linksradikale Rechtshilfeorganisation „Rote Hilfe“ aufgerufen. Die Frankfurter Ortsgruppe hatte eigens Formularvordrucke bereitgestellt, mit denen Betroffene ihre Ansprüche anmelden konnten. Am 31. Dezember läuft wegen Verjährung die Frist aus, bis zu der eine Entschädigung eingefordert werden muss. Wie es bei der Polizei hieß, seien die Stunden, die die Antragssteller jeweils in Gewahrsam verbracht hätten, großzügig berechnet worden.

Die Randale bei der M31-Demonstration, zu der damals unterschiedliche linke und linksradikale Gruppen aufgerufen hatten, war von Stadt und Polizei als zentrales Argument für das Verbot der ersten Proteste des Blockupy-Bündnisses im Mai 2012 genutzt worden. Strafrechtlich hatten die militanten Auseinandersetzungen dagegen kaum Folgen: Bis heute ist nicht geklärt, wer am Rande des Demozuges einen unbewaffneten Polizei-Kommunikator zusammengeschlagen und mit einer Chemikalie besprüht hatte. Auf der Suche nach Beweismitteln hatte die Staatsanwaltschaft Anfang 2013 sogar die Wohnungen von acht Fotografen durchsuchen lassen – das Vorgehen gegen die Journalisten hatte bundesweit Empörung ausgelöst.