Prozess gegen Friedenspreisträgerin Stinkefinger gegen Neonazis – und nun vor Gericht!

Erstveröffentlicht: 
27.10.2015

Irmela Mensah-Schramm ist politische Aktivistin. Entschlossen stellt sich die „Politik-Putze“ seit Jahrzehnten gegen rechte Gewalt und Parolen, hat dafür einen Friedenspreis erhalten. Nun steht sie in Zossen vor Gericht, weil sie bei einer NPD-Demo in Blankenfelde (Teltow-Fläming) gegen die Neonazis protestierte und ihren Stinkefinger in die Höhe reckte.

 

Zossen. Irmela Mensah-Schramm ist eine Aktivistin. Sie steht für Menschenrechte ein und leistet seit Mitte der 80er Jahre Widerstand gegen rechtextreme Parolen. Sie nennt sich selbst „Politik-Putze“. Mehr als 100000 Hass-Sprüche hat sie schon entfernt. Ihr Engagement wurde sogar ausgezeichnet, sie erhielt den Göttinger Friedenspreis. Doch jetzt muss sich die politisch engagierte Berlinerin, die einst als Erzieherin und Heilpädagogin arbeitete, vor Gericht behaupten. Besonders grotesk: Ein Neonazi zeigte sie an.

 

Stimme versagt, Stinkefinger raus


Freitag, am 29. Oktober, muss sich Irmela Mensah-Schramm zur Mittagszeit für einen symbolischen Fingerzeig verantworten. Ende Januar nahm die Menschenrechtsaktivistin an einer Kundgebung in Blankenfelde (Teltow-Fläming) teil. Sie stellte sich mit 60 weiteren Teilnehmern aus Protest gegen etwa 30 NPD-Anhänger aus Brandenburg, Sachsen und Berlin. Die hatten sich über mangelnde Meinungsfreiheit beklagt und ihre Abneigung zu ausländischen Mitbürgern propagiert.

 

Rechtes Gedankengut, rechte Parolen – Irmela Mensah-Schramm äußerte lautstark ihren Unmut über die Verbreitung durch die NPD-Anhänger. Sie schrie. Dann versagte offenbar ihre Stimme und sie zeigte öffentlich, was sie von den Neonazis und ihren Ansichten hält. Eigentlich klar eine Meinungsäußerung. Aber auch eine Beleidigung, denn sie reckte den Mittelfinger in die Höhe.

 

Neonazi erstattet Anzeige


Die Teilnehmer der rechtsextremen Kundgebungen verstehen in dieser Beziehung allerdings keinen Spaß. Ein Teilnehmer erstatte Anzeige - wegen Beleidigung. Als der Strafbefehl kam, ging Mensah-Schramm in Widerspruch. Nun liegt der Fall auf dem Tisch des Amtsgerichts in Zossen.

 

Erste Kritik wird bereits laut. „Anstatt rechte Gewaltdelikte schnell und effektiv zu verfolgen, kriminalisiert die Justiz Gegner der rechten Hetze und hält sich und diese mit derartigen Lappalien auf“, heißt es in einer Mitteilung vom Dienstag des Vereins Opferperspektive. Betroffene rechter Gewalt hingegen müssten teilweise jahrelang auf Prozesse warten, so Martin Vesely von der Opferperspektive.

 

Das Amtsgericht Zossen hat den Termin gegenüber der MAZ gegen Irmela Mensah-Schramm bestätigt. Weitere Angaben konnte eine Sprecherin jedoch nicht machen. Die Richterin bereitet sich gegenwärtig auf den Fall in wenigen Tagen vor.