Kukutza: Knast für Solidarität

Squatter Blitz

Wie vor zwei Tagen bei Baskinfo gemeldet, wurden beim dritten KUKUTZA-Prozess Geld- und Haftstrafen verhängt. Ohne konkrete Beweise wurden 19 Personen verurteilt, die vor vier Jahren gegen die Räumung und den Abriss des besetzten Sozialzentrums KUKUTZA protestiert hatten. Im ersten Prozess im Juni 2012 waren deutsche Solidarische freigesprochen worden, im zweiten Prozess gab es ebenfalls 22 Freisprüche, jedoch auch eine Verurteilung zu drei Jahren Gefängnis (noch nicht rechtskräftig). 

Nach so viel Farce, die sich die baskische Polizei mit ihren offenbar gefälschten Berichten geleistet hatte, schlug nun offenbar die Stunde der juristischen Vergeltung. Alle Angeklagten wurden schuldig befunden, nach der polizeilichen Räumungsaktion im Stadtteil Rekalde (Bilbo-Bilbao) an der folgenden Randale teilgenommen zu haben.

Erstaunlich und gleichzeitig fragwürdig ist, dass alle 19 Angeklagten in gleicher Weise verurteilt wurden, offenbar ohne konkrete Taten nachweisen oder beweisen zu wollen (oder zu können). Die einzige Grundlage für die Verurteilung waren Aussagen von baskischen Polizisten und die hatten sich in den vorigen Prozessen bereits genug blamiert, sodass die Gerichte ihren Aussagen nicht gefolgt waren. In diesem Fall aber schon. Dabei gaben einige Polizisten zu, sich an einzelne Angeklagte nicht erinnern zu können – doch vor Gericht zählt eigentlich die Wiedererkennung, nicht das damals geschriebene Protokoll.

Während des Prozesses erklärten die Ertzaintza-Polizisten, die Festnahmen hätten sich um 17 Uhr abgespielt, die Protokolle seien um 24 Uhr geschrieben worden. Sie sagten auch, dass ihr Befehl gelautet habe „Festnahmen durchzuführen“. Der Anwalt eines Angeklagten stellte fest, an jenem Nachmittag seien Tausende zur Demonstration auf der Straße gewesen, festgenommen wurden genau jene 19 Personen, die bei der Flucht zu Boden gefallen seien oder sich auf der Flucht vor den prügelnden Polizisten in Hausportale geflüchtet hatten. Fazit: es mussten Festnahmen gemacht werden, egal wie und wen.

Einer der Polizisten schilderte die Verhaftung einer jungen Frau: er habe sie gesehen, wie sie wenige Meter von ihm entfernt einen Container abgefackelt habe – in Minirock und Stöckelschuhen! Sie sei abgehauen, er habe sie verfolgt, sie jedoch nicht erreichen können wegen seiner schweren Dienststiefel. Die Festnahme erfolgte dann 20 Meter von „Tatort“ entfernt, weil die Betreffende sich in einem Hauseingang in Sicherheit gebracht hatte. Eine bemerkenswerte Aussage, die beim Gericht Zweifel hätte provozieren müssen. Dass dies nicht der Fall war, zeigt den Willen, unbedingt zu einem Urteil kommen zu wollen.

„Letztendlich war es egal“, sagte der Rechtsanwalt Iñaki Carro in seinem Fazit, „in den Augen der Ertzaintza waren alle schuldig, die überhaupt nach Rekalde gekommen waren“. Im Übrigen hatte sich der Richter geweigert, während der Verhandlung Videos anzuschauen, die die Verteidigung bereit gestellt hatte – in vorherigen Verfahren waren solche Medien zugelassen worden. „Auf diesen Videos ist genau zu sehen, dass die Angeklagten nicht zu den 20 bis 25 Personen gehörten, die an jenem Tag Container angezündet hatten“.

Die Haftstrafe von 18 Monaten müsste keine/r anzutreten, sollte sie denn rechtskräftig werden, weil keine der verurteilten Personen Vorstrafen hatte und Strafen nur ab 2 Jahren abgesessen werden müssen. Dazu kommt jedoch die Verurteilung zu einem Schadensersatz von 84.000 Euros für Schäden an Containern. Auch darauf ging der Anwalt in einem Interview ein. Erstens gab es überhaupt keine Zivilklage von Seiten der geschädigten Firma (ein Sub-Unternehmen der Stadtverwaltung Bilbo), also auch keine Grundlage für die Einbeziehung des Sachverhalts in das Urteil. Zweitens fehlte die Beweisführung völlig. Und drittens kam die Summe von 84.000 Euro dadurch zustande, dass im besagten Subunternehmen ein inoffizieller Bericht angefertigt worden war, der Schäden an Containern feststellte, ohne sich auf konkrete Daten zu beziehen. Darin wird also noch nicht einmal klar festgestellt, ob die Schäden an den Containern überhaupt an jenem Tag verursacht wurden. Drei Gründe für das Gericht, die Container-Geschichte zu vergessen. Eigentlich. „Während des Prozesses war von der Reinigungs-Firma niemand anwesend, um zu dem inoffiziellen Schadens-Bericht Stellung zu nehmen“, sagte der Anwalt. Auch wurde an keiner Stelle bewiesen, dass es gerade diese 19 Personen waren, die für den Schaden verantwortlich seien.

http://baskinfo.blogspot.com.es/2015/10/kukutza-knast-fur-solidaritat.html