Ultimatum für Flüchtlinge in baufälliger HTWK-Turnhalle erneut verlängert

Erstveröffentlicht: 
29.08.2015

Demonstranten blockieren Gebäude in Arno-Nitzsche-Straße - Landesdirektion will keinen Zwang

 

Von Frank Döring


Das Ultimatum für die Flüchtlinge in der baufälligen HTWK-Turnhalle in der Arno-Nitzsche-Straße läuft weiter: Gestern Nachmittag gab die Landesdirektion bekannt: Die dort verbliebenen 30 Menschen müssen nicht ausziehen. "Soweit diese Asylsuchenden nicht in die Ernst-Grube-Halle gebracht werden möchten, wird dies nicht mit Druck umgesetzt", so die Behörde.


Bereits am frühen Morgen hatten bis zu 50 Aktivisten aus dem linken Spektrum die Zufahrt zur Halle in der Arno-Nitzsche-Straße blockiert. Nach Angaben der Polizei wurden ab 6.50 Uhr Barrikaden errichtet. Die Hindernisse seien zunächst beräumt, später aber erneut aufgetürmt worden. Außerdem sollen einige Blockierer Steine bereitgelegt und den Abtransport von Altglascontainern verhindert haben, berichtete die Polizei. Zum Einsatz von Wurfgeschossen kam es jedoch nicht, die Lage blieb friedlich.


Am Donnerstag hatten 21 Flüchtlinge die Halle verlassen, sind jetzt in der Erstaufnahmeeinrichtung in der Friederikenstraße untergebracht. "Die dortigen Kapazitäten sind damit ausgeschöpft", so die Landesdirektion. Bei den 30 Asylsuchenden, die in der HTWK-Halle blieben, handelt sich um Menschen aus Pakistan, Irak, Kosovo, Albanien, Syrien, Indien, Tunesien und Eritrea, so die Landesdirektion auf LVZ-Anfrage. Von ihnen soll ein Forderungskatalog stammen, den das Bündnis "Refugees Welcome" veröffentlichte. "Wir wollen nicht in die Ernst-Grube-Halle", heißt es da. "Die dortigen Zustände sind abschreckend, ekelerregend und unwürdig. Wir wollen in eine bessere Unterkunft. Solange das nicht möglich ist, wollen wir in der HTWK-Turnhalle bleiben." Einige der Flüchtlinge möchten in die Friederikenstraße umziehen, andere zurück in die Chemnitzer Erstaufnahmeeinrichtung. "Falls wir weiter in der HTWK-Halle bleiben müssen, weil kurzfristig keine bessere Unterkunft als die Ernst-Grube-Halle zur Verfügung steht, dann fordern wir die Weiterbearbeitung unserer Anträge sowie gegebenenfalls die Ausstellung von Aufenthaltsgestattungen auch hier", so die Verfasser. Zudem wird "die schnellstmögliche Umverteilung in kommunale Einrichtungen" gefordert, "naheliegenderweise in Leipzig." In den Erstaufnahmeeinrichtungen bekomme man kein Taschengeld und dürfe keine Anwälte empfangen. Nach Angaben des Unterstützer-Bündnisses sei für die Flüchtlinge am Donnerstag ein Besuch der Ernst-Grube-Halle organisiert worden, um diesen "zu ermöglichen, eine eigenständige Entscheidung bezüglich ihrer Wohnsituation zu treffen". Den Asylsuchenden sei der Zutritt zur Einrichtung verwehrt worden, aber sie hätten mit Bewohnern sprechen können. "Danach stand für sie fest, dass sie nicht in die Grube-Halle umziehen wollen", so Toni Grün, Sprecher von "Refugees Welcome".


Die Sporthalle, zurzeit Baustelle, war am 18. August belegt worden, weil ein Zeltlager in Chemnitz geräumt werden musste. Befristet war diese Notlösung bis 24. August. Doch die geplante Verlegung nach Heidenau, wo es vor einem Flüchtlingsquartier zu massiven Krawallen von Rechtsradikalen gekommen war, wurde durch Demonstranten blockiert. Am Dienstag wurde den 51 Asylsuchenden angeboten, bis zum gestrigen Freitag in die Grube-Halle umzuziehen. Nunmehr will die Landesdirektion Anfang nächster Woche über das weitere Vorgehen entscheiden. "Nach wie vor ist das Objekt aus bautechnischen Gründen nicht dauerhaft zur Unterbringung von Menschen geeignet", so die Behörde. "Ein Auszug in den nächsten Tagen bleibt weiterhin erforderlich."


Die Landesdirektion veröffentlichte gestern eine aktualisierte Flüchtlingsprognose für Sachsen. Danach muss Leipzig in diesem Jahr 5402 neue Asylbewerber aufnehmen, bislang ging die Stadt von 3000 Menschen aus.